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THEMA 6

„Macht Ihr denn keine Ferien?“ fragte ich unschuldsvoll. „Nun, ja“, gesteht Hans, „wir fahren schon manchmal für ein paar Tage weg.“ Als ich in dieser Hinsicht ein bisschen nachbohre, stellt sich heraus, dass Hans mit seiner Frau letztes Jahr zu Ostern, zu Pfingsten, im Sommer und über Neujahr verreist waren, den obligaten Ski-Urlaub nicht mitgerechnet. Der käme ja auch unter das Thema Gesundheitspflege, meinte er. Sie waren mehrfach In Italien; Griechenland und Spanien, aber auch in Tunis, Skandinavien und am Schwarzen Meer. Momentan sei man dabei, Prospekte zu wählen, um sich für Bangkok oder die Bahamas zu entscheiden.

Die wirtschaftlichen Sorgen können also nicht gerade beängstigend sein. Auf anderen Gebieten sind sie allerdings unübersehbar. Die Tochter studiert in München, nachdem sie mehrere Jahre auf einen Studienplatz warten musste. Sie hat jetzt den dritten

„festen Freund“, der gottlob bisher nicht in Demonstrationen verwickelt gewesen sei und Rauschgift nur selten zu nehmen scheine. Vermutlich ein ganz ordentlicher Bursche, aber an Hochzeitsglocken sei in absehbarer Zeit dennoch kaum zu denken.

Der Sohn hat eine gute Stelle in Heidelberg. Seine Frau ist auch berufstätig und außerdem in Emanzipationsvereinen aktiv. So muss man wohl noch lange vergeblich auf den sehnlichst erhofften Enkel warten …

Am Sonntag sitzt auf der Fahrt nach Sylt neben mir im Zug das biedere Ehepaar Schulze. Schulzes haben über Bausparkasse eine hübsche Eigentumswohnung am Berliner Tor erworben. Letztes Jahr waren sie auf Mallorca und liebäugeln nunmehr mit einer Reise nach Rumänien.

„Wer weiß, wie lange wir das noch können!,- meint Schulze mit der gleichen Besorgnis wie neulich der selbständige Unternehmer Hans. Trotz seiner Wohlhabenheit scheint er in einen gähnenden Abgrund zu blicken: „Mit den Schiffaufträgen hapert das ja nun bannig. Vielleicht werde ich auf meine alten Tage noch arbeitslos. Und mit den Renten fängt das Theater ja erst richtig an.“ Mit Leidensmiene fährt er fort: “Ich bin seit Jahren eiserner SPD-Mann, und nun haben sich ein paar Bonzen wie die Kapitalisten in die eigenen Tasche gewirtschaftet. Man weiß schon gar nicht mehr, woran man ist. Höchste Zeit , dass der Schmidt da mal mit dem eisernen Besen aufräumt. Zutrauen kann man ihm das schon, aber er wird jetzt von allen Seiten so oft angegriffen, dass er den ganzen Kram womöglich eines Tages hinschmeißt. Und wo sitzen wir da?“

(Arno Vincent Jacobi In: Deutschland –Traum oder Wirklichkeit. Auswanderer erzählen. Herausgegeben von Peter E. Nasarski, 1978 WestkreuzVerlag, Berlin – Bonn)

Aufgabe 3. Berichten Sie schriftlich über die Lage in Deutshland, wobei Sie die Informationen in den texten D 6-2 und T 6-2 vergleichen.

Dialog 3

Aufgabe 1. Lesen Sie den Dialog D 6-3.

Ein virtueller Gang durch Berlin

D 6-3

 

 

(Samstagmorgen. Michael und Natascha mit ihren Gästen Klaus und Boris beim Frühstück)

Natascha:

Ging das, Boris? Die Nacht auf der Couch? Und noch bei Ihrer Größe!

Boris:

Famos! Ich war nach dem gestrigen Tag viel zu müde, um an etwas

 

anderes als an Schlaf zu denken.

Natascha:

Und heute dann wieder im Zeitraffertempo durch Berlin! Wissen Sie

 

schon, was Sie sich alles ansehen wollen?

Boris:

Das könnten wir jetzt, vor dem Aufbruch, vielleicht mal alle gemeinsam

 

überlegen.

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THEMA 6

 

 

 

Klaus:

Ich denke, wir werden als Einstieg mal den Weg über „Unter den Linden“

 

nehmen, vorbei am Fernsehturm. Der ehmalige Palast der Republik wurde

 

wie das Staatsgebäude abgerissen.

