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Remarque, Erich Maria - Der schwarze Obelisk

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08.06.2015
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reingelassen wird.»

«ErkannineinenVereinehemaligerschwererArtillerieeintreten»,erwidere ich.«Dann wird über seinem Grab mit Kanonen geschossen.»

Scherz zuckt einen Moment nervös mit dem rechten Auge. Dannwinkterab.«DassindWitze.EsgibtnurdeneinenSchützenverein in der Stadt.Nein,Schwarzkopf ist fertig.Ich komme morgen einmal bei Ihnen vorbei, Denkmäler ansehen. Irgendwann muß ich mich ja doch mal entscheiden.»

Er entscheidet sich schon, seit ich im Geschäft bin. Das hat ihm den Namen Brunnenpest eingetragen. Er ist eine ewige Frau Niebuhr und wandert von uns zu Hollmann und Klotz und von da weiter zu Steinmeyer und läßt sich überall alles zeigen und handelt für Stunden und kauft trotzdem nichts. Wir sind solche Typen gewöhnt; es gibt immer wieder Leute, meistens Frauen, die eine sonderbare Lust dabei empfinden, zu Lebzeiten ihren Sarg, ihr Sterbehemd, ihre Grabstätte und ihr Denkmal zu bestellen – aber Herbert hat es darin zur Weltmeisterschaftgebracht.SeineGrabstellehaterendlichvor sechsMonatengekauft.Sieistsandig,hochgelegen,trockenund hat eine schöne Aussicht. Herbert wird langsamer und etwas ordentlicher darin verwesen als in den niedriger gelegenen, feuchten Teilen des Friedhofs, und er ist stolz darauf. Jeden SonntagnachmittagverbringterdortmiteinerThermosflasche Ka ee, einem Klappsessel und einem Paket Streuselkuchen genießerische Stunden und beobachtet, wie der Efeu wächst. DenDenkmalsauftragaberläßterimmernochvordenMäulern derGrabsteinfirmenpendelnwieeinReiterdieKarottevorder SchnauzeseinesEsels.Wirgaloppieren,aberwirerwischensie nie.Herbert kann sich nicht entscheiden.Er hat immerAngst, irgendeine fabelhafte Neuerung zu verpassen, wie elektrische

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Klingeln zum Sarg,Telefon oder so was.

Ich sehe ihn vollAbneigung an.Er hat mir die Kanonen rasch heimgezahlt. «Haben Sie irgend etwas Neues hereingekriegt?» fragt er herablassend.

«Nichts,was Sie interessieren könnte – abgesehen von – aber das ist ja bereits so gut wie verkauft», erwidere ich mit der plötzlichen Hellsicht der Rache und des jäh au ammenden Geschäftssinnes.

Herbert beißt an.«Was?»

«Nichts für Sie.Etwas ganz Großartiges.Und auch so gut wie verkauft.» – «Was?»

«EinMausoleum.EinsehrbedeutendesKunstobjekt.Schwarzkopf ist äußerst interessiert –»

Scherz lacht. «Haben Sie keinen älteren Verkaufstrick auf Lager?»

«Nein.NichtbeieinemsolchenStück.EsisteineArtPost-mor- tem-Klubhaus.Schwarzkopfdenktdaran,amTodestagejährlich eine kleine intime Feier darin testamentarisch festzulegen.Das istdann,alshätteerjedesJahreineneueBeerdigung.DerRaum desMausoleumsiststimmungsvolldafür,mitBänkenundbunten Scheiben.MankannauchkleineErfrischungennachjederFeier reichen. Schwer zu übertre en, was? Eine ewige Gedenkfeier, während kein Mensch die alten Gräber mehr ansieht!» Scherz lacht weiter,aber gedankenvoller.Ich lasse ihn lachen. DieSonnewirftgewichtsloses,bleichesSilbervomFlußzwischen uns. Scherz hört auf. «So, ein solches Mausoleum haben Sie?» sagt er,bereits mit der leichten Sorge des echten Sammlers,der fürchtet,ihm könnte eine große Gelegenheit entgehen. «Vergessen Sie es! Es ist so gut wie verkauft an Schwarzkopf. Sehen wir lieber die Enten auf dem Fluß an!Was für Farben!» «Ich mag keine Enten.Schmecken zu mu g.Na,ich komme

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mal,mir Ihr Mausoleum anzuschauen.»

