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Remarque, Erich Maria - Der schwarze Obelisk

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08.06.2015
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Die Tür ö net sich,und Georg erscheint in einem fuchsroten Pyjama.«Redest du vonWüstringen,Heinrich?»

«Wovon sonst?»

«DanngehindenKellerundschämedich.InWüstringenistein Menschgetötetworden!EinLebenistuntergegangen.EineWelt istfürjemandzerstörtworden.JederMord,jederTotschlagistder ersteTotschlagderWelt.KainundAbel,immerwieder!Wenndu unddeineGenossendaseinmalbegreifenwürden,gäbeesnicht so viel Kriegsgeschrei auf dieser an sich gesegneten Erde!» «Sklaven und Knechte gäbe es dann! Kriecher vor dem unmenschlichenVertrag vonVersailles!»

«DerVertragvonVersailles!Natürlich!»GeorgtuteinenSchritt vorwärts.DerDuftdesGlühweinsumschwebtihnstark.«Hätten wirdenKrieggewonnen,dannhättenwirunsereGegnernatürlichmitLiebeundGeschenkenüberhäuft,was?Hastduvergessen,was du und deine Genossen alles annektieren wollten? Die Ukraine,Brie,LongwyunddasgesamteErz-undKohlenbecken Frankreichs? Hat man uns die Ruhr weggenommen? Nein,wir habensienoch!Willstdubehaupten,daßunserFriedensvertrag nicht zehnmal härter geworden wäre,hätten wir nur einen diktieren können? Habe ich deine große Schnauze darüber nicht selbstnoch 9 7gehört?FrankreichsollteeinStaatdrittenRanges werden,riesigeStückeRußlandsmüßtenannektiertwerden,und alleGegnerhättenzuzahlenundSachwerteabzuliefernbiszum Weißbluten! Das warst du, Heinrich! Jetzt aber brüllst du im ChormitüberdieUngerechtigkeit,dieunsangetanwurde.Esist zumKotzenmiteuremSelbstmitleidundeuremRachegeschrei! Immeristeinandererschuld!IhrstinktvorSelbstgerechtigkeit, ihrPharisäer!Wißtihrnicht,daßdasersteZeicheneinesMannes darinbesteht,daßerdafüreinsteht,wasergetanhat?Euchaber ist nie etwas anderes als das größte Unrecht geschehen,und ihr

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unterscheideteuchnurineinemvonGott–Gottweißalles,aber ihr wißt alles besser.»

Georg sieht sich um, als erwache er. Sein Gesicht ist jetzt so rot wie sein Pyjama,und sogar die Glatze hat eine rosige Farbe. Heinrich ist erschreckt zurückgewichen.Georg folgt ihm.Er ist sehr wütend.Heinrich weicht weiter zurück.«Steck mich nicht an!»schreiter.«DublästmirjadeineBazilleninsGesicht!Wohin soll das führen,wenn wir beide die Grippe haben?» «Niemand dürfte mehr sterben»,sage ich.

Es ist ein schönes Bild, die kämpfenden Brüder zu sehen. Georg im roten Satinpyjama, schwitzend vor Wut, und Heinrich im kleinen Gesellschaftsanzug,voller Sorge,die Grippe zu erwischen.DieSzenewirdaußermirnochvonLisabeobachtet, dieineinemMorgenrockmiteingedrucktenSegelschi entrotz desWetters weit aus dem Fenster hängt.Im Hause Knopf steht dieTüro en.DerRegenhängtwieeinVorhangvonGlasperlen davor.Es ist so dunkel drinnen,daß die Mädchen bereits Licht gemachthaben.Mankönnteglauben,sieschwämmendaherum wie die Rheintöchter Wagners. Unter einem riesigen Schirm wandeltderTischlerWilkewieeinschwarzerPilzüberdenHof. Heinrich Kroll verschwindet, buchstäblich von Georg aus dem Büro gedrängt.«Gurgeln Sie mit Salzsäure»,rufe ich ihm nach. «Grippe ist bei Leuten Ihres Schlages tödlich.»

Georgbleibtstehenundlacht.«WasbinichfüreinIdiot»,sagt er.«Als ob die Sorte je etwas lernen würde!»

