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Zum_Bachelor_mit_Erfolg

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Lebensjahr eingeschult werden. Für die Sechsjährigen ist eine Nullklasse eingerichtet, die der Förderung der allgemeinen Schulfähigkeit dient.

Die Grundschulzeit dauert dann vier Jahre. Eine kleine Minderheit von Kindern, zumeist aus wirtschaftlich deutlich besser gestellten Familien, wechselt bereits nach Klassenstufe 3 in Gymnasien oder Lyzeen über, die ebenfalls nach Klassenstufe 11 die Reifeprüfung abnehmen. Diese Schularten konzentrieren sich in ihrem Curriculum auf bestimmte Schwerpunkte (Kunst, Musik, Mathematik u. a.) und fordern bereits bei der Aufnahmeprüfung ein hohes Leistungsvermögen. Ihr Anteil am Bildungssystem liegt unter einem Prozent. Viele dieser Schulen sind teure Privatschulen.

Wer die erste Abschlussprüfung nach Klassenstufe 9 besteht, erhält ein Zeugnis über den Sekundär-I Abschluss.

Die Jugendlichen können dann zwischen dem Besuch der allgemeinbildenden Oberschule, einer Berufsschule oder dem direkten Eintritt ins Arbeitsleben wählen.

Der Berufsbildung wird für den marktwirtschaftlichen und technologischen Neuaufbau der Wirtschaft, der freilich bisher nur sehr schleppend anlauft, große Bedeutung zugemessen. Neben den Berufsschulen für Handwerk, Industrie, Landwirtschaft und Dienstleistung sind auf der postsekundären Ebene Fachschulen eingerichtet worden, die in dreioder vierjährigen Bildungsgängen zu höheren Berufsabschlüssen führen. Das betriebliche Ausbildungswesen ist weitgehend eingestellt.

Die Einrichtungen im Tertiärbereich sollen zukünftig nach vier Ebenen unterschieden werden: die erwähnten Fachschulen mit einem Juniordiplom als Abschluss, Kollegs mit dem Bakkalaureat, Institute/Fachhochschulen mit einem Spezialistendiplom und schließlich die Universitäten und Akademien mit Magisterund Doktorgrad.

Erzieher und Lehrer für Kindergarten, Grundschulen und Berufsschulen erhalten ihre Ausbildung in tertiären Einrichtungen der Ebenen 1 und 2, Lehrer an Mittelund Oberschulen an Einrichtungen der Ebenen 3 und 4.

Im Bereich der Weiterbildung sind Maßnahmen zur Nachqualifizierung, Umschulung sowie zur Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt besonders wichtig. Träger sind zumeist die Berufsschulen.

(2.3) Aufgabe 12. Hörverstehen

Hören Sie den Text von Christoph Ricking und Bettina Schwieger "Ferienzeit – Zeugniszeit" (02:58 Min., Quelle: DW, 10.07.2012) und beantworten Sie die Fragen dazu.

1.Was passt nicht? Kurz vor den Sommerferien sind vor allem Schüler mit eher schlechten Noten in Deutschland …

a)unruhig;

b)angespannt;

c)entspannt.

2.Was ist falsch? Wenn Zeugnisnoten der Schüler in Deutschland nicht gut

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genug sind, …

 

 

 

 

 

 

 

a)müssen sie die Klasse nicht wiederholen;

 

 

 

 

b)werden sie nicht versetzt;

 

 

 

 

 

 

c)bleiben sie sitzen.

 

 

 

 

 

 

 

3. Was ist falsch? Am deutschen Schulsystem wird häufig kritisiert, dass …

 

a)die Kinder zu zeitig getrennt und auf verschiedene Schulformen verteilt werden;

 

b)die Schüler zu oft sitzen bleiben;

 

 

 

 

 

c)der

Druck,

gute

Noten

zu

erreichen,

sehr

hoch

ist.

4.Welche zweiteilige Konjunktion passt nicht? In China muss man die

Abschlussprüfung Gao Kao … bestehen, … ein sehr gutes Ergebnis erreichen. a)weder … noch;

b)nicht nur … sondern auch; c)sowohl … als auch.

5.Welche zweiteilige Konjunktion passt? Das Schulsystem in Uganda ist … ganz ähnlich, … dort ist die Gesamtnote entscheidend.

a)entweder…oder; b)zwar…aber; c)je…desto.

