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Remarque, Erich Maria - Der schwarze Obelisk

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08.06.2015
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«Diesmal ist es wahr», erklärt Riesenfeld. «Ich habe es aus bester Quelle.Aus der Roggenmark wird dann eine Goldmark. Die Regierung steht dahinter.»

«Die Regierung! Die ist doch an der ganzen Abwertung schuld!»

«Magsein.Aberjetztistessoweit.SiehatkeineSchuldenmehr. Eine Billion Inflationsmark wird eine Goldmark werden.» «Und die Goldmark wird dann wieder ’runtergehen, was? So geht der Tanz noch einmal los.»

Riesenfeld trinkt sein Bier aus. «Wollen Sie oder wollen Sie nicht?» fragt er.

Das Lokal scheint plötzlich sehr still zu sein.«Ja»,sage ich.Es ist, als sage es jemand neben mir. Ich traue mich nicht, Georg anzusehen.

«Das ist vernünftig»,erklärt Riesenfeld.

Ich blicke auf das Tischtuch.Es scheint zu schwimmen.Dann höreich,wieGeorgsagt:«Kellner,bringenSiedieFlascheForster Jesuitengarten sofort.»

Ich blicke auf.«Du hast uns doch das Leben gerettet»,sagt er. «Deshalb!»

«Uns?Wieso uns?» fragt Riesenfeld.

«EinLebenwirdniealleingerettet»,erwidertGeorggeistesgegenwärtig.«Es ist immer mit ein paar anderen verbunden.» DerAugenblickistvorbei.IchseheGeorgdankbaran.Ichhabe ihnverraten,weilichihnverratenmußte,underhatesverstanden.Erbleibtzurück.«Dubesuchstmich»,sageich.«Dannmache ich dich mit den großen Damen und Filmschauspielerinnen Berlins bekannt.»

«Kinder,dassindPläne»,sagtRiesenfeldzumir.«Wobleibtder Wein? Ich habe Ihnen ja soeben das Leben gerettet.»

«Werrettethiereigentlichwen?»frageich.«Jedereinmalirgend-

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einen», sagt Georg. «Genau, wie er immer einmal irgendeinen tötet.Auch,wenn er es nicht weiß.»

DerWeinstehtauf demTisch.Eduarderscheint.Eristblaßund verstört.«Gebt mir auch ein Glas.»

«Verschwinde!» sage ich. «Schmarotzer! Wir können unsern Wein allein trinken.»

«Nichtdeswegen.DieFlaschegehtaufmich.Ichzahlesie.Aber gebt mir ein Glas.Ich muß etwas trinken.»

«Du willst die Flasche spendieren? Überlege,was du sagst!» «Ichmeinees.»Eduardsetztsich.«Valentinisttot»,erklärter. «Valentin?Was ist ihm denn passiert?»

«Herzschlag.Habe es gerade am Telefon gehört.»

Er greift nach einem Glas. «Und du willst darauf trinken, du Lump?» sage ich empört.«Weil du ihn los bist?»

«Ich schwöre euch, nein! Nicht deshalb! Er hat mir doch das Leben gerettet.»

«Was»,sagt Riesenfeld.«Ihnen auch?» «Natürlich mir,wem sonst?»

«Was ist hier los?» fragt Riesenfeld. «Sind wir ein Klub von Lebensrettern?»

«Es liegt an der Zeit»,erwidert Georg.«Es ist in diesen Jahren vielen gerettet worden.Und vielen nicht.»

Ich starre Eduard an.Er hat tatsächlich Tränen in denAugen; aberwasweißmanbeiihm?«Ichglaubedirnicht»,sageich.«Du hast ihm das an den Hals gewünscht! Ich habe es zu oft gehört. Du wolltest deinen verdammtenWein sparen.»

«Ich schwöre euch, nein! Ich habe es manchmal so gesagt, wie man etwas sagt. Aber doch nicht im Ernst!» Die Tropfen in EduardsAugen werden dicker.«Er hat mir ja tatsächlich das Leben gerettet.»

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Riesenfeldstehtauf.«IchhabejetztgenugvondiesemLebens- retter-Quatsch! Sind Sie nachmittags im Büro? Gut!» «Schicken Sie keine Blumen mehr,Riesenfeld»,warnt Georg. Riesenfeld winkt ab und verschwindet mit einem undefinierbaren Gesicht.

