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Wandel im Geschlechterverhältnis

In Deutschland und anderen entwickelten Industriestaaten haben sich die Rolle, das Selbst­verständnis und die Lebenssituation von Frauen im 20. Jh. grundlegend gewandelt.

In der Bundesrepublik ist dieGleichberechtigung der Geschlechter als gesellschaft­li­ches Grundprinzip verfassungsrechtlich verankert.

  • „Männer und Frauen sind gleichberechtigt" (Art. 3 Abs. 2 GG).

Da die juristische Gleichberechtigung allein nicht ausreichte, um in der Praxis eine tatsäch­liche Gleichstellung zu erreichen, wurde das Grundge­setz 1994 noch ergänzt.

  • „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechti­gung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung beste­hender Nachteile hin."

Gleichstellung umfasst neben gleichen Rechten und Pflichten für Männer und Frauen Dis­kriminierungsverbote, Chancengleichheit so­wie Abbau von sozialen Ungerechtigkeiten in der Ge­sellschaft.

In der Bundesrepublik Deutschland entwickelte sich die neue Frauenbe­wegung in den 1970er-Jahren aus Impulsen der Studentenbewegung und parallel zu anderen Neuen Sozialen Be-wegungen, wie Umwelt- oder Bürgerrechtsbewegung.

Die neue Frauenbewegung setzte sich für gleiche Rechte und Chancen für Frauen und Män-ner in allen Lebensbereichen - Gleichstellung von Mann und Frau - ein. Zentrale Ziele waren:

  • gleicher Zugang zu Bildung, Ausbildung, allen Berufen, Macht- und Entscheidungspositionen, um eine gleichberechtigte Teilhabe in den Strukturen und Institutionen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu begründen,

  • gleichberechtigte Geschlechterbeziehung und Aufhebung der tradi­tionellen Rollen- und Arbeits-teilung in der Familie,

  • Anerkennung frauenspezifischer Interessen, Bedürfnisse und Sichtwei­sen sowie Schaffung auto­nomer Freiräume.

Die Forderungen der Frauenbewegung haben die gesellschaftliche Rea­lität in Deutschland in kontinuierlichen Diskussions- und Aushandlungs­prozessen weitgehend verändert und zahlreiche Fortschritte in Bezug auf Gleichberechtigung gebracht:

  • Das Selbstverständnis von Frauen und Männern ist mehrheitlich vom Gleichheitsanspruch ge-

tragen.

  • Typische Mädchen- bzw. Jungensozialisationen wurden deutlich abge­schwächt (im Erziehungs

stil dominiert die Norm der Gleichbehandlung der Geschlechter).

  • Die Zukunftsvorstellungen und Werte von Männern und Frauen hin­sichtlich Familien- und Be-

rufsorientierung sowie Partnerschaftlichkeit haben sich weitgehend angeglichen.

  • Die Dominanz von typisch männlichen und weiblichen Lebensmustern und Rollen wurde auf

gehoben, es entstanden ein modernisiertes Ge­schlechterverhältnis, mehr Wahlmöglichkeiten für Frauen (Familie, Kinder und/oder Karriere) und vielfältigere Formen von Sexualität.

  • Bildungsstand und -chancen ha­ben sich angeglichen, ebenso wie das Ausbildungsniveau von

Frauen und Männern (teilweise bessere Bildungsabschlüsse von Frauen).

  • Die weibliche Erwerbstätigkeit ist gestiegen, was auch auf mehr Einflussmöglichkeiten von

Frauen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik verweist.

  • Die Rechtsgrundlagen der Gleichstellung wurden verändert, z.B. durch Reformen des Ehe-, Familien- und Scheidungsrechts, eine konti­nuierliche Gleichstellungspolitik wird betrieben.

Texterläuterungen

  1. Die heutigen Rechte der Frauen sind Ergebnis eines jahrhundertelangen Emanzipationsprozes-ses – zum einen als weibliche Befreiung aus traditionellen Rollenmustern, Lebensweisen und vorurteilsbeladenen Klischeevorstellungen und zum anderen als Kampf gegen die Vormacht­stellung des Mannes und die Unterdrückung der Frau in Gesellschaft und Staat.

