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Remarque, Erich Maria - Der schwarze Obelisk

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08.06.2015
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–abersonstkannesdochrechtstörendwirken,besonderswenn in der Nähe dann noch eine leere Schnapsflasche in der frühen Sonne glänzt.

Ich übersehe die Ausstellung. Sie wirkt gefällig, soweit man das von Leichensteinen sagen kann. Die beiden Kreuze stehen schimmernd auf ihren Sockeln in der Morgensonne, Symbole der Ewigkeit,geschli ene Teiledereinst glühendenErde,erkaltet, poliert und jetzt bereit, für immer den Namen irgendeines erfolgreichen Geschäftsmannes oder reichen Schiebers für die Nachwelt aufzubewahren – denn selbst ein Gauner will nicht gern ganz ohne Spur von diesem Planeten verschwinden.

«Georg», sage ich, «wir müssen aufpassen, daß dein Bruder unser Werdenbrücker Golgatha nicht an ein paar Mistbauern verkauft,dieerstnachderErntezahlen.Laßunsandiesemblauen Tag,unterVogelgesangundKa eegeruch,einenheiligenSchwur schwören: Die beiden Kreuze werden nur gegen Barzahlung verkauft!»

Georgschmunzelt.«Esistnichtganzsogefährlich.Wirhaben unsernWechselindreiWocheneinzulösen.SolangewirdasGeld früher hereinbekommen,haben wir verdient.»

«Wasverdient?»erwidereich.«EineIllusion–biszumnächsten Dollarkurs.»

«Du bist manchmal zu geschäftlich», Georg zündet sich umständlicheineZigarreimWertevonfünftausendMarkan.«AnstattzujammernsolltestdulieberdieInflationalsumgekehrtes SymboldesLebensau assen.JedergelebteTagisteinTagDasein weniger.WirlebenvomKapital,nichtvondenZinsen.JedenTag steigtderDollar;aberjedeNachtfälltderKursdeinesLebensum einen Tag.Wie wäre es mit einem Sonett darüber?»

Ich betrachte den selbstgefälligen Sokrates der Hakenstraße.

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Leichter Schweiß ziert seinen kahlen Kopf wie Perlen ein helles Kleid.«Esisterstaunlich,wiephilosophischmanseinkann,wenn man nachts nicht allein geschlafen hat»,sage ich.

Georg zuckt nicht mit der Wimper.«Wann sonst?» erklärt er ruhig. «Philosophie soll heiter sein und nicht gequält. Metaphysische Spekulationen damit zu verknüpfen ist dasselbe,wie Sinnenfreude mit dem, was die Mitglieder eures Dichterklubs ideale Liebe nennen.Es wird ein unerträglicher Mischmasch.» «EinMischmasch?»sageich,irgendwogetro en.«Sieheinmal an,duKleinbürgerdesAbenteuers!DuSchmetterlingssammler, der alles auf Nadeln spießen will! Weißt du nicht, daß man tot ist ohne das,was du Mischmasch nennst?»

«Nicht die Spur.Ich halte nur die Dinge auseinander.» Georg bläst mir den Rauch seiner Zigarre ins Gesicht.

«Ich leide lieber würdig und mit philosophischer Schwermut an der Flüchtigkeit des Lebens, als daß ich den vulgären Irrtum mitmache, irgendeine Minna oder Anna mit dem kühlen Geheimnis des Daseins zu verwechseln und anzunehmen, die Welt ende, wenn Minna oder Anna einen anderen Karl oder Josef bevorzugen. Oder eine Erna einen riesigen Säugling in englischem Kammgarn.»

Er grinst.Ich sehe ihm kalt in sein verräterischesAuge. «EinbilligerSchuß,Heinrichswürdig!»sageich.«Duschlichter GenießerdesErreichbaren!Willstdumireinmalerklären,wozu dudennmitLeidenschaftZeitschriftenliest,indenenesvonunerreichbaren Sirenen,Skandalen aus der höchsten Gesellschaft, Damen des Theaters und Herzensbrecherinnen im Film nur so wimmelt?»

