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Remarque, Erich Maria - Der schwarze Obelisk

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08.06.2015
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aus derWand.Gib mal den Hammer her.» «Blase ihn erst aus derWand.»

Der Dicke bläst nicht.Er zerrt kräftig,und der Nagel ist draußen.«Mit meiner Hand»,sagt Karl Brill,«kann ich einen Nagel durch eine Tischplatte schlagen. Mit meinem Hintern nicht. WennihrsolcheBedingungenstellt,lassenwirdasGanzelieber sein.»

DerDickeantwortetnicht.ErnimmtdenHammerundschlägt den Nagel an einer anderen Stelle derWand ein.

«Hier,wie ist das?»

KarlBrillprüft.EtwasechsodersiebenZentimeterdesNagels ragennochausderWand.«Zufest.Denkannmannichteinmal mit der Hand mehr herausreißen.»

«Entweder – oder»,erklärt der Dicke.

Karl prüft noch einmal.Der Dicke legt den Hammer auf den Ladentischundmerktnicht,daßKarljedesmal,wennerprobiert, wie fest der Nagel sei,ihn dadurch lockert.

«IchkannkeineWetteeinszueinsdaraufannehmen»,sagtKarl schließlich.«Nur zwei zu eins,und auch da muß ich verlieren.» Sie einigen sich auf sechs zu vier.Ein Haufen Geld türmt sich auf dem Ladentisch. Karl hat noch zweimal entrüstet an dem Nagel gezerrt,um zu zeigen,wie unmöglich die Wette sei.Jetzt spieleichden«EinzugderGladiatoren»,undbalddaraufrauscht Frau Beckmann in die Werkstatt, in einen losen, lachsroten chinesischen Kimono gekleidet,mit eingestickten Päonien und einem Phönix auf dem Rücken.

SieisteineimposanteFigurmitdemKopf einesBullenbeißers, aber eines eher hübschen Bullenbeißers.Sie hat reiches,krauses, schwarzesHaarundglänzendeKirschenaugen–derRestistbul- lenbeißerisch, besonders das Kinn. Der Körper ist mächtig und völligausEisen.EinPaarsteinharterBrüsteragtwieeinBollwerk

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hervor,dannkommteineimVerhältniszierlicheTailleunddann das berühmte Gesäß, um das es hier geht. Es ist gewaltig und ebenfallssteinhart.SelbsteinemSchmiedsollesangeblichunmöglich sein,hineinzukneifen,wenn Frau Beckmann es anspannt;er brichtsicheherdieFinger.KarlBrillhatauchdamitschonWetten gewonnen,allerdingsnurimintimstenFreundeskreise.Heute,wo derDickedabeiist,wirdnurdasandereExperimentgemacht–den NagelmitdemGesäßausderWandzureißen.

Allesgehtsehrsportlichundkavaliersmäßigzu;FrauBeckmann grüßt zwar,ist aber sonst reserviert und beinahe abweisend.Sie betrachtetdieAngelegenheitnurvondersportlich-geschäftlichen Seite.RuhigstelltsiesichmitdemRückenzurWand,hintereinen niedrigenParavent,machteinpaarfachmännischeBewegungen und steht dann still, das Kinn gereckt, bereit, und ernst, wie es sich bei einer großen sportlichen Leistung geziemt.

Ich breche den Marsch ab und beginne zwei tiefe Triller, die klingen sollen wie die Trommeln beim Todessprung im Zirkus Busch.FrauBeckmannstrafftsichundentspanntsich.Siestrafft sich noch zweimal. Karl Brill wird nervös. Frau Beckmann erstarrt wieder,dieAugen zur Decke gerichtet,die Zähne zusammengebissen.Dannklappertes,undsietrittvonderWandweg. Der Nagel liegt auf dem Boden.

Ich spiele «Das Gebet einer Jungfrau», eine ihrer Lieblingsnummern.Sie dankt mit einem graziösen Neigen ihres starken Hauptes, wünscht eine wohlklingende «Gute Nacht allerseits», rafft den Kimono enger um sich herum und entschwindet.

KarlBrillkassiert.ErreichtmirmeinGeldherüber.DerDicke inspiziert den Nagel und dieWand.«Fabelhaft»,sagt er.