TEIL 2. TEXTE FÜR DIE LINGUISTISCHE ANALYSE

Aufgabe: Масhеn Sie eine lexikalisch-grammatisch-stilistische Analyse des Textes.

Text 1

Die junge Lehrerin

Т. Tanzen

Das war ein Augenblick in deinem Leben, ein flüchtiger, doch schwerlich zu vergessen.

Dir stand ein junges Völkсhеn gegenüber mit klaren Augen, anspruchsvoll verlangend, die einen – voller kindlichen Vertrauen,

die andren – prüfend, wagend, doch аllе fordernd und erwartend. Zum ersten Маl in deinem Leben! Zum ersten Mal!

Du standst vor ihnen, feierlich befangen, erfreut und doch bestürzt zugleich.

Dein Herz, es schlug in freudiger Bereitschaft, zu lieben und zu dienen und zu lehren, gleichzeitig aber sonderbar bewegt

vоn lastendem Verantwortungsgefühl: Sogar als Vorbild dienen?

Mit edlem Beispiel stets voranzugehen?

Ein Stich des Zweifels: Kannst du das versprechen?

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Du wolltest, musstest sсhön sein, klug, gewinnend und allwissend,

du wolltest nicht nur lieben – auch geliebt sein! Du wolltest Mutter sein über die vielen

und niemals täuschen ihr gewonnenes Vertrauen. Und sehr entschieden nahmst du dich zusammen und standst erwartungsvoll und dienstbereit

wie vor dem Eid, den jeder Staatsmann leistet, als der Direktor, auf dich weisend, sagte: "Seht, Kinder, das ist eure Lehrerin"

Text 2

Ein Verbummelter

St. Zweig

Als er an der Kirchturmuhr vorbeikam, merkte er, dass es schon hoch an der Zeit war. Er nahm die Schulbücher fester unter den Arm und begann sein behagliches Faulenzertempo zu beschleunigen. Aber bald stand er davon wieder ab. Die Hitze des Sommermittags hatte ihn träge gemacht, und eigentlich schien es ihm gar nicht so wichtig, rechtzeitig in eine Griechischstunde zu kommen. Und in gleichgültigem Trott trabte er weiter über das Pflaster, das eine erstickende Glut ausstrahlte gegen die Schule zu. Dort angelangt, fand er, dass er schon um zehn Minuten im Rückstand sei, und einen Augenblick noch tauchte die Überlegung auf, ob er nicht lieber umkehren solle. Aber der Gedanke an eine Fortsetzung der heutigen langweiligen Familienpredigt bei Tisch erschien ihm so peinlich, dass er entschlossen auf das Klassenzimmer zuging und mit einem energischen Ruck die Tür öffnete.

Sein plötzlicher Anblick erregte einiges Aufsehen. Rückwärts hörte man ein überlegenes Kichern, und auch vorne in den ersten Bänken sahen ihm nur höhnisch lächelnde Gesichter entgegen. Und oben vom Katheder blickte ihn der Professor mit einem selbstzufriedenen Lächeln an und sagte halblaut, wie wegwerfend: "Es wäre auch wirklich ein Wunder gewesen, wenn Sie einmal zurecht gekommen wären, Liebmann; Sie entwickeln im Zuspätkommen einen Fleiß und eine Ausdauer, die Ihnen sonst ausgiebig abgeht."

Das Kichern surrte nun durch den ganzen Raum, durchsetzt mit tieferen, grölenden Untertönen. Alle sahen auf Liebmann hin.

Der erwiderte kein Wort und verzog keine Miene. Aber es fiel ihm schwer, ruhig zu bleiben, als er an den fröhlich lachenden Gesichtern vorbei auf seinen Platz zuging. In ihm brannte ein tiefer Schmerz, eine wilde verhaltene Wut, wie immer, wenn er diese grausame Szene wieder erlebte. Ganz mechanisch öffnete er sein Buch, ohne nur auf die Seitenzahl zu achten, und starrte gedankenlos auf die Lettern hin, bis sie in schwarzem, zitterndem Wirbel vor seinen Augen tanzten. Und alle Worte und Laute im Zimmer verschwammen ihm zu einem sinnlosen Geräusch, das ihm hässlich in die Ohren tönte. Wie Blei lastete die Gleichgültigkeit gegen alles auf ihm. Vorn auf seiner Bank spielten ein paar Sonnenkringel. Wie hüpfende, fröhlich jauchzende Kinder drehten sie ihren bunten Reigen, und wie schmiegsame, weiße

