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Staatliche Steuerungsversuche

Die EU-Staaten, aber auch die USA und Australien haben auf die irreguläre Migration mit verschärften Sicherheitsmaßnahmen reagiert. Milliarden von Dollar wurden in verbesserte Grenz­kontrollen inve­stiert. So wurden Grenzzäune und Barrieren - etwa im Süden der USA oder an den Grenzen der spa­nischen Enklaven in Nordafrika - errichtet und die Zahl der Grenzbeamten erhöht. Es wurden zusätz­liche Visumsauflagen eingeführt, Migranten mit ir­regulärem Status verhaftet, Menschenschmuggler hart bestraft, maschinenlesbare Pässe eingeführt und biometrische Daten eingesetzt. Datenschützer kritisieren allerdings, dass der Einsatz dieser Daten oft ohne ausreichen­den Schutz der Privatsphäre und der bürgerlichen Freiheitsrechte erfolgt und häufig eine diskrimi­nierende Praxis darstellt.

Um zu verhindern, dass potenzielle Asylbewer­ber nationales Territorium betreten können, wird auch die Einrichtung exterritorialer Auffanglager nach dem Vorbild Australiens erwogen. So hat die australische Regierung 2001 auf Papua-Neuguinea und der kleinen Pazifikinsel Nauru und damit in Gebieten, die als sichere Drittländer betrachtet werden, Zentren zur Bearbeitung von Asyl­anträgen eingerichtet.

EU-Politiker haben vorgeschlagen, nach austra­lischem Modell die irreguläre Zuwanderung aus Nordafrika durch die Einrichtung von Auffanglagern in Libyen oder anderen nordafrikanischen Staaten zu regulieren. Da jedoch die humanitären Bedingungen in diesen Lagern sowie die Praxis der Asylanerken­nung nicht hinreichend von der EU kontrolliert wer­den können und die betreffen­den nordafrikanischen Staaten keineswegs als sichere Drittstaaten gelten, ist diese Maßnahme heftig umstritten.

Weitgehender Konsens herrscht demgegen­über hinsichtlich der intensivierten Verfolgung und drastischen Bestrafung von Schleusern und Men­schenhändlern. Auch die Beschleunigung von Asyl­verfahren, die Einschränkung der Freizügigkeit von Asylbewerbern, die Reduzierung der Beru-fungsmög­lichkeiten bei einer Ablehnung des Asylgesuchs so­wie eine rigorosere und schnellere Ausweisung von abgelehnten Asylsuchenden werden in vielen Län­dern für sinnvoll gehalten.

Die sicherheitspolitischen Maßnahmen beziehen sich jedoch nicht ausschließlich auf die Bekämpfung der irregulären Migration. So wurde als Reaktion auf die zunehmende Angst vor Terroranschlägen auch die erleichterte Ausweisung von Migranten mit le­galem Aufenthaltsstatus in das deutsche Zuwande­rungsgesetz aufgenommen. Danach können nicht nur Mitglieder einer terro­ristischen Vereinigung, sondern auch geistige Brandstifter wie zum Beispiel Hassprediger in Mo­scheen ausgewiesen werden.

Auch durch die Regelanfrage über verfassungs­feindliche Erkenntnisse vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sowie vor der Entscheidung über eine Einbürgerung soll das Bedroh­ungspoten­zial von Migranten reduziert werden. Die gegen­wärtig debattierten Einbürgerungstests können ebenfalls als sicherheitspolitische Maßnahme ge­deutet werden.

Solche kurzfristigen Aktionen sollten jedoch durch langfristige Strategien wie vor allem eine verbes­serte internationale Zusammenarbeit und eine zwi­schenstaatliche Dialogpraxis ergänzt wer­den. Ent­schuldungsstrategien, eine verstärkte Öffnung des Weltmarktes für Produkte aus Entwick-lungsländern sowie Hilfen beim Aufbau marktwirtschaftlicher und demokratischer staatlicher Strukturen können wichtige vorbeugende Maßnahmen sein, um den Auswanderungsdruck in den weniger entwickelten Ländern zu verringern.

Positive Auswirkungen der Migration

In der Regel sind es nicht die Ärmsten der Armen, sondern die dynamischen und gebildeten Men­schen der Entwicklungsländer, die den Weg in Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften su­chen. Aus diesem Grund wird die Abwanderung qualifizierter Migranten aus den Entwicklungs­ländern oft als brain drain kritisiert.

Doch muss sich dieses Phänomen, wie das Bei­spiel abgewanderter indischer Computerfach­leute zeigt, nicht unbedingt negativ auf die Ent­wicklungsländer auswirken. Da in Indien mehr IT-Ingenieure ausgebildet als auf dem heimischen Arbeitsmarkt nachgefragt wurden, wanderten seit den 1960er-Jahren viele Computerfachleute in die USA ab und trugen dort wesentlich zum Aufstieg der IT-Branche bei. Viele von ihnen machten sich selbstständig und gründeten in­ternational tätige Firmen. Dabei nutzten sie ihre Verwandtschaftsbeziehungen, um internationale Netzwerke aufzu­bauen. Diese kamen auch der Entwicklung der indischen Com­puterindustrie zugute.

Durch Rücküberweisungen tra­gen Migranten zudem zur wirt­schaftlichen Entwicklung ihrer Herkunftsländer bei. Der Wert der über offizielle Wege geleisteten Rücküberweisungen betrug 2004 etwa 150 Milliarden US-Dollar und damit fast das Dreifache der offiziellen Entwicklungshil­fe. Nach Schätzungen der UNO werden etwa 300 Milliarden US- Dollar zusätzlich über inoffizielle Kanäle transferiert.

Auch die Rückwanderung von einst ausgewanderten Experten kann Migration zu einem wich­tigen Entwicklungsfaktor ma­chen. Positive Rückkehreffekte lassen sich am Beispiel der Ent­wicklung der Hardware-Industrie in Südkorea und Taiwan aufzeigen. Doch nicht allen Ländern gelingt es, Abwanderungs- und Rückwan­derungsprozesse für eine produktive Wirtschafts­entwick­lung zu nutzen.

Internationale Migration wird seit dem 11. Sep­tember 2001 verstärkt als sicherheitspoliti­sches Problem betrachtet und durch entsprechende Maß­nahmen reguliert. Diese dominante Pers­pektive sollte jedoch die ökonomische und humanitäre Be­deutung grenzüberschreitender Wande­rungspro­zesse nicht völlig vergessen lassen.

Um die positiven Entwicklungspotenziale der internationalen Migration zu stärken, ist eine ver­besserte Koordination nationaler Migrationspoli­tiken wichtig. Neben der Prävention irregulärer Mi­gration sollte dabei der Einfluss von Migration auf Wirtschaft und Entwicklung, die Einhaltung men­schenrechtlicher Normen, Flüchtlingsschutz, Fami­lien- und Migrantenrechte sowie die politi­sche und soziale Integration von Migranten und Migran­tinnen in die Aufnahmegesellschaft berück­sichtigt werden.

(aus: Informationen zur politischen Bildung, Heft 291, 2006)

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