Ichspieledas«Alpenglühen»unddas«Weserlied»,zweiweitere FavoritenFrauBeckmanns.SiekannsieimoberenStockhören. Karl blinzelt mir stolz zu;er ist ja schließlich der Besitzer dieser

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imposanten Kneifzange. Steinhäger, Bier und Korn fließen. Ich trinke ein paar mit und spiele weiter.Es paßt mir,jetzt nicht allein zu sein.Ich möchte nachdenken,und trotzdem auf keinen Fall nachdenken. Meine Hände sind voll einer unbekannten Zärtlichkeit, etwas weht und scheint sich an mich zu drängen, die Werkstatt verschwindet,der Regen ist wieder da,der Nebel undIsabelleunddasDunkel.Sieistnichtkrank,denkeich,und weißdoch,daßsieesist–aberwennsiekrankist,dannsindwir alle noch kränker –

Ein lauter Streit weckt mich. Der Dicke hat Frau Beckmanns Formen nicht vergessen können.Angefeuert durch eineAnzahl Schnäpse hat er Karl Brill ein dreifaches Angebot gemacht: fünf Millionen für einen Nachmittag mit Frau Beckmann zum Tee – eine Million für ein kurzes Gespräch jetzt,bei dem er sie wahrscheinlich zu einem ehrenhaften Abendessen ohne Karl Brill einladen möchte – und zwei Millionen für ein paar gute Gri e an das Prachtstück der Beckmannschen Anatomie, hier in der Werkstatt,unter Brüdern in fröhlicher Gesellschaft,also durchaus ehrenhaft.

Jetzt aber zeigt sich der Charakter Karls.Wenn der Dicke nur sportlich interessiert wäre,könnte er die Gri e vielleicht haben, schon gegen eineWette von solch einer Lumperei wie hundert- tausendMark–aberinbockhafterLustwirdsogarderGedanke an einen solchen Gri von Karl als schwere Beleidigung empfunden. «So eine Schweinerei!» brüllt er. «Ich dachte, ich hätte nur Kavaliere hier!»

«Ich bin Kavalier», lallt der Dicke. «Deshalb ja mein Angebot.»

«Sie sind ein Schwein.»

«Das auch. Sonst wäre ich ja kein Kavalier. Sie sollten stolz sein,bei einer solchen Dame – haben Sie denn kein Herz in der

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Brust? Was kann ich machen, wenn meine Natur sich in mir aufbäumt?Wozu sind Sie beleidigt? Sie sind doch nicht mit ihr verheiratet!»

Ich sehe,wie Karl Brill zuckt,als hätte man ihn angeschossen. Er lebt in wilder Ehe mit Frau Beckmann, die eigentlich seine Haushälterin ist.Warum er sie nicht heiratet,weiß niemand — höchstensausderselbenHartnäckigkeitseinesCharaktersheraus, mitdererauchimWintereinLochinsEishaut,umschwimmen zu können.Trotzdem ist dies seine schwache Stelle.

«Ich»,stottertderDicke,«würdeeinsolchesJuwelaufHänden tragenundsieinSamtundSeidehüllen–Seide,roteSeide–»,er schluchzt fast und malt üppige Formen in die Luft.Die Flasche neben ihm ist leer. Es ist ein tragischer Fall von Liebe auf den erstenBlick.Ichspieleweiter.DieVorstellung,daßderDickeFrau Beckmann auf Händen tragen könnte,ist zuviel für mich.

«Raus!» erklärt Karl Brill. «Es ist genug. Ich hasse es, Gäste rauszuschmeißen,aber –»

EinfurchtbarerSchreiertöntausdemHintergrund.Wirspringen auf.Ein kleiner Mann tanzt dort herum.Karl stürzt auf ihn zu, greift nach einer Schere und stellt eine Maschine ab. Der kleine Mann wird ohnmächtig.

«Verdammt! Wer kann auch wissen, daß er im Su an der Schnellbesohlmaschine herumspielt!» flucht Karl.

Wir besichtigen die Hand.Ein paar Fäden hängen heraus.Es hat ihn zwischen Zeigefinger und Daumen im weichen Fleisch erwischt–einGlück.KarlgießtSchnapsaufdieWunde,undder kleine Mann kommt zu sich.