«Beeilen Sie sich nicht. Sehen Sie es sich lieber an, wie es in natürlicherUmgebungwirkt–wennSchwarzkopf esaufgestellt hat.»

Scherz lacht wieder, aber ziemlich hohl jetzt. Ich lache auch. Keiner glaubt dem anderen; aber jeder hat einen Haken geschluckt.ErSchwarzkopf,undich,daßichihnvielleichtdiesmal doch erwischen werde.

Ich gehe weiter.Aus dem Altstädter Hof kommt der Geruch vonTabakundabgestandenemBier.IchwanderedurchdasTor in den Hinterhof der Kneipe.Dort bietet sich ein Bild des Friedens. Die Schnapsleichen vom Samstagabend liegen da in der frühen Sonne. Fliegen summen in den röchelnden Atemzügen der Kirsch-, Steinhägerund Korntrinker herum, als wären es aromatischePassatwindevondenGewürzinseln;Spinnensteigen aus dem Laub des wilden Weins auf ihren Seilen über den Gesichternauf undabwieTrapez-Akrobaten,undimSchnurrbart eines Zigeuners turnt ein Käfer,als wäre es ein Bambushain.Da ist es, denke ich, wenigstens im Schlaf, das verlorene Paradies, die großeVerbrüderung!

Ich blicke zu Gerdas Fenster hinauf.Das Fenster steht o en. «Hilfe!» sagt plötzlich eine der Gestalten auf dem Boden. Sie sagt es ruhig,leise und resigniert – sie schreit nicht,und gerade das trifft mich wie der Ätherschlag eines Strahlenwesens.Es ist ein gewichtsloser Schlag auf die Brust,der durch die Brust geht wie Röntgenlicht, der aber dann den Atem trifft, daß er sich staut.Hilfe! denke ich.Was rufen wir anders,hörbar,unhörbar, immerfort?

DieMesseistvorbei.DieOberinübergibtmirmeinHonorar.Es

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lohntsichnicht,eseinzustecken;aberichkannesnichtzurückweisen,daswürdesiekränken.«IchhabeIhneneineFlascheWein zum Frühstück geschickt»,sagt sie.«Wir haben nichts anderes, um es Ihnen zu geben.Aber wir beten für Sie.»

«Danke»,erwidereich.«AberwiekommenSieandieseausgezeichnetenWeine? Die kosten doch auch Geld.»

DieOberinlächeltüberihrzerknittertesElfenbeingesicht,das dieblutloseHauthat,dieKlosterinsassen,Zuchthäusler,Kranke und Bergwerksarbeiter haben. «Wir bekommen sie geschenkt. EsgibteinenfrommenWeinhändlerinderStadt.SeineFrauwar lange hier.Er schickt uns seitdem jedes Jahr ein paar Kisten.» Ichfragenicht,warumersieschickt.Icherinneremichdaran, daß der Streiter Gottes, Bodendiek, auch nach der Messe sein Frühstück ißt,und ich gehe rasch los,um noch etwas zu retten. DieFlascheistnatürlichschonhalbleer.AuchWernickeistda; aber er trinkt nur Ka ee. «Die Flasche, aus der Sie sich soeben sofreigebigeinschenken,Hochwürden»,sageichzuBodendiek, «ist von der Oberin für mich privat als Gehaltszulage heraufgeschickt worden.»

«Das weiß ich», erwidert der Vikar. «Aber sind Sie nicht der Apostel der Toleranz, Sie munterer Atheist? Gönnen Sie Ihren FreundenalsonurruhigeinenTropfen.EineganzeFlaschezum Frühstück wäre für Sie höchst ungesund.»

Ich antworte nicht. Der Kirchenmann hält das für Schwäche und holt sofort zurAttacke aus.«Was macht die Lebensangst?» fragt er und nimmt einen herzhaften Schluck.

«Was?»

«Die Lebensangst, die Ihnen aus allen Knochen dampft, wie –»

«Wie Ektoplasma»,wirftWernicke hilfreich ein.

«Wie Schweiß»,sagt Bodendiek,der demArzt nicht traut.

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«Wenn ich Lebensangst hätte, wäre ich gläubiger Katholik», erkläre ich und ziehe die Flasche an mich.