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Hände huschten ihre leuchtenden Farben über das Pult. Liebmann starrte sie an wie ein Neugieriger, ohne sie aber zu sehen. Er träumte wie geistesabwesend vor sich hin. Gestern abend war es, da hatte ihm wieder ein Zufall den Spiegel seines Lebens vorʼs

Gesicht gepresst. Gestern, als er mit seinen Schulbüchern nach Hause ging, und seine Altersgenossen traf, Studenten und Leutnants, die ihn alle einmal so gern gehabt und nun doch mit einer seltsamen Verächtlichkeit, mit stummem Stolz begrüßten, weil er noch unter grünen Schuljungen saß und den verstaubten Quark hören musste, der da mit lederner Stimme vorgetragen wurde.

Wie ein heißes Lachen der Wut und Verzweiflung fühlte er es in der Kehle. Fast wunderte er sich selbst darüber, dass er sich nicht hinwarf und schluchzte wie ein kleines Kind. Oder, dass er nicht aufsprang und vor ihnen ausspie.

Nach und nach wurde er wieder ruhiger, weil er seinen Schmerz zu zerlegen begann. Er sezierte ihn mit der grausamen Kälte, die nur wieder der tiefste Schmerz geben kann. War er denn so allein mit seinem Schicksal? Er wusste es, dass noch Tausende das gleiche Schicksal erlitten, dass es eine Alltagstragödie war, die sich in seinem Leben abspielte, aber es war ihm, als hätte sie noch keiner so herb gefühlt. Bin Verbummelter – wie viele gab es noch auf der Welt! Aber es quälte ihn immer wieder der Gedanke an den Anfang, an jene eine Prüfung, wo er zuerst gefallen war. Mit welchem Leichtsinn hatte ihn der Professor, derselbe, der jetzt zehn Schritte vor ihm saß und ihn gar nicht beachtete, durchfallen lassen, der vielleicht nie in seinem Leben eine Minute, eine Sekunde darüber nachgedacht hatte, was er mit einer oberflächlichen Entscheidung begangen hatte. Wie mit einem Male eine aufstrebende Entwickelung unterbunden worden war und ein Leben gewaltsam in eine andere Bahn hinabgedrängt wurde. Er erinnerte sich noch deutlich an den Umschlag, der sich vollzogen hatte, als er zum ersten Mal ein Jahr verlor. Langsam war damals der übermäßige und doch erfolglose Fleiß zu dumpfer Apathie erschlafft, sein Interesse für Literatur und Kunst war plötzlich jäh und gewaltsam abgebrochen, und bis in die fernsten Verzweigungen seines physischen Lebens fühlte er die Brutalität dieses Schlages. Nach und nach war seine Arbeitsenergie erloschen, und sein geistiges Leben verlor sich immer mehr in die Phantastik unfruchtbarer Träume, die nur ihn selbst zum Mittelpunkt hatten und ihm tausend Gestalten und Errungenschaften vorspiegelten, die er im Leben aus Mangel an Kraft nie gewinnen konnte. Und so begann er langsam zu sinken, zu verbummeln. – Als er dann das zweite Mal ein Jahr verlor, spürte er es gar nicht mehr, aber er merkte, dass er im Gleiten war, ohne es aufhalten zu können. Mit einundzwanzig Jahren noch auf der Schulbank, das war der einzige Schmerz, den er nicht überwinden konnte und über den er alles vergaß. Und immer wühlte er in den Ursachen zurück, die ihn immer wieder zu dem einen Punkte zurückführten, zu jenem Tage, wo er durch Zufall, nur durch Zufall bei der Prüfung gefallen war. Und nach und nach war seinem steten Grübeln ein dunkler Gedanke erwachsen, eine bloße, haltlose Vermutung, die aber sein krankhaftes und gewaltsames Nachsinnen zur Gewissheit stempelte, es könne kein Zufall gewesen sein. Ein heimlicher Hass, eine versteckte Ursache musste den Professor bewogen haben. Und seitdem dieser Glaube in ihm tiefe Wurzeln gefasst hatte, wurde der Hass zum innersten Grundklang seiner Seele.