  2. Mit dem Amsterdamer Vertrag 1999 erhielt die Gleichstellungspolitik der Europäischen Union eine rechtliche Grundlage. Die konkreten Maßnahmen sind in den einzelnen europä-ischen Staaten jedoch national geregelt (z.B. Frauenförderung, Gleichstellungsbeauftragte).

  3. Die Frauenbewegung kritisierte u.a. die Dominanz der männlichen Form in der Sprache und kämpfte für die sprachliche Repräsentanz von Frauen (Bürger und Bürgerinnen). Gegenwärtig werden zunehmend geschlechtsneutrale Formulierungen, fachgerecht” statt fachmännisch” oder Studierende” statt Studenten” bevorzugt.

Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt

Trotz der Erfolge der Frauenbewegung und der Garantie der Gleichbe­rechtigung im Grund­gesetz, trotz der mittlerweile erfolgten Angleichung des Bildungsstandes und Ausbildungsniveaus von Männern und Frauen blieben auch in der Bundesrepublik Deutschland soziale und po­litische Benachteiligungen von Frauen bis heute bestehen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt und in der Familie. Das gilt auch für die Länder der Europäischen Union.

geschlechtsspezifische Ungleich­heiten auf dem Arbeitsmarkt

Europäische Union

Deutschland

Frauen sind häufig stärker von Ar­beitslosigkeit betroffen als Män­ner (Differenz zwischen den Ar­beits­losenquoten von Frauen und Män­nern)

1,7 % (höhere Ar-beitslosen­quote von Frauen)

-1 % (niedrigere Arbeits­losen­quote von Frauen)

Frauen stellen die Mehrheit der Teil-zeitbeschäftigten

34 % der Frauen, 7 % der Männer

39 % der Frauen, 5 % der Männer

Einkommensschere: Frauen werden schlechter bezahlt als Männer

16 %

21 %

Frauen besetzen wesentlich weni­ger Entscheidungs- und Führungs­positionen in Wirtschaft, Wissen­schaft und Politik

24% der Pro­fessuren,

25% der Par­la­ments-sitze, 30 % der wirt­schaftlichen Führungsposi­tionen

20% der Pro­fessuren, 31 % der Par­lamentssitze, 27 % der wirt­schaftlichen Füh­rungspositionen

Eine wichtige Ursache dieser Un­gleichheiten liegt in der einge­schränkten Berufswahl jun­ger Frauen, die sich weniger für technikorientierte, naturwissenschaftli­che und innovative Berufe in wach­senden Zukunftsbranchen (z.B. neue Technologien) entscheiden. Junge Frauen und Männer wählen nach wie vor überwiegend „Frau­en-" bzw. „Männerberufe".

typische „Frauenberufe"

typische „Männerberufe"

Berufe in den Bereichen Erzie­hung/ Pädagogik, Gesundheit, Soziales (z. B. Kindergärtnerin, Krankenschwester, Altenpflege­rin, Lehrerin, Ärztin), Büro und Einzelhandel (Verkaufsperso­nal), Reinigungsbereich

Berufe in den Bereichen Technik, Elek-tronik, Mechanik, Ingenieur- und Bau-wesen, Maschinenbau (z. B. Kfz-Mecha-niker, Industrie­mechaniker, Informa­tiker, Ingeni­eur), Naturwissenschaften, Ver­kehrswesen

Die Unterscheidung in „Frauen- und Männerberufe" beruht auch auf traditionellen Rollen­bildern über die geschlechtsspezifische „Eignung" für bestimmte Berufe (körperliche und intel­lektuelle Fä­higkeiten, soziale Kompetenzen). Viele Tätigkeiten in typischen „Frauenberufen" ähneln unbe­zahlten Tätigkeiten im privaten Haushalt (Hausarbeit, Kindererziehung, Pflege). Sie sind häufig gesell­schaftlich weniger anerkannt und werden geringer entlohnt. Eine Hauptursache für die Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt liegt in der ungleichen Verteilung der Aufgaben'innerhalb der Familie.