«Woher hast du das Pyjama?» frage ich.«Bist du in die kommunistische Partei eingetreten?»

Händeklatschenkommtvongegenüber.LisaüberschüttetGe- orgmitBeifall–einstarkesStückvonDisloyalitätgegenWatzek, den aufrechten Nationalsozialisten und künftigen Schlachthofdirektor. Georg verneigt sich, die Hand aufs Herz gedrückt.

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«Leg dich ins Bett»,sage ich.«Du bist ja ein Springbrunnen,so schwitzest du!»

«Schwitzen ist gesund! Schau dir den Regen an! Da schwitzt der Himmel. Und drüben das Stück Leben, in seinem o enen Morgenrock, mit weißen Zähnen und voll von Gelächter! Was tunwirhier?WarumzerspringenwirnichtwieFeuerwerk?Wenn wir einmal richtig wüßten,was Leben ist,würden wir zerspringen! Wozu verkaufe ich Denkmäler? Warum bin ich nicht eine Sternschnuppe?OdereinVogelGreif,derüberHollywoodhinstreichtunddiewunderbarstenFrauenausihrenSwimmingpools raubt?Weshalb müssen wir inWerdenbrück leben und Kämpfe im Café Central haben, anstatt eine Karawane nach Timbuktu auszurüsten und mit mahagonifarbenen Trägern in den weiten afrikanischenMorgenzuziehen?WarumhabenwirkeinBordell in Yokohama? Antworte! Es ist wichtig, das sofort zu wissen! Warum schwimmen wir nicht mit purpurnen Fischen um die Wette in den rotenAbenden von Tahiti?Antworte!»

Er greift nach der Flasche Kornschnaps.«Halt!» sage ich.«Es ist noch Wein da. Ich werde ihn sofort auf dem Spirituskocher heiß machen. Keinen Schnaps jetzt! Du hast Fieber! Roten, heißen Wein, gewürzt mit den Spezereien Indiens und der Sundainseln!»

«Gut! Erhitze ihn! Aber warum sind wir nicht selbst auf den Inseln der Ho nung und schlafen mit Frauen, die nach Zimt riechenundderenAugenweißwerden,wennwirsieunterdem südlichen Kreuz begatten, und die Schreie ausstoßen wie die Papageien und die Tiger?Antworte!»

Die blaue Flamme des Spirituskochers brennt wie das blaue Licht des Abenteuers im Halbdunkel des Büros. Der Regen rauschtwiedasMeer.«WirsindaufdemWeg,Kapitän»,sageich undnehmeeinengewaltigenZugKornschnaps,umGeorgnach-

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zukommen.«DieKaravellepassiertgeradeSantaCruz,Lissabon unddieGoldküste.DieSklavinnendesArabersMohammedben HassanbenWatzekstarrenausihrenKajütenundwinken.Hier ist EureWasserpfeife!»

IchreicheGeorgeineZigarreausderKistefürdiebestenAgenten. Er entzündet sie und bläst ein paar tadellose Rauchringe. Sein Pyjama zeigt dunkle Wasserflecke. «Auf dem Wege», sagt er.«Warum sind wir noch nicht da?»

«Wir sind da.Man ist immer und überall da.Zeit ist einVorurteil.DasistdasGeheimnisdesLebens.Manweißesnurnicht. Man bemüht sich immer,irgendwo anzukommen!»

«Warum weiß man es nicht?» fragt Georg.

«Zeit,Raum und das Kausalgesetz sind der Schleier der Maja, der die freie Sicht behindert.»

«Warum?»

«SiesinddiePeitschen,mitdenenGottverhindert,daßwirihm gleich werden. Er jagt uns mit ihnen durch ein Panorama von Illusionen und durch die Tragödie der Dualität.»

«Welcher Dualität?»

«DervonIchundWelt.VonSeinundLeben.ObjektundSubjekt sindnichtmehreins.GeburtundTodsinddieFolgen.DieKette klirrt.Wer sie zerreißt, zerreißt auch Geburt und Tod. Laßt es uns versuchen,Rabbi Kroll!»