«Laßt uns ein Glas auf Valentin trinken», sagt Eduard. Seine Lippenzittern.«Werhättedasgedacht!DurchdenganzenKrieg ist er gekommen,und jetzt auf einmal liegt er da,von einer Sekunde zur anderen.»

«Wenn du schon sentimental sein willst,dann sei es richtig», erwidereich.«HoleeineFlaschevondemWein,denduihmnie gegönnt hast.»

«Den Johannisberger, jawohl.» Eduard erhebt sich eifrig und watschelt davon.

«Ich glaube,er ist ehrlich traurig»,sagt Georg. «Ehrlich traurig und ehrlich erleichtert.»

«Das meine ich.Mehr kann man meistens nicht verlangen.» Wir sitzen eine Weile. «Es passiert eigentlich etwas viel im Augenblick,was?» sage ich schließlich.

Georg sieht mich an. «Prost! Einmal mußt du ja gehen. Und Valentin? Er hat ein paar Jahre länger gelebt,als man 9 7 hätte vermuten sollen.»

«Das haben wir alle.»

«Ja,und deshalb sollten wir was draus machen.» «Tun wir das nicht?»

Georglacht.«Mantutes,wennmannichtsanderesimAugenblick will,als was man gerade tut.»

Ich salutiere. «Dann habe ich nichts aus meinem gemacht. Und du?»

Er blinzelt. «Komm, laß uns hier verschwinden, ehe Eduard zurückkehrt.Zum Teufel mit seinemWein!»

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«Sanfte», sage ich gegen die Mauer in das Dunkel. «Sanfte und Wilde,Mimose und Peitsche,wie töricht war ich,dich besitzen zuwollen!KannmandenWindeinschließen?Waswirddannaus ihm?VerbrauchteLuft.Geh,gehdeinenWeg,gehzudenTheatern undKonzerten,heirateeinenReserveo zierundBankdirektor, einen Inflationssieger, geh, Jugend, die du nur den verläßt, der dichverlassenwill,Fahne,dieflattert,abernichteinzufangenist, Segel vor vielen Blaus, Fata Morgana, Spiel der bunten Worte, geh, Isabelle, geh, meine späte, nachgeholte, über einen Krieg zurückgerissene, etwas zu wissende, etwas zu altkluge Jugend, geh,gehtbeide,undauchichwerdegehen,wirhabenunsnichts vorzuwerfen,dieRichtungensindverschieden,aberauchdasist nurscheinbar,denndenTodkannmannichtbetrügen,mankann ihnnurbestehen.Lebtwohl!WirsterbenjedenTagetwasmehr, aber wir leben auch jeden Tag etwas länger, ihr habt mich das gelehrt,undichwillesnichtvergessen,esgibtkeineVernichtung, undwernichtshaltenwill,besitztalles,lebtwohl,ichküsseeuch mitmeinenleerenLippen,ichumarmeeuchmitmeinenArmen, dieeuchnichthaltenkönnen,lebtwohl,lebtwohl,ihrinmir,die ihr bleibt,solange ich euch nicht vergesse –»

Ich trage in meiner Hand eine Flasche Rothschen Korn und sitze auf der letzen Bank derAllee mit dem vollen Blick auf die Irrenanstalt. In meiner Tasche knistert ein Scheck auf harte Devisen: dreißig volle Schweizer Franken. Die Wunder haben nichtaufgehört:eineSchweizerZeitung,dieichseitzweiJahren mit meinen Gedichten bombardiert habe, hat in einem Anfall von Raserei eines angenommen und mir gleich den Scheck geschickt.Ich war bereits auf der Bank,mich zu erkundigen – die Sache stimmt. Der Bankvorsteher hat mir sofort einen Preis in schwarzer Mark dafür angeboten. Ich trage den Scheck in der Brusttasche,nahe dem Herzen.Er ist ein paar Tage zu spät

