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Migration und Integration

Die Bundesrepublik Deutschland ist faktisch ein Einwanderungsland.

Die deutsche Bevölkerung wird durch vielfältige Migrantengruppen er­gänzt. Die wichtig-sten sind:

  • Bürger der Europäischen Union (Freizügigkeit nach EU-Recht),

  • Spätaussiedler (deutsche Volkszugehörige aus der Sowjetunion, aus Ost- und Südosteuropa),

  • Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten (Arbeitsmigranten, wie Saisonar­beiter, „Gastarbeiter"),

  • Familienangehörige der in Deutschland lebenden Ausländer (Famili­enmigration),

  • Ausländer, die in bestimmten Berufen tätig sind und auf der Grund­lage von Sonderregelungen nach Deutschland gekommen sind (z.B. „Green Card"),

  • Asylsuchende, die in ihrem Heimatland politisch verfolgt werden,

  • anerkannte Flüchtlinge aus den Krisengebieten der Welt, die ihr Hei­matland wegen Krieg, Unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen, Verelendung verlassen haben sowie Bürger-kriegsflüchtlinge mit befri­steter Aufenthaltserlaubnis und illegale Flüchtlinge.

Anfang 2002 lebten etwa 7,3 Mio. Ausländer (8,9 % der Wohnbevöl­kerung) sowie 1 Mio. ein-

­gebürgerte Einwanderer in Deutschland. Die Migranten konzentrieren sich auf die alten Bundes­länder und dort wiederum auf Großstädte und industrielle Ballungszentren. 2001 waren 10,3 % der Wohnbevölkerung in den alten Bundeslän­dern und 2,4 % in den neuen Ländern Ausländer.

Die Arbeitsmigranten und ihre Familien bilden den größten Teil der aus­ländischen Bevöl-kerung in der Bundesrepublik - etwa 6,2 Mio. der 7,3 Mio. Ausländer (2002). Der Großteil stammt aus den Ländern, aus de­nen die Bundesrepublik im Zuge des Arbeitskräftemangels in den 1960er-Jahren „Gastarbeiter" anwarb: aus der Türkei, Jugoslawien, Ita­lien, Griechenland und Spanien. Durch Familiennachzug und höhere Ge­burtenraten stieg der Anteil der ausländischen Wohnbevöl­kerung seit­dem kontinuierlich und bildet ethnische Minderheiten. Jeder fünfte Ausländer ist bereits in Deutschland geboren (2. und 3. Generation). Viele Arbeitsmigranten wurden zu Einwanderern, die längerfristig oder auf Dauer im Land bleiben.

Migranten leisten einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Ent­wicklung und bereichern das gesell­schaftliche Zusammenleben kultu­rell. Ihre Integration bleibt jedoch eine dauerhafte Auf-gabe von Staat und Gesellschaft.

Die Arbeits- und Lebensverhält­nisse der ethnischen Minderheiten haben sich seit den 1980er-Jahren deutlich verbessert. Es gab Integra­tionsfortschritte besonders bei der größten Gruppe der Arbeitsmigran­ten und ihren Familien durch begrenzten sozialen Aufstieg, Verbesse­rung des Rechtsstatus, der Bildungs- und Berufschancen sowie der Einkommens- und Wohnverhältnisse. Zudem nahm in der breiten Bevöl­kerungsmehrheit die Akzeptanz der ethnischen Minderheiten kontinu­ierlich zu und die sozialen Kontakte verbesserten sich – im Freundeskreis, in der Nachbar-schaft, am Arbeitsplatz.

Dennoch sind die sozialen Ungleichheiten keineswegs überwunden.

Texterläuterungen

  1. Ein politisch Verfolgter erhält in Deutschland nach Art. 16a GG Asyl. Seit 1993 kann sich aber nicht mehr auf dieses Recht berufen, wer aus einem „sicheren Herkunftsland“ kommt oder über einen „sicheren Drittstaat“ einreist. Bei Anerkennung seiner poltischen Verfolgung in einem Asylverfahren erhält er als Asylberechtigter Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis.

  2. In vielen EU-Ländern ist der nominelle Ausländeranteil wesentlich geringer als in Deutschland, da sehr viel mehr Migranten eingebürgert werden (z.B. in Schweden etwa zehnmal mehr).

  3. Integration, lat. integratio = Wiederherstellung eines Ganzen – der Zusammenschluss von Teilen zu einer Einheit; soziologisch die Eingliederung von Personen bzw. Gruppen in Gesell-schaft bzw. Staat.

Ungleiche Chancen

Die sozialen Ungleichheiten zwischen ausländischer Bevölkerung und deutscher Mehr­heitsgesellschaft sind nach wie vor gravierend:

  • Über die Hälfte der Ausländer ist im untersten Teil der Schichtungs­hierarchie angesiedelt (ge-

ringes Niveau in Bildung, Ausbildung und beruflicher Qualifikation).