«Unsinn!WennSiegläubigerKatholikwären,hättenSiekeine Lebensangst.»

«Das ist kirchenväterliche Haarspalterei.»

Bodendieklacht.«WaswissendennSieschonvonderexquisiten Geistigkeit unserer Kirchenväter,Sie junger Barbar?» «Genug, um aufzuhören bei dem jahrelangen Streit, den die Väter darüber hatten, ob Adam und Eva einen Nabel gehabt hätten oder nicht.»

Wernicke grinst.Bodendiek macht ein angewidertes Gesicht. «BilligsteUnwissenheitundplatterMaterialismus,trautverbündet wie immer»,sagt er in die Richtung vonWernicke und mir. «Sie sollten nicht mit der Wissenschaft auf einem so hohen Roß sitzen»,erwidere ich.«Was würden Sie machen,wenn Sie einen hochentzündeten Blinddarm hätten,und weit und breit wäre nur ein einziger, erstklassiger, aber atheistischer Arzt zur Hilfe da? Beten oder sich von einem Heiden operieren lassen?»

«Beides, Sie Anfänger in der Dialektik – es würde dem heidnischenArzteineGelegenheitgeben,sichVerdienstvorGottzu erwerben.»

«Sie sollten sich überhaupt nicht von einem Arzt behandeln lassen»,sageich.«WennesGottesWillewäre,somüßtenSieeben sterben,aber nicht versuchen,das zu korrigieren.» Bodendiek winkt ab. «Jetzt kommt bald die Sache mit dem freienWillen und derAllmacht Gottes.Findige UntersekundanerglaubendamitdiegesamteKirchenlehrezuwiderlegen.»Er erhebtsichwohlwollend.SeinSchädelleuchtetvonGesundheit. WernickeundichsehenschmächtiggegendiesenGlaubensprotz aus.«GegesegneteMahlzeit!»sagter.«Ichmußnochzumeinen

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anderen Pfarrkindern.»

NiemandantwortetaufdasWort«andere».Errauschtab.«Haben Sie schon beobachtet, daß Priester und Generäle meistens steinalt werden?» frage ichWernicke.

«DerZahndesZweifelsundderSorgenagtnichtanihnen.Sie sindvielinfrischerLuft,sindaufLebenszeitangestelltundbrauchennichtzudenken.DereinehatdenKatechismus,derandere dasExerzierreglement.AußerdemgenießenbeidegrößtesAnsehen.Der eine ist ho ähig bei Gott,der andere beim Kaiser.» Wernicke zündet sich eine Zigarette an.«Haben Sie auch bemerkt,wie vorteilhaft derVikar kämpft?» frage ich.

«Wir müssen seinen Glauben respektieren – er unsern Unglauben nicht.»

Wernicke bläst den Rauch in meine Richtung. «Er macht Sie ärgerlich – Sie ihn nicht.»

«Das ist es!» sage ich.«Das macht mich ja so ärgerlich!» «Er weiß es.Das macht ihn so sicher.»

IchschenkemirdenRestdesWeinesein.KaumanderthalbGlas

– das andere hat der Streiter Gottes getrunken – einen Forster Jesuitengarten 9 5 –Wein,den man nur abends mit einer Frau trinken sollte.«Und Sie?» frage ich.

«Mich geht das alles nichts an», sagt Wernicke. «Ich bin eine ArtVerkehrspolizist des Seelenlebens.Ich versuche es an dieser Kreuzung hier etwas zu dirigieren – aber ich bin nicht für den Verkehr verantwortlich.»

«IchfühlemichimmerfortfürallesinderWeltverantwortlich. Bin ich eigentlich ein Psychopath?»

WernickebrichtineinbeleidigendesGelächteraus.«DasmöchtenSiewohl!Soeinfachistdasnicht!Siesindvölliguninteressant. Ein ganz normaler Durchschnittsadoleszent!»

Ich komme auf die Große Straße.Langsam schiebt sich ein De-

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monstrationszug vom Markt her heran.Wie Möwen vor einer dunklenWolke flattern hastig noch eineAnzahl hellgekleideter Sonntagsausflügler mit Kindern, Eßpaketen, Fahrrädern und buntemKrimskramsvorihmher–dannisterdaundversperrt die Straße.