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gekommen. Ich hätte mir für ihn einen Anzug und ein weißes HemdkaufenunddamiteinerepräsentableFigurvordenDamen Terhovenmachenkönnen.Dahin!DerDezemberwindpfeift,der Scheck knistert, und ich sitze hier unten in einem imaginären Smoking, ein Paar imaginärer Lackschuhe, die Karl Brill mir noch schuldet, an den Füßen, und lobe Gott und bete dich an, Isabelle! Ein Taschentuch aus feinstem Batist flattert in meiner Brusttasche,ichbineinKapitalistaufderWanderschaft,dieRote MühleliegtmirzuFüßen,wennichwill,inmeinerHandblinkt derChampagnerdesfurchtlosenTrinkers,desNie-genug-Trin- kers,derTrankdesFeldwebelsKnopf,mitdemerdenTodindie Flucht schlug – und ich trinke gegen die graue Mauer mit dir dahinter,Isabelle,Jugend,mit deiner Mutter dahinter,mit dem Bankbuchhalter Gottes, Bodendiek, dahinter, mit dem Major der Vernunft, Wernicke, dahinter, mit der großen Verwirrung dahinterunddemewigenKrieg,ichtrinkeundsehegegenüber, linksvonmir,dieKreis-Hebammenanstalt,indernocheinpaar FensterhellsindundinderMüttergebären,undesfälltmirerst jetztauf,daßsiesonahebeiderIrrenanstaltliegt–dabeikenne ich sie und sollte sie auch kennen, denn ich bin in ihr geboren worden und habe bis heute kaum je daran gedacht! Sei gegrüßt auch du,trautes Heim,Bienenstock der Fruchtbarkeit,man hat meine Mutter zu dir gebracht,weil wir arm waren und das Gebärendortumsonstwar,wennesvoreinemLehrgangwerdender Hebammengeschah,undsodienteichschonbeimeinerGeburt der Wissenschaft! Gegrüßt sei der unbekannte Baumeister,der dich so sinnvoll nahe dem anderen Gebäude gesetzt hat!Wahrscheinlich hat er es ohne Ironie getan, denn die besten Witze derWeltwerdenimmervonernsthaftenVordergrundmenschen gemacht.Immerhin–laßtunsunsereVernunftfeiern,abernicht zu stolz auf sie sein und ihrer nicht zu sicher! Du,Isabelle,hast

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sie zurückbekommen, dieses Danaergeschenk, und oben sitzt Wernicke und freut sich und hat recht.Aber recht zu haben ist jedesmal ein Schritt dem Tode näher.Wer immer recht hat, ist ein schwarzer Obelisk geworden! Ein Denkmal!

DieFlascheistleer.Ichwerfesiefort,soweitichkann.Siefällt mit einem dumpfen Laut in den weichen, aufgepflügten Acker. Ich stehe auf. Ich habe genug getrunken und bin reif für die Rote Mühle. Riesenfeld gibt dort heute einen vierfachen Abschiedsund Lebensretterabend.Georg wird da sein,Lisa,und dazukommeich,dernocheinpaarPrivatabschiedezuerledigen gehabthat,undwirallewerdenaußerdemnocheinenmächtigen allgemeinenAbschied feiern – den von der Inflation.

SpätinderNachtbewegenwirunswieeinbetrunkenerTrauerzugdieGroßeStraßeentlang.DiespärlichenLaternenflackern. WirhabendasJahretwasvorzeitigzuGrabegetragen.Willyund RenéedelaToursindzuunsgestoßen.WillyundRiesenfeldsind ineinenheftigenKampfgeraten;RiesenfeldschwörtaufdasEnde derInflationundaufdieRoggenmark–undWillyhaterklärt,daß er dann bankrott sei,schon deshalb könne es nicht sein.Renée de la Tour ist darauf sehr schweigsam geworden.

DurchdiewehendeNachtsehenwirinderFerneeinenzweiten Zug. Er kommt die Große Straße entlang auf uns zu. «Georg», sage ich.«Wir wollen die Damen etwas zurücklassen! Das dort sieht nach Streit aus.»

«Gemacht.»

Wir sind in der Nähe des Neumarkts. «Wenn du siehst, daß wir unterliegen,renne sofort zum Café Matz»,instruiert Georg Lisa.«FragenachBodoLedderhosesGesangvereinundsag,wir brauchten ihn.» Er wendet sich zu Riesenfeld: «Sie stellen sich besser so,als gehörten Sie nicht zu uns.»

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«Du türmst, Renée», erklärt Willy an ihrer Seite. «Halte dich weit vom Schuß!»