«Amputiert?» fragt er voll Grauen,als er seine Hand in Karls Pfoten sieht.

«Unsinn,derArm ist noch dran.»

Der Mann seufzt erleichtert,als Karl ihm denArm vor seinen

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Augen schüttelt.«Blutvergiftung,was?» fragt er.

«Nein. Aber die Maschine wird rostig von deinem Blut.Wir werden deine Flosse mitAlkohol waschen,Jod draufschmieren und sie verbinden.»

«Jod? Tut das nicht weh?»

«EsbeißteineSekunde.So,alsobdeineHandeinensehrscharfen Schnaps trinkt.»

Der kleine Mann reißt seine Hand weg.«Den Schnaps trinke ich lieber selbst.»

ErholteinnichtzusauberesTaschentuchhervor,wickeltesum die Pfote und greift nach der Flasche.Karl grinst.Dann sieht er umher und wird unruhig.«Wo ist der Dicke?»

Keiner weiß es. «Vielleicht hat er sich dünne gemacht», sagt jemandundbekommteinenSchluckaufvorLachenüberseinen Witz.

DieTürö netsich.DerDickeerscheint;waagerechtvornübergebeugtstolperterherein,hinterihm,imlachsfarbenenKimono, FrauBeckmann.SiehatihmdieArmenachhintenhochgedreht und stößt ihn in dieWerkstatt.Mit einem kräftigen Schubs läßt sie los. Der Dicke fällt vornüber in die Abteilung für Damenschuhe. Frau Beckmann macht eine Bewegung, als stäube sie sich die Hände ab,und geht hinaus.Karl Brill tut einen riesigen Satz. Er zerrt den Dicken hoch. «Meine Arme!» wimmert der verschmähte Liebhaber.«Sie hat sie mir ausgedreht! Und mein Bauch! Oh,mein Bauch!Was für ein Schlag!»

Er braucht uns nichts zu erklären. Frau Beckmann ist ein ebenbürtiger Gegner für Karl Brill,denWinterschwimmer und erstklassigenTurner,undhatihmbereitszweimaleinenArmgebrochen,ganzzuschweigenvondem,wassiemiteinerVaseoder einemSchüreisenanrichtenkann.EsistnochkeinhalbesJahrher, daßzweiEinbrechervonihrnachtsinderWerkstattüberrascht

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wurden.BeidelagenhinterherwochenlangimKrankenhaus,und einerhatsichnievoneinemHiebmiteinemeisernenFußmodell über den Schädel erholt,bei dem er gleichzeitig ein Ohr verlor. Er redet wirr seitdem.

Karl schleppt den Dicken ans Licht.Er ist weiß vorWut,aber erkannnichtsmehrtun–derDickeistfertig.Esist,alswolleer einenschwerTyphuskrankenverprügeln.DerDickemußeinen fürchterlichen Schlag in die Organe erhalten haben,mit denen er sündigen wollte.Er ist unfähig zu gehen.Karl kann ihn nicht einmal rauswerfen.Wir legen ihn in den Hintergrund auf das Abfalleder.

«Das Schöne bei Karl ist,daß es immer so gemütlich ist»,sagt jemand,der versucht,das Klavier mit Bier zu tränken.

Ich gehe durch die Große Straße nach Hause. Mein Kopf schwimmt; ich habe zuviel getrunken,aber das wollte ich auch. Der Nebel treibt über die vereinzelten Lichter, die noch in den Schaufenstern brennen, und webt goldene Schleier um die Laternen.ImFenstereinesSchlächterladensblühteinAlpenrosenstock neben einem geschlachteten Ferkel, dem eine Zitrone in dieblasseSchnauzegeklemmtwordenist.Würsteliegentraulich im Kreise herum.Es ist ein Stimmungsbild,das Schönheit und Zweck harmonisch vereint. Ich stehe eine Zeitlang davor und wandere dann weiter.