DerWeindampft.ErriechtnachGewürznelkenundZitronen. Ich gebe Zucker hinein,und wir trinken.Beifall kommt aus der Kabine des Sklavenschi es Mohammed ben Hassan ben Jussuf benWatzekauf deranderenSeitedesGolfes.Wirverneigenuns und setzen die Gläser nieder.«Wir sind also unsterblich?» fragt Georg kurz und ungeduldig.

«Nur hypothetisch», erwidere ich. «In der Theorie – denn unsterblich ist der Gegensatz zu sterblich – also bereits eine

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Dualitätshälfte.ErstwennderSchleierderMajavölligreißt,geht dieDualitätzumTeufel.Dannistmanheimgekehrt,nichtmehr Objekt und Subjekt, sondern beides in einem, und alle Fragen sterben.»

«Das ist nicht genug!» «Was gibt es weiter?» «Man ist.Punkt.»

«AuchdasistderTeileinesPaares:Manist,manistnicht.Immer noch Dualität,Kapitän!Wir müssen darüber hinaus!» «Wie? Wenn wir die Schnauze aufmachen, haben wir sofort wiederdenTeileinesanderenPaaresamWickel.Dasgehtnicht so weiter! Sollen wir stumm durchs Leben gehen?»

«Das wäre der Gegensatz zu nicht-stumm.» «Verflucht!Wieder eine Falle!Was tun,Steuermann?»

Ich schweige und hebe das Glas hoch.Rot leuchtet der Reflex desWeines.Ich zeige auf den Regen und hebe ein Stück Granit von den Gesteinsproben hoch.Dann zeige ich auf Lisa,auf den Reflex im Glase, das Flüchtigste der Welt, auf den Granit, das Beständigste der Welt, stelle das Glas und den Granit fort und schließe dieAugen.Etwas wie ein Schauer läuft mir bei all dem Hokuspokus plötzlich den Rücken entlang. Sind wir vielleicht unwissentlich auf eine Spur geraten? Haben wir im Su einen magischen Schlüssel erwischt? Wo ist auf einmal das Zimmer? TreibtesimUniversum?WoistdieWelt?Passiertsiegeradedie Plejaden? Und wo ist der rote Reflex des Herzens? Ist er Polarstern,Achse und Zentrum in einem?

Frenetisches Beifallsklatschen von gegenüber. Ich ö ne die Augen.EinenMomentistkeinePerspektiveda.Allesistflachund weit und nah und rund zur selben Zeit und hat keinen Namen. Dannwirbelteszurückundstehtstillundistwiederdas,wases heißt.Wann war das schon einmal so? Es war schon einmal so!

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Ich weiß es irgendwoher,aber es fällt mir nicht ein.

Lisa schwenkt eine Flasche Kakaolikör aus dem Fenster. In diesem Augenblick geht die Türglocke.Wir winken Lisa hastig zu und schließen das Fenster.Bevor Georg verschwinden kann, ö net sich die Bürotür, und Liebermann, der Friedhofswärter des Stadtfriedhofes, tritt ein. Er umfaßt mit einem Blick den Spirituskocher,den Glühwein und Georgs Pyjama und krächzt: «Geburtstag?»

«Grippe»,erwidert Georg. «Gratuliere!»

«Was ist da zu gratulieren?»

«Grippe bringt Geschäft. Ich merke as draußen. Bedeutend mehr Tote.»

«HerrLiebermann»,sageichzudemrüstigenAchtzigjährigen. «WirsprechennichtvomGeschäft.HerrKrollhateinenschweren kosmischen Grippeanfall,den wir soeben heroisch bekämpfen. Wollen Sie auch ein Glas Medizin?»

«Ich bin Schnapstrinker.Wein macht mich nur nüchtern.» «Wir haben auch Schnaps.»

Ich schenke ihm einWasserglas voll ein.Er trinkt einen guten Schluck,nimmtdannseinenRucksackabundholtvierForellen hervor,dieingroßegrüneBlättereingeschlagensind.Sieriechen nach Fluß und Regen und Fisch.

«Ein Geschenk»,sagt Liebermann.