Der andere Zug ist herangekommen. Die Mitglieder tragen Stiefel,diegroßeSehnsuchtdesdeutschenPatrioten,undsiesind, bisaufzwei,nichtälteralsachtzehnbiszwanzigJahre.Dafürsind sie doppelt so viele wie wir.

Wir gehen aneinander vorbei. «Den roten Hund kennen wir doch!»schreitplötzlichjemand.WillysHaarkroneleuchtetauch nachts. «Und den Kahlkopf!» schreit ein zweiter und zeigt auf Georg.«Drauf!»

«Los,Lisa!» sagt Georg.

Wir sehen ihre wirbelndenAbsätze.«Die Feiglinge wollen die Polizei holen», ruft ein semmelblonder Brillenträger und will hinterLisahersetzen.WillystellteinBeinvor,undderSemmelblonde stürzt.Gleich darauf sind wir im Gefecht.

WirsindfünfohneRiesenfeld.Eigentlichnurviereinhalb.Der HalbeistHermannLotz,einKriegskamerad,dessenlinkerArm an der Schulter amputiert ist. Er ist im Café Central mit dem kleinenKöhler,einemanderenKameraden,zuunsgestoßen.«Paß auf,Hermann,daßsiedichnichtumschmeißen!»rufeich.«Bleib in der Mitte.Und du,Köhler,beiß,wenn du am Boden liegst!» «Rückendeckung!» kommandiert Georg.

Der Befehl ist gut; aber unsere Rückendeckung sind im Augenblick die großen Schaufenster des Modehauses Max Klein. DaspatriotischeDeutschlandstürmtgegenunsan,undwerwill schon in ein Schaufenster gepreßt werden? Man reißt sich den RückenandenSplitternauf,undaußerdemistdanochdieFrage desSchadenersatzes.Siewürdeanunshängenbleiben,wennwir in den Splittern säßen.Wir könnten nicht fliehen.

Vorläufigbleibenwirdichtbeisammen.DieSchaufenstersind halberhellt;wirkönnenunsereGegnerdadurchrechtgutsehen.

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Icherkenneeinenderälteren;ergehörtzudenen,mitdenenwir im Café Central schon einmal Krach gehabt haben. Nach dem alten Gesetz, die Führer zuerst zu erledigen, rufe ich ihm zu: «Komm heran,du feigerArsch mit Ohren!»

Erdenktnichtdaran.«Reißtihnraus!»kommandierterseiner Garde.

Drei stürmen an. Willy schlägt einem auf den Kopf, daß er umfällt. Der zweite hat einen Gummiknüppel und schlägt mir damitauf denArm.Ichkannihnnichterwischen,erabermich. Willy sieht es, springt vor und kugelt ihm den Arm aus. Der Gummiknüppel fällt auf den Boden. Willy will ihn aufheben, wird dabei aber umgerannt. «Schnapp den Knüppel, Köhler!» rufeich.KöhlerstürztsichindasDurcheinanderamBoden,wo Willy im hellgrauenAnzug kämpft.

Unsere Schlachtordnung ist durchbrochen. Ich bekomme einen Stoß und fliege gegen das Schaufenster, daß es klirrt. Zum Glückbleibtesheil.Fensterö nensichüberuns.Hinteruns,aus der Tiefe der Schaufenster, starren uns die elegant gekleideten HolzpuppenMaxKleinsan.Sietragenunbeweglichdieneuesten Wintermodenundstehendawieeinesonderbare,stummeVersionderWeiberderaltenGermanen,dievonihrenWagenburgen die Kämpfer anfeuerten.

EingroßerBurschemitPickelnhatmichanderKehle.Erriecht nachHeringundBier,undseinKopf istmirsonahe,alswollteer michküssen.MeinlinkerArmistlahmvondemSchlagmitdem Knüppel. Mit dem rechten Daumen versuche ich, ihm ins Auge zustoßen,abererverhindertdas,indemerseinenKopffestgegen meine Backe preßt, als wären wir zwei widernatürlich Verliebte. Daichauchnichttretenkann,weilerzudichtanmirsteht,hater mich ziemlich hilflos.Gerade als ich mich,ohne Luft,mit letzter Kraftnachuntenfallenlassenwill,seheichetwas,wasmirbereits