Auf dem dunklen Hof pralle ich im Nebel gegen einen Schatten.EsistderalteKnopf,derwiedereinmalvordemschwarzen Obeliskensteht.IchbinmitvollerWuchtgegenihngerannt,und ertaumeltundschlingtbeideArmeumdenObelisken,alswolle er ihn erklettern. «Es tut mir leid, daß ich Sie gestoßen habe», sage ich. «Aber weshalb stehen Sie auch hier? Können Sie Ihre Geschäfte denn wirklich nicht in Ihrer Wohnung erledigen?

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Oder,wenn Sie schon ein Freiluftakrobat sind,warum nicht an einer Straßenecke?»

Knopf läßt den Obelisken los. «Verdammt, jetzt ist es in die Hose gegangen»,murmelt er.

«Das schadet Ihnen nichts. Nun erledigen Sie den Rest meinetwegen schon hier.»

«Zu spät.»

KnopfstolpertzuseinerTürhinüber.IchgehedieTreppenhinauf undbeschließe,IsabellevondemGeld,dasichbeiKarlBrill gewonnenhabe,morgeneinenStraußBlumenzuschicken.Zwar bringtmirsoetwasgewöhnlichnurUnglück,aberichweißnun einmal nichts anderes.Eine Zeitlang stehe ich noch am Fenster undsehehinausindieNachtundbeginnedannetwasbeschämt undsehrleise,WorteundSätzezuflüstern,dieichgerneeinmal jemandemsagenmöchte,aberfürdieichniemandenhabe,außer vielleichtIsabelle–dochdieweißjanichteinmal,werichüber- haupt bin.Doch wer weiß das schon von irgend jemand?

XIII

DerReisendeOskarFuchs,genanntTränen-Oskar,sitztimBüro. «Wasgibtes,HerrFuchs?»frageich.«WiestehtesmitderGrippe in den Dörfern?»

«Ziemlichharmlos.DieBauernsindgutimFutter.InderStadt istesanders.IchhabezweiFälle,woHollmannundKlotzvordem Abschluß stehen.Ein roter Granit,einseitig poliert,Hügelstein, zwei bossierte Sockel, ein Meter fünfzig hoch, zwei Millionen zweihunderttausend Mark – ein kleiner, einszehn hoch, eine Million dreihunderttausend Eier. Gute Preise. Wenn Sie hunderttausend weniger verlangen, haben Sie sie. Meine Provision

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ist zwanzig Prozent.»

«Fünfzehn»,erwidere ich automatisch.

«Zwanzig», erklärt Tränen-Oskar. «Fünfzehn kriege ich bei Hollmann und Klotz auch.Wozu da derVerrat?»

Erlügt.HollmannundKlotz,derenReisendererist,zahlenihm zehn Prozent und Spesen.Die Spesen bekommt er ohnehin; er macht also bei uns ein Geschäft von zehn Prozent extra.

«Barzahlung?»

«Das müssen Sie selbst sehen.Die Leute sind gut situiert.» «Herr Fuchs», sage ich. «Warum kommen Sie nicht ganz zu uns? Wir zahlen besser als Hollmann und Klotz und können einen erstklassigen Reisenden brauchen.»

Fuchs zwinkert.«Es macht mir so mehr Spaß.Ich bin ein gefühlsmäßigerMensch.WennichmichüberdenaltenHollmann ärgere,schiebeichIhneneinenAbschlußzu,alsRache.Wennich ganz für Sie arbeitete,würde ich mich über Sie ärgern.»

«Da ist was dran»,sage ich.

«Das meine ich. Ich würde dann Sie an Hollmann und Klotz verraten.ReiseninGrabsteinenistlangweilig;manmußesetwas beleben.»

«Langweilig? Für Sie? Wo Sie doch jedesmal eine artistische Vorstellung geben?»

Fuchs lächelt wie Gaston Münch im Stadttheater,nachdem er den Karl-Heinz in «Alt-Heidelberg» gespielt hat.

«Man tut, was man kann», erklärt er mit tobender Bescheidenheit.

«Sie sollen sich großartig entwickelt haben.Ohne Hilfsmittel. Rein intuitiv.Stimmt das?»

