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Integration - Integrationspolitik

In Deutschland wird sich der Anteil der Migranten in Zukunft voraus­sichtlich weiter erhöh­en, bedingt durch globale und europäische Migra­tion, weltweite Flüchtlingsströme und den ökono-misch-demografischen Bedarf. Die Integration von Ausländern und ethnischen Minderheiten in die deutsche „Kerngesellschaft" wird deshalb eine große Herausforde­rung bleiben. Integration wird von Politikern und Wissenschaftlern sehr unterschiedlich interpretiert, aber es herrscht Einigkeit darüber, dass In­tegration als Prozess gegenseitiger Annäherung von Migranten und Auf­nahmege­sellschaft gestaltet werden muss. Spracherwerb, interkulturel­les Lernen, gleiche Bildungschancen und Erwerbstätigkeit gelten als zentrale Voraussetzungen für erfolgreiche Integration und Partizi­pation von Zuwanderern. Dass Deutschland aufgrund des demografischen Wan­dels und des damit verbundenen Arbeitskräftedefizits in Zukunft ver­stärkt auch auf Zuwanderung angewiesen sein wird, ist weitgehend Konsens. Strittig sind jedoch die geeigneten Konzepte der Integration und die politische Steuerung der Zuwanderung.

  • Das Konzept der „multikulturellen Integration" verfolgt eine Inte­grationspolitik, die die Akzep-tanz und Chancengleichheit ethni­scher Minderheiten mit dem Prinzip der „Einheit in Verschie­den­heit" verbindet. Ziel sind gesellschaftliche Bedingungen, in denen Mehrheit und ethnische Minderheiten auf der Basis gemeinsamer Sprache, Regeln und Grundwerte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im gegenseitigen Respekt für die jeweiligen sozialen und kul­turellen Besonderheiten gleichberechtigt und in Frieden mit­einander leben.

Fremde und Fremdsein - Vorurteile und Feindbilder

Vorurteile bewerten Menschen und Zusammenhänge vereinfa­chend und verallgemeinernd. Sie sind durch eine einseitige und verzerrte Wahrnehmung gekennzeichnet. Vielfach richten sie sich gegen sozi­ale Gruppen, indem allen Mitgliedern dieser Gruppe bestimmte, meist negative und un­veränderliche, Ei­genschaften und Verhaltensweisen pauschal zuge­schrieben werden. Dazu gehören nationale Stereo­typen („Polen/Deutsche/Amerikaner sind ..."), aber auch rassistische Menschenbil­der (z. B. „primitiver Afrikaner").

Vorurteile dieser Art sind Ausdruck von Bedro­hungsgefühlen, einer grundsätzlichen Ableh­nung des Andersartigen oder Ergebnis unkritisch über­nommener Vorstellungen und Feindbilder. Sie sind häufig mit der Diskriminierung von Minderheiten verknüpft, können aber auch machtpo­litisch instru­mentalisiert werden, wie das antisemitische Bild des „verschlagenen, geldgierigen Juden" zeigt, das im Nationalsozialismus als Legitimation für die Ermor­dung des jüdischen Volkes eingesetzt wurde.

Oft sind Vorurteile emotional tief verankert und da­her rationalen Argumenten nur schwer zugänglich. Langfristig können sie aber durch umfassende Infor­mation und konkrete Erfahrungen allmählich ent­kräftet werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Überprüfung der Vorurteile an der Realität bzw. be­legbaren Fakten.

In Deutschland ist die Vorstellung verbreitet, Auslän­der seien grundsätzlich krimineller als Deutsche (40% der Befragten, ALLBUS-Studie 1996). Dieses Bild des „kriminellen Ausländers" wirkt sich er­schwerend auf die Integration von Migranten aus. Es lässt Zuwanderung für viele Deut­sche als Gefahr für die öf­fentliche Sicherheit und Ord­nung erscheinen und befördert fremdenfeind­liche Einstellun­gen. Ausländer können schnell zu „Sündenböcken" werden, wenn der statistische Anstieg von Kriminali­tät mit dem steigenden Ausländeranteil in der Be­völkerung kausal verknüpft wird. Politische Forde­rungen und Entscheidungen, insbesondere in der Ausländerpolitik, werden ebenfalls durch solche An­nahmen beeinflusst (z. B. Einschränkung des Asyl­rechts, Steuerung der Zuwanderung).

Soweit diese Auffassung argumentativ begründet wird, stützt sie sich im Wesentlichen auf die Polizei­liche Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalam­tes. Demnach liegt der Anteil aus­ländischer Tatver­dächtiger mit 23,5 % erheblich höher als der rund 9 %ige Anteil von Ausländern an der Gesamtbevöl­kerung (PKS 2003).