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Er erbebte schon unter der überströmenden Gewalt dieser Gefühle, wenn er ihm in das Gesicht sah. Wie er nur dort oben saß mit seinem vergilbten Pastorengesicht. Wie verlogen, wie stumpfsinnig er mit seiner fetten Stimme gleichgültiges Zeug vortrug mit einem selbstbewussten Ernst, der sich keines Fehlers bewusst ist! Und dieser Mensch sollte ihm befehlen können, sollte sein Leben entscheiden können und hatte es entschieden – dieser Gedanke spannte alle seine Nerven schmerzhaft an, er fühlte, wie sich ganz unbewusst eine Faust ballte und seine Augen hasserfüllt zu ihm hinstarrten.

In diesem Augenblick wandte sich der Professor ihm zu und fing den Blick auf. Er schien nichts zu bemerken, nur um die Mundwinkel verschärfte sich der harte, grämliche Zug. Und mit gleichgültiger Stimme sagte er:

"Liebmann, Sie täten auch besser, in Ihr Buch zu schauen und achtzugeben, als in die Luft zu gaffen."

Liebmann zuckte zusammen. Der Gedanke, sich schulmeistern lassen zu müssen, war ihm wie ein glühendes Brandmal. Ein jäher Trotz stieg in ihm auf. Nur jetzt nicht schweigen müssen!

"Ich habe achtgegeben, Herr Professor!"

"Um so besser von Ihnen, Liebmann, dann wiederholen Sie jetzt, was ich sagte."

Text 3

Deutschstunde

S. Lenz

Immer mehr verschränkte, überschnitt, verwirrte sich alles, bis mich auf einmal Lehrer Korbjuhns warnender Blick traf; da reinigte ich, sozusagen, in gesammelter Anstrengung die von Gräben durchschnittene Ebene meiner Erinnerung, schüttelte die Nebenerscheinungen ab, um alles unverdeckt und leicht abbildbar vor mir zu haben, besonders meinen Vater und die Freuden der Pflicht. Ich erreichte es auch, hatte gerade alle entscheidenden Personen zu einer Paradeformation unter dem Deich aufgestellt, wollte sie auch schon vor mir defilieren lassen, als Ole Plötz, mein Nebenmann, aufschrie und sich in erfolgreichen Krämpfen aus der Bank fallen ließ. Der Schrei kappte alle Erinnerung, ein Anfang gelang mir nicht mehr, ich gab auf, und als Doktor Korbjuhn die Hefte einsammelte, gab ich ein leeres Heft ab.

Julius Korbjuhn konnte meine Schwierigkeiten nicht einsehen, glaubte mir nicht die Qual des Beginnens, konnte sich einfach nicht vorstellen, dass der Anker der Erinnerung nirgendwo fasste, die Kette straffte, sondern nur rasselnd und polternd, bestenfalls Schlamm aufwirbelnd über den tiefen Grund zog, so dass keine Ruhe eintrat, kein Stillstand, der nötig ist, um ein Netz über Vergangenes zu werfen.

Nachdem also dieser Deutschlehrer erstaunt mein Heft durchgeblättert hatte, rief er mich auf, betrachtete mich einerseits leicht angewidert, andererseits mit redlichen Bedenken, forderte eine Erklärung von mir und sah sich nicht in der Lage, mit dieser Erklärung zufrieden zu sein. Er bezweifelte den guten Willen sowohl meiner Erinnerung als auch meiner Phantasie, bestritt mir die Not des Anfangs, indem er nicht mehr sagte als: Du siehst nicht so aus, Siggi Jepsen, und behauptete

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mehrmals, dass die leeren Seiten gegen ihn gerichtet seien. Statt mir zu glauben, witterte er Widerstand, Aufsässigkeit und so weiter, und da für solche Lagen der Direktor zuständig ist, führte Korbjuhn mich nach der Deutschstunde, die mir nichts brachte als den Schmerz über eine tolle, verwackelte, jedenfalls unknüpfbare Erinnerung, in das blaue Direktionsgebäude hinüber, wo im ersten Stock, gleich neben der Treppe, das Zimmer des Direktors liegt.