Georg bläst mir abermals für dreihundert Mark Rauch in die Augen.«DastueichfürmeinePhantasie.Hastdunieetwasvon himmlischerundirdischerLiebegehört?Duhastdocherstkürz-

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lich versucht,sie in deiner Erna zu vereinigen,und eine schöne Lehrebekommen,dubraverKolonialwarenhändlerderLiebe,der Sauerkraut und Kaviar im selben Laden haben möchte! Weißt du denn immer noch nicht,daß dann das Sauerkraut nie nach Kaviar, aber der Kaviar immer nach Sauerkraut schmeckt? Ich haltesieweitauseinander,unddusolltestdasauchtun!Esmacht dasLebenbequem.Undnunkomm,wirwollenEduardKnobloch peinigen.Er serviert heute Schmorbraten mit Nudeln.»

IchnickeundholewortlosmeinenHut.Georghatmich,ohne es zu merken,schwer angeschlagen – aber der Teufel soll mich holen,wenn ich es ihn merken lasse.

Als ich zurückkomme,sitzt Gerda Schneider im Büro.Sie trägt einen grünen Sweater,einen kurzen Rock und große Ohrringe mitfalschenSteinen.AndielinkeSeitedesSweatershatsieeine derBlumenausRiesenfeldsBukettgesteckt,dasaußerordentlich dauerhaftgewesenseinmuß.Siedeutetdarauf undsagt:«Merci! Alles war neidisch.Das war ein Busch für eine Primadonna.» Ich sehe sie an.Da sitzt wahrscheinlich genau das,was Georg unter irdischer Liebe versteht, denke ich – klar, fest, jung und ohnePhrasen.IchhabeihrBlumengeschickt,undsieistgekommen,basta.SiehatdieBlumensoaufgefaßt,wieeinvernünftiger Mensch es tun sollte.Anstatt langes Theater zu machen, ist sie da. Sie hat akzeptiert, und jetzt ist eigentlich nichts mehr zu besprechen.

«Was machst du heute nachmittag?» fragt sie.

«Ich arbeite bis fünf.Dann gebe ich einem Idioten eine Nachhilfestunde.»

«Worin? In Idiotie?»

Ich grinse.«Wenn man es richtig ansieht,ja.»

«Daswärebissechs.KommnachherindenAltstädterHof.Ich

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trainiere da.»

«Gut»,sage ich,bevor ich nachdenke. Gerda steht auf.«Also dann –»

Sie hält mir ihr Gesicht hin. Ich bin überrascht. So viel hatte ich mit meiner Blumensendung gar nicht beabsichtigt. Aber warumeigentlichnicht?Georghatwahrscheinlichrecht:Liebesschmerz soll man nicht mit Philosophie bekämpfen – nur mit einer anderen Frau.Vorsichtig küsse ich Gerda auf die Wange. «Dummkopf!» sagt sie und küßt mich herzhaft auf den Mund. «Reisende Artisten haben nicht viel Zeit übrig für Firlefanz.In zweiWochen muß ich weiter.Also bis heute abend.»

Sie geht aufrecht mit ihren festen, kräftigen Beinen und den kräftigen Schultern hinaus. Auf dem Kopf trägt sie eine rote Baskenmütze. Sie scheint Farben zu lieben. Draußen bleibt sie nebendemObeliskenstehenundblicktaufunserGolgatha.«Das ist unser Lager»,sage ich.

Sie nickt.«Bringt es was ein?» «So so – in diesen Zeiten –» «Und du bist hier angestellt?» «Ja.Komisch,was?»

«Nichts ist komisch»,sagt Gerda.«Was sollte ich sonst sagen, wennichinderRotenMühlemeinenKopfvonrückwärtsdurch die Beine stecke? Glaubst du,Gott hätte das gewollt,als er mich erschuf?Also bis sechs.»

Die alte Frau Kroll kommt mit einer Gießkanne aus dem Garten.«Das ist ein ordentliches Mädchen»,sagt sie und blickt Gerda nach.«Was ist sie?»

«Akrobatin.»