  • Ausländer sind überdurchschnittlich häufig in niedrig qualifizierten, belastenden und gefährli-

chen Arbeiten beschäftigt (bei hohem Anteil an Un- oder Angelernten), was auch höhere Ge-

sundheitsrisiken birgt.

  • In der ausländischen Bevölkerung ist die Arbeitslosenquote mit 16,4 % erheblich höher – West-

deutsche 8,6 % (2002).

  • Ausländische Haushalte haben durchschnittlich ein geringeres Pro­-Kopf-Nettoeinkommen – 73

% des deutschen Einkommens (1998).

  • Ausländer leben häufiger in Armut – 22 %, Deutsche 7 % (2000).

  • Ausländische Bevölkerungsgruppen leben durchschnittlich schlechter und beengter als die

Deutsche Bevölkerung (mehr Personen in kleine­ren Wohnungen, Wohnumfeld mit hohen Um ­

welt- und Verkehrsbelas­tungen).

In großen Teilen der ausländischen Bevölkerung findet sich eine hohe Konzentration dieser sozialen Ungleichheiten. Sie werden verstärkt durch eine begrenzte gesellschaftliche Teilnahme, was zu minderen Rech­ten, schlechteren Berufschancen, zu sozialer Isolation, geringerer politi­scher und sozialer Partizipation führt. Auch spezifische Migrantenpro­bleme, wie Trennungserfahrun-gen, Kultur- und Identitätskonflikte sowie Diskriminierungserlebnisse verstärken soziale Ungleich-heiten.

  • In der mit etwa 2 Mio. größten Gruppe der ethnischen Minderheiten in Deutschland, den Tür­ken, zeigt sich z. B. eine starke Konzentration sozialer Ungleichheiten. Sie bestehen in schwe-ren und belastenden Arbeiten, Konflikten zwischen deutscher und traditioneller Heimat­kultur, schlechten Deutschkenntnissen, hohen Isolationstendenzen und Bildungsdefiziten.

Zentral für die Integration ethnischer Minderheiten sind die Bildungs­- und Berufschancen der Migrantenkinder, da sie über die Lebenschancen künftiger Generationen entscheiden. Trotz festzustellender Bildungs­fortschritte zeigen sich bei Migrantenkindern nach wie vor erheblich ge­ringere Bildungs- und Berufschancen.

Die Ursachen für die Bildungsproblematik der Migrantenkinder liegen in mangelnden Sprachkompetenzen, Schwierigkeiten der Migrationssitua­tion (z. B. Kulturdifferenzen), familiären Bedingungen (z. B. geringe Lern­unterstützung, beengte Wohnsituation) sowie an Defiziten der schuli­schen Förderung (z.B. Mängel im interkulturellen Verständnis oder im Deutschunterricht).

Diese Bildungsdefizite wirken sich negativ beim Übergang in die Arbeits­welt aus, vor allem auch angesichts der Lehrstellenknappheit und der wenigen Ausbildungsplätze. Sie gelten als zentra­le Ursache für Integra­tionsprobleme der jungen Migrantengeneration und können gravie­rende Fol-gen nach sich ziehen, wie ein hohes Risiko der Arbeitslosigkeit, Randständigkeit, Kriminalität. Integrationsdefizite werden zudem durch Gewalt gegen Ausländer verstärkt.

  • 2000 wurden in der Bundesrepublik 998 fremdenfeindliche Aktionen wie Tötungsdelikte, Kör-perverletzungen, Sprengstoff- und Brandan­schläge registriert.

Gewalt gegen Ausländer findet zwar nur bei einer kleinen Bevölkerungs­minderheit Sym-pathien, kann aber im Zusammenhang mit alltäglichen Formen der Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung – Beleidigungen, Benachteiligungen und Ausgrenzungerfahrungen – vielfältige psychische Belastungen und weiter wirkende Folgen mit sich bringen. Besonders in Großstädten verursachen Integrationsdefizite auch Tendenzen der Segregation oder Abschottung. Diese können zur Herausbildung von sozialen Brennpunkten führen, wenn sich verschiedene Probleme bündeln, wie massive Sprachschwierigkeiten, religiöser Fundamentalismus, Kriminali­tät, Armut und Ar­beitslosigkeit.

Texterläuterungen:

  1. Jede 7. Ehe, die 1999 in Deutschland geschlossen wurde, war binational.

  2. Die Angaben zur Situation von Ausländern in Deutschland sind den Berichten der Ausländer-beauftragten (2002) und dem 1. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung „Le-benslagen in Deutschland“ (2001) entnommen.

  3. 1983 waren 30% der jugendlichen Migranten ohne Schulabschluss, 1999 waren es nur noch 17%.

  4. Die erste international vergleichende PISA-Studie kam zu dem Ergebnis, dass Migrantenkinder im deutschen Bildungssystem erheblich schlechter gefördert werden als in Schulsystemen vieler anderer Länder.

  5. Die Abschottung ethnischer Gruppen innerhalb von Städten wird auch als problematische Bil-dung von „Parallelgesellschaften“ bezeichnet.

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