Direktor Himpel, wie immer in Windjacke und Knickerbocker, war von etwa zweiunddreißig Psychologen umgeben, die sich geradezu fanatisch interessiert zeigten an den Problemen jugendlicher Krimineller. Auf seinem Schreibtisch stand eine blaue Kaffeekanne, lagen fleckige Seiten von Notenpapier, einige davon bedeckt mit seinen hastigen, landschaftlich engagierten Kompositionen, knappe Lieder, in denen die Elbe vorkam, meerfeuchter Wind, gebeugter, aber zäher Strandhafer, leuchtender Möwenflug, aber auch flatternde Kopftücher sowie der dringende Ruf des Nebelhorns: unser Inselchor ist dazu ausersehen, all diese Lieder aus der Taufe zu heben.

Die Psychologen verstummten, als wir das Zimmer betraten, hörten zu, was Doktor Korbjuhn dem Direktor zu melden hatte. Die Meldung kam leise, doch ich konnte hören, dass da abermals von Widerstand die Rede war und von Aufsässigkeit, und wie um das zu belegen, überreichte Korbjuhn mein leeres Aufsatzheft dem Direktor; der wechselte einen besorgten Blick mit den Psychologen, trat auf mich zu, rollte mein Heft zusammen und schlug sich damit kurz auf das eigene Handgelenk, dann auf die Knickerbocker und verlangte eine Erklärung. Ich sah in gespannte Gesichter, hörte ein zartes Knacken hinter mir, das entstand, als Korbjuhn seine Finger auszog, litt unter der gesammelten Erwartung meiner Umgebung. Durch das breite Eckfenster, vor dem ein Klavier stand, sah ich hinaus auf die Elbe, erkannte zwei Krähen, die sich im Flug um etwas Schlaffes, Hängendes, vielleicht um ein Stück Darm, stritten, das sie sich wechselweise entrissen, hinabwürgten, ausspuckten, bis es auf eine Eisscholle fiel und dort von einer wachsamen Möwe geschnappt wurde. Da legte der Direktor mir eine Hand auf die Schulter, nickte mir fast kameradschaftlich zu und bat mich noch einmal, vor all den Psychologen, um eine Erklärung, worauf ich ihm von meiner Not erzählte: wie mir das Wichtigste zu dem gewünschten Thema zuerst einfiel, dann aber verwackelte; wie ich kein Geländer finden konnte, das mich allmählich in die Erinnerung hinabführte. Von den vielen Gesichtern erzählte ich ihm, von dem unüberschaubaren Gedränge und all den Bewegungen quer durch meine Erinnerung, die mir jeden Anfang vermadderten, jeden Versuch vereitelten, auch vergaß ich nicht zu erwähnen, dass die Freuden der Pflicht bei meinem Vater noch andauerten und dass ich sie deshalb, um ihnen gerecht zu werden, nur ungekürzt schildern könne, jedenfalls nicht in willkürlicher Auswahl.

Erstaunt, vielleicht sogar verständnisvoll hörte der Direktor mir zu, während die Diplompsychologen flüsterten, noch näher traten und sich dabei anstießen und erregt zuraunten "Wartenburgischer Wahrnehmungsdefekt" oder "Winkeltäuschung" oder sogar, was ich besonders widerlich fand, "Kognitive Hemmung"; da war ich schon bedient und so weiter, jedenfalls weigerte ich mich, in Anwesenheit dieser Leute, die mich unbedingt durchschauen wollten, noch mehr Erklärungen abzugeben:

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die Zeit auf dieser Insel hat mich genug gelehrt.

Text 4

Quelle: DW

Bildungswege Maria aus Argentinien

Das eigene Wissen nutzen…

Zu Beginn dieser Woche habe ich mich mit meiner Kollegin Patricia über das Thema "Bildung" in unserem Land unterhalten. Patricia koordiniert ein regionales Programm zur Förderung von Bildung im technischen Bereich: Dazu gehört die Industrietechnologie, Mathematik, aber auch das Schulmanagement. Die verschiedenen Gruppen, die sich der einzelnen Fachgebiete annehmen, arbeiten dabei aber nicht mit Schülern oder Studenten, sondern mit den Lehrern und Schuldirektoren. Das Ziel ist es, die Ausbilder zu trainieren, damit der Bildungsstandard sich erhöht.