«So,Akrobatin!» erwidert sie überrascht.«Akrobatinnen sind meistens ordentliche Menschen.Sie ist keine Sängerin,was?» «Nein.Eine richtigeAkrobatin.Mit Saltos,Handständen und

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Verrenkungen wie ein Schlangenmensch.»

«Sie kennen sie ja ziemlich genau.Wollte sie etwas kaufen?» «Noch nicht.»

Sielacht.IhreBrillengläserglitzern.«MeinlieberLudwig»,sagt sie. «Sie glauben nicht, wie närrisch Ihnen Ihr jetziges Leben einmal vorkommen wird,wenn Sie siebzig sind.»

«Dessen bin ich noch gar nicht so sicher», erkläre ich. «Es kommt mir nämlich gerade jetzt schon ziemlich närrisch vor. Was halten Sie übrigens von der Liebe?»

«Wovon?»

«Von der Liebe.Der himmlischen und der irdischen Liebe.» FrauKrolllachtherzlich.«Dashabeichlängstvergessen.Gott sei Dank!»

IchsteheinderBuchhandlungArthurBauers.HeuteistderZahlungstag für die Nachhilfestunden,die ich seinem Sohn erteile. Arthur junior hat die Gelegenheit benützt,mir zur Begrüßung ein paar Heftzwecken auf meinen Stuhl zu legen.Ich hätte ihm dafürgerneseinSchafsgesichtindasGoldfischglasgetunkt,das denPlüschsalonziert,aberichmußtemichbeherrschen–Arthur junior weiß das.

«Also Yoga», sagt Arthur senior jovial und schiebt mir einen Packen Bücher zu. «Ich habe Ihnen hier herausgelegt, was wir haben.Yoga,Buddhismus,Askese,Nabelschau–wollenSieFakir werden?»

Ich mustere ihn mißbilligend.Er ist klein,hat einen Spitzbart und flinke Augen. Noch ein Schütze heute, denke ich, der auf mein ramponiertes Herz anlegt! Aber dich billige Spottdrossel werde ich schon kriegen, du bist kein Georg! Scharf sage ich: «Was ist der Sinn des Lebens,Herr Bauer?»

Arthur sieht mich erwartungsvoll wie ein Pudel an.«Und?»

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«Was,und?»

«Wo ist die Pointe? Sie erzählen doch einen Witz – oder nicht?»

«Nein»,erwidereichkühl.«DiesisteineRundfragezumHeile meiner jungen Seele. Ich stelle sie vielen Menschen, besonders solchen,die es wissen sollten.»

Arthur greift in seinen Bart wie in eine Harfe. «Sie fragen doch nicht im Ernst, an einem Montagnachmittag, mitten in der Hauptgeschäftszeit,so etwas Blödsinniges,und wollen auch noch eineAntwort darauf haben?»

«Doch»,sageich.«AberbekennenSienurgleich!Siewissenes auch nicht! Sie,trotz aller Ihrer Bücher!»

ArthurgibtseinenBartfrei,umsichindenLockenzuwühlen. «Herrgott, was manche Menschen für Sorgen haben! Erörtern Sie die Sache doch in Ihrem Dichterklub!»

«Im Dichterklub gibt es nur poetische Verbrämungen dafür. Ich aber will dieWahrheit wissen.Wozu existiere ich sonst und bin keinWurm?»

«Wahrheit!» Arthur meckert. «Das ist was für Pilatus! Mich geht das nichts an. Ich bin Buchhändler, Gatte und Vater, das genügt mir.»

Ich sehe den Buchhändler, Gatten und Vater an. Er hat einen Pickel rechts neben der Nase. «So, das genügt Ihnen», sage ich schneidend.

«Das genügt», erwidert Arthur fest. «Manchmal ist es schon zu viel.»

«Genügte es Ihnen auch, als Sie fünfundzwanzig Jahre alt waren?»

Arthur ö net seine blauenAugen,so weit er kann.«Mit fünfundzwanzig? Nein.Damals wollte ich es noch werden.» «Was?» frage ich ho nungsvoll.«Ein Mensch?»

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«Besitzer dieser Buchhandlung, Gatte und Vater. Mensch bin ich sowieso.Fakir noch nicht.»