Texterläuterungen

    1. Frauen wurden erst 1909 in ganz Deutschland zum Studium zugelassen. Heute stellen Frauen EU-weit 55 % der Akademiker.

    2. Die Zahlen in der Tabelle sind dem Gleichstellungsbericht der Europäischen Kommission 2004 entnommen.

    3. Statistisch gesehen handelt es sich dann um „Frauen-“ oder „Männerberufe“, wenn 80 % oder mehr Frauen bzw. Männern die Erwerbspositionen in einem bestimmten Beruf besetzen.

    4. Zur Erweiterung des Berufsspektrums von Mädchen und jungen Frauen gibt es immer wieder staatliche Modellversuche und Maßnahmen, z.B. die zeitweise Trennung von Jungen und Mäd­chen in bestimmten Unterrichtsfächern, aber auch Förderprogramme, z.B. für gewerblich-tech­nische Ausbildungsberufe.

Ungleichheiten in der Familie

In der Familie ist die gleichberechtigte, partnerschaftliche Aufteilung der Aufgaben noch nicht erreicht, nach wie vor dominiert die Zuständigkeit der Frau für Haushalt und Kindererziehung.

Einerseits ist die Erwerbstätigkeit der Frauen selbstverständlich gewor­den, andererseits übernehmen Frauen auch weiterhin Verantwortung für Familie und Kinder. Mögliche Folgen oder Gefahren sind:

  • eine Doppelbelastung der Frauen durch Familienarbeit und Berufs­tätigkeit (Stress, hoher Koordi­

nierungsaufwand),

  • Konflikte durch kollidierende Leitbilder von „guter Hausfrau und Mutter" und „erfolgreicher,

berufstätiger Frau" (Vernachläs­sigung von Mutterrolle oder Kar­riereorientierung),

  • geringere zeitliche Flexibilität und reduzierte Leistungsfähig­keit im Beruf (Teilzeitbeschäftigun­-

gen, „Karrierebrüche", Erwerbsun­terbrechungen, begrenzte Aufstiegschancen),

  • höheres Kündigungsrisiko, materielle Unsicherheit, schlechtere Einstellungschancen auf Grund

möglicher Mutterschaft, erschwerter be­ruflicher Wiedereinstieg nach der Familienphase,

  • geringere Rentenansprüche.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleibt ein Frauenproblem.

In Deutschland wählen die meisten Frauen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie das „Dreiphasenmodell“ (Berufstätigkeit bis zur Geburt des ersten Kindes - Familienphase - Rückkehr in die Erwerbsarbeit). In der zweiten Erwerbsphase entscheiden sie sich überwiegend für Teilzeitar­beit, die jedoch weniger Aufstiegs- und Karrierechancen bietet. Dagegen orientieren sich die mei-ten Männer am erwerbszentrierten Lebenslauf­modell (berufliche Karriere und Vollzeit-Stelle) und setzen Familienarbeit und Kindererziehung in Verantwortung der Frau voraus.

Die Mehrheit der Frauen orientiert sich am Bild der modernen, emanzi­pierten Frau. Aspekte des traditionellen Frauenbildes (z.B. Mutterrolle) werden mit neuen Werten, wie Karriereorientie­rung, neue Pädagogik in der Kindererziehung kombiniert. Die Mehrheit der Männer akzeptiert zwar die neue Frauenrolle, orientiert sich selbst aber überwiegend noch am traditionellen männlichen Rollenbild, was sich z.B. in der geringen Inanspruchnahme der Elternzeit zeigt. Zudem sind Politik und Wirt­schaft, insbesondere Arbeits- und Berufswelt, nach wie vor an männli­chen Lebens- und Verhaltensmustern ausgerichtet.

Texterläuterungen

  1. Ein wesentlicher Grund für das Überleben der „überkommenen“ geschlechtsspezifischen fa­miliären Arbeitsteilung liegt in der Stabilität der traditionellen Rollenbilder (Frau als Hausfrau, Muter und Ehefrau, Mann als berufstätiger Ernährer der Familie).

  2. Die steigende Erwerbsquote von Frauen hat bereits erhebliche Auswirkungen auf die Geburten­rate in Deutschland. Frauen bekommen im Durchschnitt in immer höherem Alter immer we­niger Kinder (niedrige Geburtenrate).

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