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Organisationen und Instrumente kollektiver Sicherheit

Die neuen Instabilitäten in der Welt, die sich nach dem Ende des Ost-West-Konflikts durch das Aufbrechen alter und das Entstehen neuer Konflikte herausgebildet haben – bei Zunahme des Einsatzes von Gewalt –, fordern verstärkte Bemühungen zur Verwirklichung der Idee der kollekti­ven Sicherheit.

Kollektive Sicherheit ist eine durch mehrere Staaten vertraglich vereinbarte Ordnung, in der Gewaltanwendung untersagt und der Schutz jedes Staates einer umfassenden oder regionalen Staatenorganisation übertragen ist.

  • Die Bundesrepublik Deutschland hat beispielsweise im Grundgesetz festgelegt: „Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern“ (Art. 24 Abs. 2)

Kollektive Sicherheit beruht auf solchen Prinzipien, wie gegenseitiger Gewaltverzicht,

friedliche Streitbeilegung, Beistand im Falle der Friedensbedrohung durch Einzelne, Beseitigung von Konflikturachen. Das Ziel, ein wirksames Sicherheitssystem zwischen Staaten oder Staaten­gruppen zu schaffen, kann mithilfe bestimmter Maßnahmen erreicht werden. Dazu gehören:

  1. Nichtangriffsverträge,

  2. Rüstungskontrolle,

  3. internationale Schiedsgerichtsbarkeit,

  4. Neutralitätsabkommen

  5. Konsultationen im Falle einer Friedensbedrohung

  6. Abrüstungsdialog

  7. Errichtung entmilitarisierter Zonen,

  8. Aufstellung gemeinsamer Streitkräfte.

Verschiedene internationale Organisationen und Institutionen wirken seit Jahrzehnten für ein

System kollektiver Sicherheit. Das sind vor allem die Vereinten Nationen (UN), aber auch die Or-ga­nisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Internationale Nichtregierungs­organisationen (INGOs), die nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft NATO.

Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts stehen sie vor neuen Herausforderungen und Aufga­ben.

Texterläuterung: Kollektive Sicherheit ist abzugrenzen von kollektiver Verteidigung, bei der sich

Staaten in Bündnissen gemeinsam gegen eine äußere Bedrohung organisieren.

Vereinte Nationen und Weltfriedensordnung

Die Vereinten Nationen (UN) sind eine Staatenverbindung zur Sicherung des Weltfriedens und zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg als überstaatliche Organisation, vor allem ausgehend von den Erfahrungen des Kampfes gegen den Nationalsozialismus und Faschismus, gegründet. Ihr Grundanliegen besteht in der Beilegung von internationalen Streitigkeiten und Friedensbrüchen durch friedliche Mittel und in der Lösung von Konflikten durch die Anwendung wirksamer Kollektivmaßnahmen.

Ziele und Aufgaben der UN

Die UN-Charta beinhaltet die Ziele und Grundsätze, die für alle Mitgliedstaaten bindend sind. Sie ächtet den Krieg und betont den Grundsatz des Gewaltverbots, indem sie die Mitglied­staaten verpflichtet, auf jegliche Androhung von Gewalt in den internationalen Beziehungen zu ver­zichten (Art. 2). Zugleich verankert sie ausdrücklich das Recht zur individuellen und kollektiven Selbtsverteidigung.

Hinsichtlich der Streitbeilegung unterscheidet die Charta zwei Vorgehensweisen, die ent-sprechend dem Eskalationsgrad (der Zuspitzung) des jeweiligen Konflikts angewendet werden kön­nen:

Friedliche Beilegung von Streitigkeiten (Kap. VI)

Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen (Kap. VII)

Bei Konflikten, die die internationale Si­cherheit bedrohen, sollen sich die Streitpar­teien „zunächst um eine Beilegung durch Verhandlung, Untersuchung, Vermittlung, Vergleich, Schiedsspruch, gerichtliche Ent-scheidung, Inanspruchnahme regionaler Einrichtungen oder Abmachungen oder durch andere friedliche Mittel eigener Wahl“ bemühen.

Das können Sanktionsmaßnahmen sein, wie Unterbrechung der wirtschaftlichen oder di­plomatischen Beziehungen, der Verkehrs-verbindungen und der Telekommunikation.

Es können aber auch „mit Luft-, See- oder Landstreitkräften die zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens ... er-for­derlichen Maßnahmen“ durchgeführt werden

  • Einsätze von so genannten Blauhelm-Soldaten werden in der Charta nicht erwähnt, sie haben sich in der Praxis entwickelt und gelten im Sinne der Charta als rechtmäßig.

  • Der Einsatz der UN-Friedenstruppen zur Friedenserhaltung ist nur mit Einverständnis aller Kon­fliktparteien möglich und bedarf der Zustimmung des Sicherheitsrates.