Er schwänzelt nach diesem harmlosen zweiten Schuß eilig davon,einerDamemitreichemHängebusenentgegen,dieeinen Roman von Rudolf Herzog verlangt.Ich blättere flüchtig in den Büchern über das Glück der Askese und lege sie rasch beiseite. TagsüberistmanzudiesenDingenbedeutendwenigeraufgelegt als nachts,allein,wenn einem nichts anderes übrigbleibt.

Ich gehe zu den Regalen mit den Werken über Religion und Philosophie.SiesindArthurBauersStolz.Erhathiersoziemlich alles, was die Menschheit in ein paar tausend Jahren über den Sinn des Lebens zusammengedacht hat.Es müßte also möglich sein, für ein paar hunderttausend Mark ausreichend darüber informiert zu werden – eigentlich bereits für weniger, sagen wir für zwanzigbis dreißigtausend Mark;denn wenn der Sinn desLebenserkennbarwäre,sollteschoneineinzigesBuchdazu genügen.Aberwoistes?IchblickedieReihenhinaufundhinab. DieAbteilungistsehrumfangreich,unddasmachtmichplötzlich stutzig. Es scheint mit der Wahrheit und dem Sinn des Lebens so zu sein, wie mit den Haarwässern – jede Firma preist ihres als das alleinseligmachende an – aber Georg Kroll, der sie alle probiert hat, hat trotzdem einen kahlen Kopf behalten, und er hätte es von Anfang an wissen sollen.Wenn es ein Haarwasser gäbe,daswirklichHaarwachsenließe,gäbeesnurdaseine,und die anderen wären längst pleite.

Bauer kommt zurück.«Na,was gefunden?» «Nein.»

Er betrachtet die beiseite geschobenen Bände.«Also Fakir hat keinen Zweck,was?»

Ich weise den schlichtenWitzbold nicht direkt zurecht. «BücherhabenüberhauptkeinenZweck»,sageichstattdessen.

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«Wennmansieht,washierallesgeschriebenistundwieestrotzdeminderWeltaussieht,solltemannurnochdieSpeisekarte,im Walhalla und die Familiennachrichten im Tageblatt lesen.» «Wieso?» fragt der Buchhändler, Gatte und Vater leicht erschreckt.«Lesen bildet,das weiß jeder.»

«Wirklich?»

«Natürlich!Wo blieben sonst wir Buchhändler?»

Arthur saust wieder davon. Ein Mann mit kurzgestutztem Schnurrbart verlangt dasWerk «Im Felde unbesiegt».

Es ist der große Schlager der Nachkriegszeit.Ein arbeitsloser Generalbeweistdarin,daßdasdeutscheHeerimKriegebiszum Ende siegreich war.

ArthurverkauftdieGeschenkausgabeinLedermitGoldschnitt. BesänftigtdurchdasguteGeschäftkommterzurück.«Wiewär’s mit etwas Klassischem?Antiquarisch natürlich!»

Ich schüttle den Kopf und zeige wortlos ein Buch vor,das ich inzwischen auf dem Auslagetisch gefunden habe. Es ist «Der MannvonWelt»,einBrevierfürguteManiereninallenLebenslagen.Geduldig erwarte ich die unumgänglichen schalenWitze überFakir-Kavaliereundsoähnliches.AberArthurwitzeltnicht. «Nützliches Buch»,erklärt er sachlich.«Sollte in Massenauflage erscheinen.Also gut,dann sind wir quitt,was?»

«Noch nicht. Ich habe noch etwas zugut.» Ich hebe einen dünnen Band hoch. «Das Gastmahl» von Plato. «Das kommt noch dazu.»

Arthur rechnet im Kopf.«Stimmt nicht ganz,aber meinetwegen.Rechnen wir ,Das Gastmahl‘ antiquarisch.»

IchlassemirdasBrevierfürguteManiereninPapiereinschlagenundmitBindfadenverknoten.Ichmöchteumnichtsinder Welt damit von jemand erwischt werden.Trotzdem beschließe ich, es heute abend zu studieren. Etwas Schli kann niemand

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schaden, und Ernas Beschimpfungen sitzen mir noch in den Knochen. Der Krieg hat uns ziemlich verwildert, und flegelige Manierenkannmansichheutenurnochleisten,wenneinedicke Brieftasche sie zudeckt.Die aber habe ich nicht.