DieForellenliegenmitgebrochenenAugenaufdemTisch.Ihre grüne und graue Haut ist voll roter Flecken.Wir starren sie an. Sanft ist der Tod plötzlich wieder in den Raum eingebrochen, in dem soeben noch die Unsterblichkeit schwang – sanft und schweigend, mit dem Vorwurf der Kreatur gegen den Mörder und Allesesser Mensch, der von Frieden und Liebe redet und Lämmern die Kehle zerschneidet und Fische ersticken läßt,um

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Kraft genug zu haben,weiter über Frieden und Liebe zu reden

– Bodendiek,den Mann Gottes und saftigen Fleischesser,nicht ausgenommen.

«Ein schönes Abendessen»,sagt Liebermann.«Besonders für Sie,Herr Kroll.Leichte Krankenkost.»

Ich trage die toten Fische in die Küche und übergebe sie Frau Kroll,diesiefachkundigbetrachtet.«MitfrischerButter,gekochten Karto eln und Salat»,erklärt sie.

Ich sehe mich um. Die Küche glänzt, Licht strahlt aus den Kochtöpfenzurück,einePfannezischt,undesriechtgut.Küchen sindimmereinTrost.DerVorwurfschwindetausdenAugender Forellen.Aus toten Kreaturen wird plötzlich Nahrung,die man verschiedenartig zubereiten kann.Fast scheint es,als wären sie nur deswegen geboren worden.Was fürVerräter wir doch sind, denke ich,an unseren edleren Gefühlen!

Liebermann hat einige Adressen gebracht. Die Grippe wirkt sichtatsächlichbereitsaus.Leutesterben,weilsienichtvielWiderstandskraft haben.Der Hunger während des Krieges hat sie ohnehin schon geschwächt. Ich beschließe plötzlich, mir einen anderen Beruf zu suchen. Ich bin des Todes müde. Geoerg hat sich seinen Bademantel geholt. Er sitzt wie ein schwitzender Buddha da. Der Bademantel ist giftgrün. Georg liebt zu Hause scharfe Farben. Ich weiß jetzt auf einmal, woran mich unser Gesprächvorhinerinnerthat.Anetwas,wasIsabellevoreiniger Zeitgesagthat.Icherinneremichnichtmehrgenaudaran–aber es hatte mit dem Betrug der Dinge zu tun.Doch war es bei uns wirklicheinBetrug?OderwarenwirGotteinenAugenblickum einen Zentimeter näher?

Die Dichterklause im Hotel «Walhalla» ist ein kleiner getäfelter

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Raum.Eine Büste Goethes steht auf einem Regal mit Büchern, und Photographien und Stiche von deutschen Klassikern, RomantikernundeinpaarmodernenSchriftstellernhängenherum. DieKlauseistderVersammlungsortfürdenDichterklubunddie geistige Elite der Stadt. Jede Woche ist eine Sitzung. Selbst der Redakteur des Tageblattes erscheint ab und zu und wird o en umschmeichelt und geheim gehaßt,je nachdem,ob er Beiträge angenommen oder abgelehnt hat. Er macht sich nichts daraus. Wie ein milder Onkel schwebt er durch den Tabakrauch,verlästert,angegri en und verehrt – nur in einem sind sich alle über ihneinig:daßernichtsvonmodernerLiteraturversteht.Hinter TheodorStorm,EduardMörikeundGottfriedKellerbeginntfür ihn die großeWüste.

AußerihmkommennocheinpaarLandgerichtsräteundpensionierteBeamte,dieanLiteraturinteressiertsind;ArthurBauer undeinigeseinerKollegen;diePoetenderStadt,einpaarMaler und Musiker, und ab und zu als Gast ein Außenseiter. Arthur BauerwirdgeradevondemSpeichelleckerMatthiasGrundumkrochen,derhofft,Arthurwerdesein«BuchvomTodeinsieben Abteilungen»verlegen.EduardKnobloch,derGründerdesKlubs, erscheint.ErwirfteinenraschenBlickdurchdenRaumundheitert sich auf.Einige seiner Kritiker und Feinde sind nicht da.Er setzt sich zu meinem Erstaunen neben mich.Ich habe das nach demAbendmitdemHuhnnichterwartet.«Wiegeht’s?»fragter zudem ganz menschlich,nicht in seinem Speisesaalton.

«Brillant»,sage ich,weil ich weiß,daß ihn das ärgert.