Michael:

Und jetzt soll das alte Schloss wiedererstehen.

Klaus:

Wir schweifen ab ins Wesentliche der Wiedervereinigung.- Ja, Boris will

 

unbedingt das Brandenburger Tor und den Reichstag sehen.

Michael:

Ah, wo der Rotarmist die russische Siegesflagge hisste.

Natascha:

Ein Symbol des Siegs. Muss Boris sehen!

Michael:

Übrigens kommt ihr, links vor dem Brandenburger Tor, an der Russischen

 

Botschaft vorbei; und davor liegt – ganz wichtig für euch – das „Handels-

 

und Wirtschaftsbüro bei der Russischen Botschaft“ rfhwb@rfhwb.de.

 

Manche Internet-Adressen muss man als Journalist ja im Kopf haben.

Natascha:

Jetzt seid ihr aber auf der Suche nach „Russland in Berlin“. Ja, in den 20er

 

Jahren war hier eine russische Kolonie von Intellektuellen und Künstlern!

 

Männer! Wo bleibt da die Gegenwart, das Leben!

Michael:

Mach dich nicht lustig über uns! Aber wenn Boris schon bis zum

 

Reichstag und Regierungsviertel vorgedrungen ist, dann kann er in

 

Richtung Siegessäule doch auch noch das Sowjetische Ehrenmal

 

mitnehmen.

Natascha:

Ich sehe, ihr seid mal wieder sehr männlich konsequent. Wie weiter?

 

Museen sind auch nichts bei der kurzen Zeit. Von außen seht ihr viele ja

 

schon auf eurem Weg über „Unter den Linden“: die Museumsinsel, das

 

Zeughaus; und der Weg an sich ist ja schon ein Gang durch ein Museum -

 

mit den verschiedenen Palais, der Staatsoper, der Humboldt-Universität

 

und der Staatsbibliothek; und mittendrin, wieder reitend, „der Olle Fritz“.

Michael:

Natascha, du bist heute Morgen mal wieder grandios! - Wie wär‘s denn mit

 

den restaurierten Hack‘schen Höfen?

Natascha:

Das wäre ein etwas anderer Weg. Vielleicht auf dem Rückweg. Aber sonst

 

sagst du doch immer, dass du dieses Durchgestylte nicht magst.

Michael:

Na, wenn ein Besuch doch etwas sehen soll, ist das ja etwas anderes. Das

 

Nicolai-Viertel, wo Lessing wohnte, oder das Sophienviertel – altes

 

Arbeiterviertel des 19. Jahrhunderts – sind ja auch nicht mehr das, was sie

 

mal waren. Übrigens: Borsig baute damals hier die ersten Lokomotiven.

 

Die Anfänge der Industriestadt Berlin.

Klaus:

Und wenn ihr gleich zum Alexanderplatz wollt, nehmt ihr den Bus oder die

 

U-Bahn.

Boris:

U-Bahn wäre interessant im Vergleich mit Moskau. Aber mit dem Bus sieht

 

man mehr.

Michael:

Nehmt hier mal die U-Bahn, und später, für eine längere Strecke, den Bus,

 

vielleicht die Linie 100.

Natascha:

Na, da seht mal, ihr Dreimalklugen. Bisher noch kein Wort vom westlichen

 

Prunkstück, dem Potsdamer Platz, mit Daimler-Crysler und Sony, und vom

 

Bahnhof Zoo und dem schönen Mercedes-Stern. Ist das Bosartigkeit, oder

 

unbewusste Verweigerung?

Michael:

Kann sein. Na ja, wenn ihr den Abstecher vom Reichstag zum Potsdamer

 

Platz macht, könnt ihr dort jedenfalls im McDonald oder bei dem Chinesen

 

in der Passage billig zu Mittag essen. Der Chinese ist wirklich gut.

Klaus:

So, das wär‘s denn auch schon.

Natascha:

Jüngelchen, man merkt, du kommst aus der Provinz. Ich hab gestern

 

Abend noch schnell meinen Baedeker herausgesucht. Wenn du ihn

 

mitnehmen willst? Eine kleine Karte vermittelt dir einen Überblick …

Klaus:

Unser Weg bis zum Reichstag steht ja jetzt fest. Und, Boris, das Weitere

 

überlegen wir vielleicht am Potsdamer Platz beim Mittagessen. Also: Einen

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