Zufrieden trete ich auf die Straße. Lärmend dringt draußen das Dasein sofort auf mich ein.In einem brandroten Kabriolett saustWilly an mir vorüber,ohne mich zu sehen.Ich presse das BrevierfürWeltleutefestunterdenArm.ReininsLeben!denke ich. Hoch die irdische Liebe! Fort mit den Träumen! Fort mit den Gespenstern! Das gilt für Erna sowohl als auch für Isabelle. Für meine Seele habe ich ja immer noch den Plato.

Der Altstädter Hof ist eine Kneipe, in der wandernde Artisten, Zigeuner und Fuhrleute verkehren. Im ersten Stock gibt es ein DutzendZimmerzuvermieten,undimHinterhausbefindetsich eingroßerSaalmiteinemKlavierundeinerAnzahlTurngeräten, in dem die Artisten ihre Nummern üben können. Das Hauptgeschäft aber ist die Kneipe.Sie gilt nicht nur als Tre punkt der Wanderer vom Variete; auch die Unterwelt der Stadt verkehrt hier.

Ichö nedieTürzumhinterenSaal.AmKlavierstehtRenéede la Tour und übt ein Duett.Im Hintergrund dressiert ein Mann zwei weiße Spitze und einen Pudel.Zwei kräftige Frauen liegen aufeinerMatteundrauchen,undamTrapez,dieFüßezwischen dieHändeunterdieStangegesteckt,denRückendurchgedrückt, schwingt Gerda auf mich los wie eine fliegende Galionsfigur.

DiebeidenkräftigenFrauensindimBadeanzug.Sieräkelnsich, und ihre Muskeln spielen.Es sind ohne Zweifel die RingkämpferinnenvomProgrammdesAltstädterHofes.Renéebrülltmir miterstklassigerKommandostimmegutenAbendzuundkommt zumirherüber.DerDresseurpfeift.DieHundeschlagenSaltos.

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Gerda saust gleichmäßig auf dem Trapez hin und zurück und erinnertmichandenAugenblick,alssiemichinderRotenMühle zwischen ihren Beinen hindurch ansah.Sie trägt ein schwarzes Trikot und um das Haar ein festgeknotetes rotes Tuch.

«Sie übt»,erklärt Renée.«Sie will zum Zirkus zurück.» «Zum Zirkus?» Ich sehe Gerda mit neuem Interesse an. «War sie schon einmal beim Zirkus?»

«Natürlich. Da ist sie ja groß geworden. Aber der Zirkus ist pleite gegangen. Konnte das Fleisch für die Löwen nicht mehr bezahlen.»

«War sie mit den Löwen?»

RenéelachtwieeinFeldwebelundsiehtmichspöttischan.«Das wäre aufregend,was? Nein,sie warAkrobatin.»

Gerda saust wieder über uns hin.Mit starren Augen sieht sie mich an, als wolle sie mich hypnotisieren. Sie meint mich aber gar nicht;sie starrt nur vorAnstrengung.

«IstWilly eigentlich reich?» fragt Renée de la Tour.

«Ich glaube schon. Was man heute so reich nennt. Er hat Geschäfte und einen HaufenAktien,die jeden Tag steigen.Warum?»

«Ich habe es gern,wenn Männer reich sind.» Renée lacht mit ihremSopran.«JedeDamehatdasgern»,brülltsiedannwieauf dem Kasernenhof.

«Dashabeichgemerkt»,erkläreichbitter.«EinreicherSchieber ist besser als ein ehrenhafter ärmererAngestellter.»

Renée schüttelt sich vor Lachen.«Reich und ehrlich geht nicht zusammen,Baby!Heutenicht!Wahrscheinlichfrüherauchnie.» «Höchstens,wenn man erbt oder das große Los gewinnt.» «Auchdannnicht.GeldverdirbtdenCharakter,wissenSiedas noch nicht?»

«Das weiß ich.Aber weshalb legen Sie sovielWert darauf?»

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