Bei genauer Betrachtung zeigt sich jedoch die Pro­blematik einer oberflächlichen Interpreta­tion statis­tischer Daten:

  • Die Statistik erfasst nur Tatverdächtige in polizei­lichen Ermittlungen. Die Zahl der Angeklagten

und als schuldig Verurteilten lässt sich daraus nicht ableiten. Als weiterer Unsicherheitsfaktor

kommt die Dunkelziffer unentdeckt gebliebener Gesetzesverstöße hinzu.

  • Die Kriminalstatistik nimmt auch Ausländer auf, die sich ungesetzlich in Deutschland aufhalten

(z. B. il­legale Flüchtlinge) oder nur kurzfristig im Land sind (z. B. Touristen, Angehörige aus-­

ländischer Streit­kräfte). Die Bevölkerungsstatistik erfasst aber nur den geringeren Anteil von

Ausländern mit gemel­detem, festem Wohnsitz in Deutschland. Da nicht bekannt ist, wie viele

Ausländer sich tatsächlich in Deutschland befinden, ist aufgrund dieser Zahlen auch kein aus-

sagekräftiger Vergleich zwischen deutschen und ausländischen Bevölkerungsgrup­pen mög­lich.

  • Rund ein Viertel der Delikte ausländischer Tatver­dächtiger ist ausländerspezifisch, d. h. es han-

delt sich vor allem um Verstöße gegen das Ausländer­- und Asylrecht (z. B. unerlaubte Einreise, abgelau­fene Aufenthaltserlaubnis, Scheinehe).

  • Die ausländische Bevölkerung ist strukturell an­ders zusammengesetzt als die deutsche: Es gibt

überdurchschnittlich viele junge Männer ohne ab­geschlossene Berufsausbildung, die in Großstäd­

ten in schlechten sozialen Verhältnissen leben. Damit finden sich hier mehr Risikogruppen, die

auch bei Deutschen eine höhere Kriminalitätsrate aufweisen.

  • Bei ausländischen Jugendlichen zeigt sich ein mar­kanter Anstieg krimineller Delikte. Dies ist vor

al­lem auf Integrationsmängel, Ausgrenzungserfah­rungen und soziale Ungleichheiten zurückzu-

füh­­ren, die sich in gravierenden Ausbildungsdefiziten sowie hohen Armuts- und Arbeitslosig-

keitsraten manifestieren. Die Straffälligkeit sozial integrierter Ausländer ist aber statistisch nicht

höher als bei Deutschen mit ähnlichem Sozialprofil.

Bei Berücksichtigung all dieser Faktoren wird deut­lich, dass die Vorstellung von der allge-mein höheren Ausländerkriminalität einer differenzierten Analyse nicht standhält.

Auch die Massenmedien beeinflussen stark die indi­viduellen und gesellschaftlichen Vor-stellungen von den „Fremden" und damit den Umgang der deut­schen Mehrheitsgesellschaft mit Migranten bzw. ausländischen Bevölkerungsgruppen.

Die Andersartigkeit des „Fremden" – z. B. das „Kopftuch-Tragen" oder Bet-Rituale – er­scheint in vielen Medien vor allem als problematisch: als Stö­rung der etablierten Ordnung oder Bedrohung der eigenen Werte, Identität und Kultur. Es werden vor­rangig negative Phänomene aufgenommen und oft vereinfacht, oberflächlich und klischeehaft darge­stellt.

In den 1980er-Jahren wurde z. B. besonders in der populistischen Boulevardpresse das komplexe Thema „Grundrecht auf Asyl" auf das negative Bild der „Asylantenflut" verkürzt. Die meisten Berichte suggerierten eine unterschwellige Bedrohung der deutschen Bevölkerung durch einen unkontrollier­baren „Massenstrom" von Asylbewerbern und schürten damit „Angst vor Über-fremdung". Zu den medialen Mitteln gehörte die ständige Wie­derholung schematischer Bilder (z. B. lange Schlan­gen von fremd aussehenden Asylbewerbern vor über­füllten Ämtern), aber auch die floskelhafte Verwendung von negativ besetzten Metaphern (z. B. „Ansturm von Flüchtlingen" oder „Das Boot ist voll").

In den 1990er-Jahren rückte das Thema „Ausländer­kriminalität" bzw. organisierte Krimina­lität in den Vordergrund („Russen-Mafia", Drogen- und Mäd­chenhandel), das das Feindbild „ge-fährlicher, krimi­neller Ausländer" unterstützt. Medienberichte machen „Fremde" häufig noch frem­der und bedrohlicher, indem sie negative Vorur­teile bestätigen und verstärken. Diese Art der Dar­stellung kann Ängste schüren, die für fremdenfeind­liches Denken und Handeln mitverantwortlich sind. Medien können aber auch zum Abbau von Vorurtei­len und einem vielfältigeren Bild beitra­gen, wenn Zusammenhänge und Hintergründe beleuchtet wer­den und vermehrt über positive Bei­träge von Mig­ranten in Deutschland berichtet wird.

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