Patricia hat mir dann von der Arbeit ihrer Kollegen Gabriel und Alejandro erzählt. Die beiden Männer leiten den Bereich Schulmanagement und pflegen einen eher alternativen Bildungsansatz. Es sei eine ganz schöne Herausforderung, neue Lehrmethoden im technischen Bereich einzuführen, hat mir Patricia erzählt. "Meine Kollegen wollen die Studenten dazu ermutigen, ihr bereits vorhandenes Wissen zu nutzen. Und wenn du das zu einem Ingenieur sagst, schüttelt er nur den Kopf. Die Lehrer denken, dass ihre Wissenschaft ein hartes Fach ist, das nicht durch Diskussion erlernt werden kann."

Und ich weiß genau, was sie meint. In Berlin habe ich selber das erste Mal andere Lehrmethoden erlebt. Ich glaube, man kann das so beschreiben: Es gab keine Professoren, sondern nur Texte, die gelesen wurden. Und das Wissen haben wir uns gemeinsam durch Diskussionen und Fragen erarbeitet. Ein klassischer Tag in dieser Lehrweise hat mit einer Vorlesung von einem wissenschaftlichen Mitarbeiter begonnen, der seine Interpretation der Kapitel zum Besten gegeben hat, die wir vorher gelesen hatten. Danach konnten wir alle Fragen stellen, und so konnte eine Diskussion entstehen. Danach haben wir in unseren Seminaren weiter darüber debattiert und eigene Ideen entwickelt. Am Ende eines jeden Seminars gab es auch keine Prüfungen. Wir mussten Hausarbeiten zu einem Thema schreiben. Dieser Ansatz des Lernens hat meine Meinung unwiderruflich geändert: Ich glaube fest daran, dass auf diese Art und Weise das kritische Denken von Studenten gefördert wird. Wir haben dort gelernt zu hinterfragen und nicht einfach nur alles das hinzunehmen, was uns eine Person erzählt. Es geht doch darum die Fähigkeit zu entwickeln, eine fruchtbare Diskussion führen zu können. Außerdem fördert es die Kreativität und stärkt die Argumentationsfähigkeiten.

Ich habe darüber nachgedacht, was Emmy in ihrem letzten Eintrag geschrieben hat über die Bildung in Kenia, die die Kreativität tötet. Ich denke, dass es etwas damit zu tun hat, dass Bildung oft viel zu theoretisch vermittelt wird. Und darum ging es ja auch bei meinem Gespräch mit Patricia: Wie kann ich einen anderen, liberalen Ansatz der Bildung in einem Fach einführen, das eigentlich auf harten Fakten basiert? Es

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geht mir nicht darum, dass ich den Wert und die Stärke von Theorie untergraben möchte: Ich fände es nur gut, wenn man mehr Wert darauf legt, dass Studenten sich ihrer eigenen Fähigkeiten bewusst werden und sie motiviert werden diese auch zu nutzen.

Datum: Donnerstag, 21.06.2012

Pavel aus Russland

Das Schweigen der russischen Lehrer

Als ich Marias Eintrag über die Lehrerstreiks in Argentinien gelesen habe, habe ich über die hiesige Unzufriedenheit mit dem russischen Bildungssystem nachgedacht. Und damit meine ich die Unzufriedenheit der Lehrer und auch vieler anderer Menschen.

Was mich allerdings verwundert, aber auch beunruhigt, ist, dass die Lehrer in meinem Land nie Streiks organisieren oder auch nur versuchen gehört zu werden – weder in den kleinen noch in den großen Städten. Ich weiß zum Beispiel, dass einige unserer Uni-Professoren in ihrer Freizeit zusätzlich Nachhilfe erteilen, damit sie ein bisschen mehr Geld verdienen. Dabei wäre eigentlich die Forderung nach besseren Gehältern und einer modernen Ausstattung völlig gerechtfertigt. Dabei ginge es ja dann auch nicht darum, dass nur einzelne Lehrer davon profitieren.