Eine wichtige Aufgabe ist der Abrüstungsdialog. Er wird von der Generalversammlung

wahrgenommen, gestützt auf die Arbeit der UN-Abrüstungskommission und auf die Genfer Abrüs­tungskonferenz. Die Abrüstungskommission, die sich aus allen Mitgliedern der UN zusammensetzt, ist das einzige universelle Diskussionsforum für Rüstungskontrollthemen.

Texterläuterungen

  1. Vereinte Nationen, engl. = United Nations (UN); auch Organisation der Vereinten Nationen = United Nations Organization (UNO). Die Vereinten Nationen wurden am 24.10.1945 als Nach­folgeorganisation des Völkerbundes gegründet. Hauptsitz ist NewYork. Ihr gehören 193 Staaten an (2011).

  2. Die UN-Charta wurde am 26.06.1945 beschlossen. Die enthaltenen Ziele und Grundsätze sind weltweit zu gültigen Normen des Völkerrechts und der kollektiven Sicherheit geworden.

  3. Der Einsatz von UN-Streitkräften unterliegt der Zustimmung der vetoberechtigten ständigen Mitglieder des Sichereheitsrats.

  4. Die Genfer Abrüstungskonferenz umfasst 38 Staaten und tagt seit 1978 regelmäßig.

Struktur und Tätigkeit der UN

Die UN realisiert ihre Ziele und Aufgaben durch die Tätigkeit verschiedener Gremien: durch Hauptorgane, Neben- und Hilfsorgane sowie durch eigenständige Sonderorganisationen.

Zu den Hauptorganen der UN gehören seit 1994 die Generalversammlung, der Wirtschafts- und Sozialrat, das Sekretariat, der Sicherheitsrat sowie der internationale Gerichtshof. Neben- und Hilfsorgane unterstützen die Arbeit der Hauptorgane, z.B. die Abrüstungskommission den Sicher­heitsrat.

Unterorganisationen der UN sind u.a. das Kinderhilfswerk UNICEFF oder das Umwel­t­programm UNEP. Die Sonderorganisationen der UN sind als eigenständige internationale Orga­nisationen durch Abkommen mit den UN verbunden.

Der UN-Sicherheitsrat (auch Weltsicherheitsrat) trägt die Hauptverantwortung für die Ein-leitung und Durchführung von Maßnahmen zur Beilegung von internationalen Konflikten bzw. für die friedliche Herbeiführung politischer Veränderungen. Er trifft als einziges Organ der UN für alle Mitglieder verbindliche Entscheidungen. Von der Übereinstimmung der fünf Ständigen Sicherheits-mitglieder hängt dabei ab, ob und mit welchen Maßnahmen in den einzelnen Fällen reagiert wird.

  • Durch Wahrnehmung des Vetorechts blockierten sich die Antipoden des Ost-West-Konflikts in der UN häufig gegenseitig und damit auch die Möglichkeiten aktiver Friedensgestaltung. So blieb die Tätigkeit der UN bis 1990 vielfach auf Vermittlunsaufgaben beschränkt, wie z.B. im Nahen Osten oder in Zypern. Nach Aufhebung der Ost-West-Konfrontation haben die Vereinten Nationen eine Vielzahl an Resolutionen verabschiedet und damit die jahrelange Selbstblockade überwunden. Allerdings wurden viele Resolutionen nicht umgesetzt oder verfehlten auch die gewünschte Wirkung, wie z.B. das Wirtschaftsembargo gegen den Irak im 2. Golfkrieg 1991, das weit stärker die Bevölkerung als das diktatorische Regime traf.

Seit den 1990er-Jahren sind die Vereinten Nationen in neuer Weise gefordert – sowohl

hinsichtlich der Ausgestaltung eines wirksamen Systems der kollektiven Sicherheit wie auch hin­sichtlich der Demokratisierung ihrer Entscheidungsstrukturen und der Bewältigung ihrer Finanz-probleme, die immer weniger Friedensmissionen und Blauhelmeinsätze zulassen.

  • Im letzten Jahrzehnt stellten sich vermehrt Aufgaben der militärischen Friedenssicherung. Die UN, die nicht über eine eigene Streitmacht verfügt, ist deshalb auf Truppenkontingente ihrer Mitglieder angewiesen.

  • Verschiedene Missionen der UN scheiterten, wie z.B. die in Bosnien und Herzegowina 1995 oder in Sierra Leone 2000, weil die militärischen und zivilen Möglichkeiten klassischer Blau-helmeinsätze in solchen komplexen Konflikten nicht ausreichten.

Schließlich verstärkten auch das Interventionsdilemma, das durch den vom UN-Sicherheitsrat nicht gebilligten Einsatz der NATO im Kosovo-Konflikt 1999 entstanden ist, sowie der von den USA und Großbritannien geführte Krieg gegen Irak 2003 ohne UN-Mandat die Forderung, Grundlage und Spielraum ihres Handelns neu zu prüfen und weiter auszugestalten.