«Ich habe eine neue Sonett-Serie vor»,erklärt er,ohne darauf einzugehen.«Ich ho e doch,du hast nichts dagegen.»

«Was soll ich dagegen haben? Ich ho e,sie reimen sich.» IchbinEduardüberlegen,weilichbereitszweiSonetteimTageblattverö entlichthabe;erjedochnurzweiLehrgedichte.«Es

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isteinZyklus»,sagter,zumeinerÜberraschungleichtverlegen. «Die Sache ist:Ich möchte ihn ,Gerda‘ nennen.»

«Nenneihn,wiedu–»Ichunterbrechemich.«Gerda,sagstdu? Warum Gerda? Gerda Schneider?»

«Unsinn! Einfach Gerda.»

Ich mustere den fetten Riesen argwöhnisch. «Was soll denn das heißen?»

Eduard lacht falsch. «Nichts. Nur eine poetische Lizenz. Die Sonette haben etwas mit Zirkus zu tun.Entfernt,natürlich.Wie duweißt,belebtesdiePhantasie,wennsie–auchnurtheoretisch

konkret fixiert wird.»

«Laß die Faxen»,sage ich.«Komm raus mit der Sprache!Was

soll das heißen,du Falschspieler?»

«Falschspieler?» erwidert Eduard mit gespielter Empörung. «Das kann man wohl eher von dir sagen! Hast du nicht getan, alswäredieDameeineSängerinwiedieekelhafteFreundinvon Willy?»

«Nie.Du hast es nur geglaubt.»

«Naschön»,erklärtEduard.«DieSachehatmirkeineRuhegegeben.Ichbinihrnachgegangen.Undichhabeherausgefunden, daß du gelogen hast.Sie ist gar keine Sängerin.»

«Habe ich das denn gesagt? Habe ich dir nicht gesagt, sie sei beim Zirkus?»

«Das hast du.Aber du hast mit der Wahrheit so gelogen,daß ich sie nicht geglaubt habe.Und dann hast du die andere Dame imitiert.»

«Wie hast du das alles herausgefunden?»

«Ich habe Mademoiselle Schneider zufällig auf der Straße getro en und sie gefragt.Das darf man ja wohl noch,was?» «Und wenn sie dich angeschwindelt hat?»

Eduard hat plötzlich ein ekelhaft sü santes Lächeln auf

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seinem Babygesicht und schweigt. «Hör zu», sage ich alarmiert und sehr ruhig. «Diese Dame ist nicht mit Sonetten zu gewinnen.»

Eduard reagiert darauf nicht. Er zeigt weiter die Überlegenheit eines Poeten, der außer Gedichten noch ein erstklassiges Restaurantbesitzt,undichhabegesehen,daßGerdadasterblich ist.«DuSchurke»,erkläreichwütend.«Dasallesnütztdirnichts. Die Dame fährt in ein paar Tagen ab.»

«Siefährtnichtab»,erwidertEduardundentblößtzumersten Male,seit ich ihn kenne,sein Gebiß.«IhrVertrag ist heute verlängert worden.»

Ich starre ihn an. Der Lump weiß mehr als ich. «Du hast sie also heute auch getro en?»

Eduardbeginntetwaszustottern.«Zufälligheute–daswares doch! Nur heute.»

Die Lüge steht groß auf seinen dicken Backen geschrieben. «So, und da hattest du gleich die Inspiration mit der Widmung?» sage ich.«So vergiltst du mir unsere treue Kundschaft? MiteinemKüchenmesserstichindieRichtungderGeschlechtsteile,du Tellerwäscher?»

«Eure verdammte Kundschaft kann mir –»

«HastduihrdieSonettenichtauchschongeschickt,duimpotenterPfau?»unterbrecheichihn.«Laßnur,dubrauchstesnicht abzuleugnen!Ichwerdesieschonohnehinsehen,duBettenmacher für fremde Schmutzfinken!»

«Was?Wie?»

«Deine Sonette, du Muttermörder! Habe ich dir nicht beigebracht, wie man überhaupt welche schreibt? Ein schöner Dank! Hättest du noch wenigstens den Anstand besessen, ihr Ritornelle oder Oden zu schicken! Aber nein, meine eigenen Wa en – na, Gerda wird mir das Zeug ja zeigen, damit ich es

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