Aber ich würde an dieser Stelle gerne einen Blick auf die Jahre am Gymnasium werfen. Vor einigen Jahren war es noch so, dass wir unsere Abschlussprüfungen im Juni hatten und die Aufnahmeprüfungen an der Uni waren im Juli. Das hat man jetzt geändert. Denn damals mussten die Studenten mindestens zwei Monate am Rande des Nervenzusammenbruchs immer weiter lernen, lernen, lernen. Außerdem bestand so die Gefahr der Korruption: Je mehr Verbindungen man in diesen Kreisen hatte, desto schneller konnte man eine Möglichkeit finden, sie für sich auszunutzen.

Seit einer Prüfungsreform, ersetzt heutzutage das so genannte "Unified State Exam" (USE) – vereinheitlichte und staatliche Klausuren – die Aufnahmeprüfung an der Uni. Die Regierung sagt, dass das neue Examen Schülern aus den Provinzen die gleichen Chancen einräumen würde, um an renommierten Universitäten zu studieren. Außerdem sollte es die eben erwähnte Korruption bekämpfen, weil die Noten nicht von den Lehrern selber vergeben werden, sondern von einem staatlichen Komitee. Das USE besteht zwar aus vielen verschiedenen Tests. Aber es ist ja auch klar, dass Tests alleine nichts über das (kreative) Potential der Schüler aussagen. Und wenn man es genau nimmt, dann verdecken sie diese kreativen Fähigkeiten wohl eher. Was passiert denn mit den jungen Menschen, die gerne Musik oder Kunst studieren wollen?

Trotz solcher Bedenken von Seiten der Eltern wurde das USE eingeführt. Neuerdings kursiert hier das Gerücht, dass die Prüfungen auf zwei verschiedenen Ebenen stattfinden sollen – erst die leichteren, dann die schwereren Prüfungen. Ich befürchte nur, dass damit die Korruption wieder in Gang kommt. Wer möchte bitte keine guten Noten am Ende seiner Schullaufbahn haben?

Ich denke, dass unsere Lehrer auf dieses Thema aufmerksam machen werden. Und da wir ja in einer Zivilgesellschaft leben, sollte jeder Zivilist auch angehört

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werden. Die Frage bleibt allerdings: Wie lange dauert es bis dahin noch?

Datum: Freitag, 22.06.2012

Emmy aus Kenia

Reflektionen einer Woche…

Hätte man mich vor acht Wochen gefragt, bevor ich angefangen habe für diesen Blog zu schreiben, ob ich etwas mit dem Thema "Bildung" zu tun habe, dann wäre meine Antwort ein eindeutiges "Nein" gewesen. Ich hätte wohl erwähnt, dass ich Jugendliche im Bereich "Multimedia" trainiere und, dass ich bei einer Organisation arbeite, die Solarlampen an Schulen verteilt. Aber dieser Blog hat mir eine andere Sichtweise auf meine eigene Arbeit gegeben: Denn eigentlich habe ich mit dem Thema "Bildung" tagtäglich ganz schön viel zu tun.

Das letzte Wochenende war sehr faszinierend für mich. Endlich haben wir – Filamujuani, die Organisation, die ich zusammen mit einem Freund gegründet habe – unseren Fernsehsender TV Mtaani an den Start gebracht. TV Mtaani ist ein Bürger- TV-Sender in und aus Kibera. Dort gibt es Nachrichten über lokale Themen, Reportagen, Serien und sogar Werbung für Produkte oder Geschäfte aus Kibera. Es war beeindruckend zu sehen, dass so viele Menschen gekommen waren, um sich gemeinsam mit uns TV Mtaani das erste Mal anzuschauen.

Gleich danach habe ich mich mit der Organisation "Givewatts" auf den Weg nach Narok gemacht. Givewatts hat dort Solarlampen an zwei Schulen verteilt. In Narok wohnen besonders viele Massai, eine Volksgruppe, die eine nomadische Lebensweise führt. In ihren Manyattas (traditionelle Häuser) ist es stockdunkel. Und das bedeutet, dass die Lernsituation sehr schwierig ist. Und dazu kommt noch, dass sie als Nomaden oft sehr wenig Wert auf Bildung legen. Das hat mir Samuel Pere erzählt. Er ist Lehrer an der "Tumaini Academy", eine der Schulen, die Lampen bekommen haben. Sowohl die Jungs als auch die Mädchen müssen für ihre Bildung hart kämpfen.