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wieeineIllusionmeinerschwindendenSinneerscheint:eineblühendeGeraniewächstplötzlichausdempickeligenSchädel,wieaus einemspeziellpotentenMisthaufen,gleichzeitigzeigendieAugen einenAusdruckmilderÜberraschung,derGri anmeinerKehle lockert sich, Topfscherben purzeln um uns herum, ich tauche, kommelos,schießewiederhochundspüreeinscharfesKnacken

–ichhabeseinKinnmitdemSchädelvonuntenerwischt,under geht langsam in die Knie.Seltsamerweise haben dieWurzeln der Geranie,dievonobenauf unsherabgeschleudertwordenist,den Kopf sofestumrahmt,daßderpickeligeGermanemitderBlume auf dem Haupt in die Knie sinkt.Er wirkt so wie ein lieblicherer Nachkomme seiner Vorfahren, die Ochsenhörner als Kopfzier trugen. Auf seiner Schulter ruhen, wie Reste des zerschlagenen Helms,zweigrüneMajolikascherben.

EswareingroßerTopf;aberderSchädeldesPatriotenscheint ausEisenzusein.Ichfühle,wieer,aufdenKniennoch,versucht, mirmeinGeschlechtzubeschädigen,undichergreifedieGeranie samt Wurzeln und daran klebender Erde und schlage ihm die Erde in die Augen. Er läßt los, reibt sich die Augen, und da ich ihmsomitdenFäustennichtstunkann,gebeichihmdenSchlag ins Geschlecht mit dem Fuß zurück. Er knickt zusammen und fährt mit den Pfoten nach unten,um sich zu schützen.Ich haue ihm das sandige Wurzelgeflecht zum zweitenmal in die Augen underwarte,daßerdieHändewiederhochbringt,umdasGanze noch einmal zu wiederholen. Er aber geht mit dem Kopf herunter, als wolle er eine orientalische Verbeugung machen, und im nächstenAugenblick dröhnt alles um mich herum.Ich habe nichtaufgepaßtundvonderSeiteeinenmächtigenHieberhalten. Langsam rutsche ich am Schaufenster entlang.Riesengroß und teilnahmslos starrt eine Puppe mit gemaltenAugen und einem Biberpelz mich an.

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«DurchschlagenzurPißbude!»höreichGeorgsStimme.Erhat recht. Wir brauchen eine bessere Rückendeckung. Aber er hat gutreden;wirsindeingekeilt.DerGegnerhatvonirgendwoher Verstärkungbekommen,undessiehtaus,alswürdenwirmitzerschnittenen Köpfen zwischen Max Kleins Mannequins landen. IndiesemAugenblickseheichHermannLotzamBodenknien. «Hilf mir denÄrmel ausziehen!» keucht er.

IchgreifezuundstreifedenlinkenÄrmelseinesJackettshoch. Der blinkende künstlicheArm wird frei.Es ist ein Nickelgerüst, andemunteneinestählernekünstlicheHandineinemschwarzen Handschuh befestigt ist. Hermann hat danach den Beinamen «Götz von Berlichingen mit der eisernen Faust» bekommen. RaschlösterdenArmvonderSchulterab,ergreiftdannmitder natürlichen Hand seine künstliche und richtet sich auf. «Bahn frei!Götzkommt!»rufeichvonunten.GeorgundWillymachen rasch Platz, so daß Hermann durch kann. Er schwingt seinen künstlichen Arm wie einen Dreschflegel um sich und erreicht mitdemerstenSchlageinenderAnführer.DieAngreiferweichen einenAugenblickzurück.Hermannspringtuntersie,drehtsich imKreise,denkünstlichenArmweitausgestreckt.Gleichdarauf wirbelt er denArm herum,so daß er ihn jetzt am Schulterstück festhältundmitderkünstlichenstählernenHandzuschlägt.«Los! Zur Pißbude!» ruft er.«Ich decke euch!»

EsisteinungewöhnlicherAnblick,wieHermannmitderkünstlichenHandarbeitet.Ichhabeihnschonöftersokämpfensehen; unsereGegnerabernicht.SiesteheneinenMomentda,alsobder Satan zwischen sie gefahren wäre, und das kommt uns zugute. WirbrechendurchundstürmenzumPissoiraufdemNeumarkt hinüber.ImVorbeilaufenseheich,wieHermanneinenschönen Schlag auf der aufgerissenen Schnauze des zweiten Anführers landet.«Los,Götz» rufe ich.«Komm mit!Wir sind durch!»

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