Es ist ein Zug von Kriegskrüppeln, die gegen ihre niedrigen Rentenprotestieren.VoranfährtaufeinemkleinenRollwagender StumpfeinesKörpersmiteinemKopf.ArmeundBeinefehlen.Es istnichtmehrmöglich,zusehen,obderStumpffrühereingroßer odereinkleinerManngewesenist.SelbstandenSchulternkann man es nicht mehr abschätzen,da dieArme so hoch amputiert wordensind,daßkeinPlatzfürProthesenmehrdawar.DerKopf ist rund, der Mann hat lebhafte braune Augen und trägt einen Schnurrbart.Jemand muß jeden Tag auf ihn achtgeben – er ist rasiert, das Haar ist geschnitten und der Schnurrbart gestutzt. DerkleineWagen,dereigentlichnureinBrettmitRollenist,wird voneinemEinarmigengezogen.DerAmputiertesitztsehrgerade und aufmerksam darauf. Ihm folgen die Wagen mit den Beinamputierten; je drei nebeneinander.Es sindWagen mit großen Gummirädern,diemitdenHändenvorwärtsbewegtwerden.Die Lederschürzen,diedieStellenzudecken,woBeineseinmüßten, unddiegewöhnlichgeschlossensind,sindheuteo en.Mansieht die Stümpfe.Die Hosen sind sorgfältig darumgefaltet.

Als nächste kommen Amputierte mit Krücken. Es sind die sonderbar schiefen Silhouetten, die man so oft gesehen hat

– die geraden Krücken und dazwischen der etwas schräghängendeKörper.DannfolgenBlindeundEinäugige.Manhörtdie weißen Stäbe auf das Pflaster tappen und sieht an den Armen die gelben Binden mit den drei Punkten. Die Augenlosen sind dadurch so bezeichnet, wie man die geschlossenen Einfahrten von Einbahnstraßen oder Sackgassen markiert – mit den drei

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schwarzen runden Bällen des verbotenen Verkehrs. Viele der Verletzten tragen Schilder mit Aufschriften. Auch die Blinden tragenwelche,wennsiesieauchniemehrlesenkönnen.«Istdas derDankdesVaterlandes?»stehtauf einem.«Wirverhungern», auf einem anderen.

Dem Mann auf dem kleinenWagen hat man einen Stock mit einem Zettel vorn in seine Jacke gesteckt.Darauf steht: «Meine Monatsrente ist eine Goldmark wert.» Zwischen zwei anderen Wagen flattert eine weiße Fahne: «Unsere Kinder haben keine Milch,kein Fleisch,keine Butter.Haben wir dafür gekämpft?» EssinddietraurigstenOpferderInflation.IhreRentensindso entwertet,daßsiekaumnochetwasdamitanfangenkönnen.Ab und zu werden ihre Bezüge von der Regierung erhöht – viel zu spät,denn am Tage der Erhöhung sind sie schon wieder um ein Vielfacheszuniedrig.DerDollaristzuwildgeworden;erspringt jetzt nicht mehr um Tausende und Zehntausende,sondern um Hunderttausende täglich.Vorgestern stand er auf einer Million zweihunderttausend–gesternaufeinerMillionvierhunderttau- send. Morgen erwartet man ihn auf zwei Millionen – und am EndedesMonatsaufzehn.DieArbeiterbekommenjetztzweimal amTageGeld–morgensundnachmittags–,undjedesmaleine halbeStundePause,damitsielosrennenundeinkaufenkönnen; denn wenn sie bis nachmittags damit warten, haben sie schon soviel verloren, daß ihre Kinder nicht halb mehr satt werden. Satt – nicht gut genährt.Satt mit allem,was man in den Magen stopfen kann – nicht mit dem,was der Körper braucht.