Von den Jungs wird erwartet, dass sie mit den Kühen und Ziegen auf die Suche nach einer Weidefläche und Wasser gehen – besonders in der Trockenheit. Das bedeutet, dass sie oft nicht am Unterricht teilnehmen können. Ich habe das sogar mit meinen eigenen Augen gesehen: Als wir auf dem Weg nach Narok waren, haben wir viele große, schlaksige Jungs gesehen, die Herden über die Wiesen geführt haben.

Für die Mädchen ist es allerdings noch schwieriger. Von ihnen wird erwartet, dass sie mit 14 heiraten. In allen Schulen, die wir in Narok besucht haben, gab es immer weniger Mädchen. In einer gab es pro Klasse sogar immer nur ein Mädchen und 10 Jungs. Herr Pere hat uns auch erzählt, dass an der "Tumaini Academy" fast 50 Prozent mehr Jungs zur Schule gehen als Mädchen. Das ändere sich aber langsam, sagte er. Er glaube nämlich, dass die Lampen die Eltern positiv beeinflussten. Warum? Den meisten Eltern ist es einfach zu teuer und anstrengend immer Geld für Kerosin und Brennholz auszugeben, damit die Kinder bei Licht lernen können. Manche haben sogar Bücher verbrannt, damit ihre Kinder zu Hause nicht lernen können. Für die Eltern bedeutet Lernen einfach immer zusätzliche Kosten. Und dann lassen sie die Mädchen lieber zu Hause mitarbeiten. Diese Solarlampen könnten das

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jetzt alles ändern, sagte Pere. Wenn die Eltern sehen, dass ihre Nachbarn ihre Kinder zur Schule schicken, dann wird sie das ermutigen, auch ihre Kinder am Unterricht teilnehmen zu lassen. So lernen die Kinder bei Licht in der Schule und können auch dort ihre Aufgaben machen.

In der kommenden Woche werde ich am "Deutsche Welle Global Media Forum" in Bonn zum Thema Bildung teilnehmen. In den letzten Wochen habe ich viel erlebt und auch viel zum Thema Bildung geschrieben. Und ich kann gar nicht glauben, was ich alles für selbstverständlich gehalten habe während meiner eigenen Ausbildung. Es gibt so viele Studenten, denen es nicht so gut geht. Umso mehr freue ich mich auf die anderen Teilnehmer der Konferenz, bin gespannt, was sie zum Thema Bildung zu sagen haben. Aber natürlich freue ich mich auch auf die anderen Blogger.

Datum: Samstag, 23.06.2012

TEIL 3. ARTIKEL ZUM REFERIEREN

Artikel 1

11-річна освіта залишилася тільки в Україні, Росії та Білорусі

записала: Ірина ЧАЙКА

Газета по-українськи http://gazeta.ua/articles/352650 № 36, 21.07.2012

Лілія Гриневич, екс-керівник столичного управління освіти, називає 10 найбільших проблем сучасної української школи

Низький соціальний статус учителя.

Влада продовжує маніпуляції з тарифною сіткою. Мінімальна заробітна плата в країні – 888 гривень. І саме за нею має розраховуватися зарплатня вчителя, як і всім бюджетникам. Оклад молодого спеціаліста обчислюється з 8 – 9-тарифного розряду. У результаті він отримує 935 гривень. Прибиральниця без вищої освіти заробляє 888. Це демотивує молодих талановитих іти працювати в школу.

Треба повернутися до справедливої тарифної сітки. Зарплата вчителя повинна бути на рівні середньої у промисловості.

Намагання влади змінити ідеологію

Це ставить викладача перед моральним вибором. Вивчення історії, виховний процес прищеплюють дітям певні цінності, які лягають в основу патріотизму. А нам напередодні 1 вересня представляють нові підручники з історії для 5 класу. У них є зміни, які міністр мотивує тим, що історія має бути більш людиноцентричною. Наприклад, зі словосполучення "штучний Голодомор" забрали слово "штучний". Але хіба це людиноцентрична заміна? Це заміна ідеології. Також вилучені згадки про битву під Крутами та про Майдан. Не можна за будь-якого ставлення до цієї події повністю викреслювати її з підручника.

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