Oskar, der früher mit rohen Zwiebelscheiben gearbeitet hat, bevorerdieTrauerhäuserbetrat,behauptetjetzt,dieTränenfrei wieeingroßerSchauspielererzeugenzukönnen.Dasistnatürlich

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einriesigerFortschritt.ErbrauchtsonichtweinenddasHauszu betreten,wiebeiderZwiebeltechnik,wodann,wenndasGeschäft länger dauert,die Tränen versiegen,weil er ja die Zwiebel nicht anwenden kann, solange die Trauernden dabeisitzen – im Gegenteil,erkannjetzttrockenenAugeshineingehenundwährend des Gespräches über denAbgeschiedenen in natürliche Tränen ausbrechen, was selbstverständlich von ganz anderer Wirkung ist.Es ist ein Unterschied wie zwischen echten und künstlichen Perlen. Oskar behauptet, so überzeugend zu sein, daß er sogar oft von den Hinterbliebenen getröstet und gelabt wird.

GeorgKrollkommtausseinerBude.EineFehlfarben-Havanna dampft unter seiner Nase, und er ist die Zufriedenheit selbst. Geradewegs geht er aufs Ziel los.

«Herr Fuchs»,sagt er.«Ist es wahr,daß Sie auf Befehl weinen können, oder ist das eine niederträchtige Schreckpropaganda unserer Konkurrenz?»

Statt einer Antwort starrt Oskar ihn an. «Nun?» fragt Georg. «Was ist? Fühlen Sie sich nicht gut?»

«Einen Augenblick! Ich muß erst in Stimmung kommen.» Oskar schließt dieAugen.Als er die Lider wieder ö net,wirken sieschonetwaswäßrig.ErstarrtGeorgweiteran,undnacheiner WeilestehenihmtatsächlichdickeTränenindenblauenAugen. Noch eine Minute,und sie rollen ihm über die Wangen.Oskar zieht ein Taschentuch heraus und tupft sie auf.«Wie war das?» fragt er und zieht die Uhr. «Knappe zwei Minuten. Manchmal scha e ich es in einer,wenn eine Leiche im Hause ist.» «Großartig.»

GeorgschenktvondemKundenkognakein.«SiesolltenSchauspieler werden,Herr Fuchs.»

«Daran habe ich auch schon gedacht; aber es gibt zu wenige Rollen, in denen männliche Tränen verlangt werden. Othello

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natürlich,aber sonst –»

«Wie machen Sie es? Irgendein Trick?»

«Imagination», erwidert Fuchs schlicht. «Starke, bildhafte Vorstellungskraft.»

«Was haben Sie sich denn jetzt vorgestellt?»

OskartrinktseinGlasaus.«O engestanden,Sie,HerrKroll.Mit zersplitterten Beinen und Armen und einem Schwarm Ratten, derIhnenlangsamdasGesichtabfrißt,währendSienochleben, wegen der gebrochenen Arme die Nager aber nicht abwehren können. Entschuldigen Sie, aber für eine so rasche Vorstellung brauchte ich ein sehr starkes Bild.»

GeorgfährtsichmitderHandüberdasGesicht.Esistnochda. «StellenSiesichauchähnlicheSachenvonHollmannundKlotz vor,wenn Sie für die arbeiten?» frage ich.

Fuchs schüttelt den Kopf. «Bei denen stelle ich mir vor, daß sie hundert Jahre alt werden und reich und gesund bleiben,bis sie an einem Herzschlag im Schlaf schmerzlos abfahren – dann strömen mir die Tränen nur so vorWut.»

Georg zahlt ihm die Provisionen für die letzten beiden Verrätereien aus. «Ich habe neuerdings auch einen künstlichen Schluckaufentwickelt»,sagtOskar.«Sehrwirksam.Beschleunigt den Abschluß.Die Leute fühlen sich schuldig,weil sie glauben, es sei eine Folge der Teilnahme.»

«Herr Fuchs, kommen Sie zu uns!» sage ich impulsiv. «Sie gehören in ein künstlerisch geleitetes Unternehmen, nicht zu kahlen Geldschindern.»

Tränen-Oskarlächeltgütig,schütteltdasHauptundverabschie- detsich.«Ichkannnunmalnicht.OhneetwasVerratwürdeichja nichtsseinalseinflennenderWaschlappen.DerVerratbalanciert mich.Verstehen Sie?»

«Wir verstehen», sagt Georg. «Von Bedauern zerrissen, aber

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