Der Zug ist viel langsamer als alle anderen Demonstrationszüge. Hinter ihm stauen sich die Autos der Sonntagsausflügler. EsisteinsonderbarerKontrast–diegraue,fastanonymeMasse der schweigend sich dahinschleppenden Kriegsopfer, und dahinterdiezurückgestautenAutosderKriegsgewinnler,murrend,

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fauchend,ungeduldig,dicht auf den Fersen der Kriegerwitwen, die mit ihren Kindern den Schluß des Zuges bilden, dünn, verhungert, verhärmt und ängstlich. In den Autos prangen die Farben des Sommers,Leinen,Seide,volleWangen,rundeArme und Gesichter,die verlegen sind,weil sie in diese unangenehme Situation geraten sind. Die Fußgänger auf den Trottoirs sind besserdran;sieschaueneinfachwegundzerrenihreKindermit, diestehenbleibenunddieVerstümmeltenerklärthabenwollen. Wer kann,verschwindet durch die Seitenstraßen.

DieSonnestehthoch,esistheiß,unddieVerwundetenfangen an zu schwitzen.Es ist der ungesunde käsige Schweiß der Blutarmen,der ihnen über die Gesichter rinnt.Hinter ihnen plärrt plötzlich eine Hupe.Jemand hat es nicht ausgehalten;er glaubt, er müsse einige Minuten sparen,und versucht deshalb,halb auf demTrottoirvorbeizufahren.AlleVerwundetendrehensichum. Keiner sagt etwas,aber sie ziehen sich auseinander und sperren die Straße. Das Auto müßte sie überfahren, wenn es passieren wollte. Ein junger Mann in einem hellen Anzug, mit einem Strohhut, sitzt mit einem Mädchen darin. Er macht ein paar albernverlegeneGestenundzündetsicheineZigarettean.Jeder derVerletzten,deranihmvorbeikommt,siehtihnan.Nichtaus Vorwurf –ersiehtnachderZigarette,derenwürzigerDuftüber die Straße treibt.Es ist eine sehr gute Zigarette,und keiner der Verwundetenkannsichofterlauben,überhauptnochzurauchen. Deshalb schnuppern sie wenigstens,soviel sie können.

IchfolgedemZugbiszurMarienkirche.DortstehenzweiNationalsozialisteninUniformmiteinemgroßenSchild:«Kommt zu uns, Kameraden! Adolf Hitler wird Euch helfen!» Der Zug zieht um die Kirche herum.

Wir sitzen in der Roten Mühle.Eine Flasche Champagner steht

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voruns.SiekostetzweiMillionenMark–sovielwieeinBeinam- putiertermitFamilieinzweiMonatenanRenteerhält.Riesenfeld hat sie bestellt.

Er sitzt so,daß er die Tanzfläche voll übersehen kann.

«Ich wußte es von Anfang an», erklärt er mir. «Wollte nur mal sehen,wie ihr mich anschwindeln würdet.Aristokratinnen wohnen nicht gegenüber von kleinen Grabsteingeschäften und nicht in solchen Häusern!»

«DasisteinerstaunlicherTrugschlußfüreinenWeltmannwie Sie»,erwidere ich.«Sie sollten wissen,daßAristokraten fast nur noch so wohnen.Die Inflation hat dafür gesorgt.Es ist aus mit denPalästen,HerrRiesenfeld.Undwennjemandnocheinenhat, vermieteterZimmerdarin.DasererbteGeldistdahingeschwunden.KöniglicheHoheitenwohneninmöbliertenZimmern,säbelrasselndeOberstensindzähneknirschendVersicherungsagenten geworden,Gräfinnen –»

«Genug!»unterbrichtmichRiesenfeld.«MirkommendieTränen!WeitereAufklärungensindunnötig.AberdieSachemitFrau Watzekhabeichimmergewußt.Eshatmichnuramüsiert,euch bei euren plumpen Schwindelversuchen zuzusehen.»

ErschauthinterLisaher,diemitGeorgeinenFoxtrotttanzt.Ich vermeidees,denOdenwald-Casanovadaranzuerinnern,daßer Lisa als Französin mit dem Gang eines vollschlanken Panthers klassifiziert hat – es würde den sofortigenAbbruch unserer Beziehungen bedeuten,und wir brauchen dringend Granit.

«Übrigens tut das dem Ganzen keinenAbbruch»,erklärt Riesenfeld versöhnlich. «Ist im Gegenteil noch höher anzusetzen! Diese Rasse, ganz aus dem Volke! Sehen Sie nur, wie sie tanzt! Wie ein – ein –»

«Ein vollschlanker Panther»,half ich aus.

Riesenfeld schielt mich an.«Manchmal verstehen Sie ein biß-

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