Texterläuterungen

  1. Bis 1994 gehörte der Treuhandrat noch zu den Hauptorganen der UN.

  2. UNICEFF, Abkürzung für engl. United Nations (International) Childrens (Emergency) Fund = Kinderhilfsfonds der UN (Weltkinderhilfswerk); wurde 1946 gegründet und ist heute in 160 Entwicklungsländern tätig.

  3. UNEP, Abkürzung für engl. United Nations Environment Programme = Umweltprogramm der Vereinten Nationen; wurde 1972 gegründet.

Agenda für den Frieden

Bei der anstehenden Neuprofilierung des Wirkens der UN steht der Ausbau des Konzepts des Peace-Keeping (der Friedenssicherung) im Vorfeld von Gewaltausbrüchen bzw. die Konflikt­prävention im Mittelpunkt. Für dieses Konzept wurde 1992 mit der „Agenda für den Frieden“, die eine abgestufte, auf verschiedene Konfliktsituationen flexibel anwendbare Orientierung beinhaltet, der Grundstein gelegt.

Agenda für den Frieden

Agenda-

Prinzip

Vorbeugende Diplomatie (preventive diplomacy)

Friedensschaf-fung (peace-making)

Friedensiche­rung (peace-keeping)

Friedenskonsoli­dierung (post-con-flict peacebuil-ding)

Ziel

Spannungsabbau, Vermeidung einer Konfliktsituation

Beendigung eines offenen Konflikts

Entschärfung einer entstan-denen Kon­flikt­­situa­tion

Sicherung von Frie-den nach Beendi­gung eines Kon­flikts

Schritte/Maß-nahmen

  • Früherkennung eines Konflikts durch Beobach­tung

  • Verhandlungen, Hilfe bei Ver-trauens­bildung zwischen Kon­fliktparteien

  • Verhand­lung, Ver­mitt­lung, Schieds­spruch (z.B. durch den Internatio­nalen Ge­richts­hof), wirtschaft-liche oder politische Sanktionen

  • Friedenser­zwingung durch Ein­satz von Truppen

  • Einsatz von UN-Friedens-truppen, u.a. zur Sicherung humanitä-rer Aktio-nen

  • Überwa-chung der Einhaltung von Frie-densab-kommen oder eines Waffen­stillstands

  • Entwaffnung der Kriegspar­teien

  • Schadensbesei­tigung und Hilfe bei Neuaufbau

  • Flüchtlings­be­treuung, Schutz der Menschen-rechte

  • Förderung der Vertrauensbil-dung

Die Vorschläge der Agenda schufen seit Ende 1990er-Jahre neue Optionen für das Wirken der Vereinten Nationen, so z.B. durch mehrere Missionen, die sie im Prozess der Erreichung der Unabhängigkeit Osttimors von der Zentralregierung Indonesiens wahrnahmen:

  • UNAMET (UN Assistance Mission in East Timor) ab Juni 1999 mit dem Auftrag, ein Unab­hän­gigkeitsreferendum zu organisieren und durchzuführen – im August 1999 stimmten über 80% der Bevölkerung zu;

INTERFET (multinationale Streitmacht unter Führung Australiens) – im September 1999 be­auftragte der UN-Sicherheitsrat Australien, Frieden und Sicherheit nach schweren Zwischen-fällen, die von proindonesischen Milizen und indonesischem Militär verursacht wurden, wieder­herzustellen und UNAMET zu schützen;

UNTAET (UN Transitional Authority in East Timor) ab Oktober 1999 mit dem Auftrag, den Aufbau eigenständiger staatlicher und politischer Verwaltungsstrukturen durch eine zivile Über-gangsverwaltung und humanitäre Hilfsmaßnahmen zu unterstützen;

UNMISET (UN Mission of Support in East Timor) ab Mai 2002 mit dem Auftrag, stabile poli-tische und gesellschaftliche Verhältnisse nach erreichter Unabhängigkeit zu sichern und Hilfe beim Aufbau staatlicher Strukturen – z.B. neuer Polizeieinheiten – zu geben.

Trotz einer Reihe von Misserfolgen und vorhandener Schwächen verfügen die Vereinten

Nationen über vielfältige Erfahrungen bei der Friedensschaffung, -sicherung und –konsolidierung. Das Spektrum erfolgreich eingesetzter Mittel und Verfahren reicht von Blauhemdeinsätzen und Be­obachtermission über humanitäre Hilfe, Demobilisierungs- und Reintegratiosprogramme bis zum Einsatz von Sondergesnadten.

Die Vereinten Nationen sind das umfassendste Instrument multilateraler Friedenssicherung.

Texterläuterung: Die Agenda für den Frieden wurde 1992 von dem damaligen Generalsekretär der UN, Boutros Ghali, vorgelegt. Es sind Vorschläge für die Stärkung der friedenssichernden Rolle der Vereinten Nationen.

(aus: Lehrbuch für die gymansiale Oberstufe, 2009)

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