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Schildernde Texte

Die literarisch bekannteste Textgruppe bilden die schildernden Texte. Wir verstehen darunter die Texte, in denen es um die gefühlsgeprägte Darstellung bestimmter Handlungen oder Gegebenheiten (z.B. Landschaften, Situationen, Gegenstände) geht. Durch den Verzicht auf unpersönliche Sachlichkeit und zusammenfassende Darstellungen und durch die Betonung des Erlebnishaften und Ereignishaften unterscheiden sich die schildernden von berichtenden oder beschreibenden Texten. Schilderungen sind sowohl bei persönlichen Erlebnisdarstellungen wie bei literarischen (fiktiven) Erzählformen üblich. Im Sprachstil bestehen dabei keine bemerkenswerten Unterschiede, im Darstellungsstil folgen literarische Erzähltexte oft bestimmten Gattungsnormen, Aufbauprinzipien und künstlerischen Gestaltungsformen. Alle Schilderungen bevorzugen kürzere Sätze, parataktischen Satzbau, einen möglichst konkreten Wortschatz, ausdruckskräftige Verben, Belebungen durch wörtliche Reden und mitunter auch szenisches oder historisches Präsens. Haupttempus ist (außer bei Reportagen) das Präteritum.28

Erlebniserzählung: Die Erlebniserzählung findet sich als Geschehensschilderung in der Ich-Form in Schulaufsätzen wie in literarischen Texten, wo sie als selbständiger Text oder neben anderen Darstellungsformen (Bericht, Beschreibung, Reflexion) erscheinen kann. Neben Wörtern des persönlichen Erlebens dominieren hier Umstandsangaben zur Charakterisierung der Erlebniswelt. Wortwahl und Satzbau sind oft von der dargestellten Erlebnisperspektive und dem Weltbild und Sprachausdruck des vorgegebenen Erzählers abhängig. Darstellungsstil und Sprachstil bedingen hier einander. Der Ausmalung der ErzählspannunS dienen Adverbien, Ausrufe, wörtliche Reden sowie Darstellungen im szenischen Präsens, besonders bei Höhepunkten der Erlebnisschilderung.

Tagebuch: Eine literarische Sonderform der Erlebniserzählung bilden tagebuchartigc Aufzeichnungen, in denen ein Ich-Erzähler schildernd und reflektierend das eigene Erleben bestimmter Zeitabschnitte festhält. Dem monologischen Reflexionscharakter entsprechend, dominieren rationale Ausdrucksweisen, verbunden mit Empfindungen, ohne daß dabei die Stilformen des Essays oder der Erörterung erreicht werden. Die Verbindung von Rückblick, Besinnung und Ausblick wird im Wechsel der Tempora sichtbar.

Nacherzählung und Geschehensschilderung: Von der Erlebnis-

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erzählung in der 1. Person unterscheiden sich die Nacherzählungen und die Geschehensschilderung als Darstellungen der Erlebnisse anderer Personen, die nicht mit dem Erzähler identisch sind.29 Die Wiedergabe dieser Inhalte erfolgt in der dritten Person. Der Nacherzählung als Reproduktion eines fremden Testes sind die gleichen Stilmerkmale wie der Erlebniserzählung eigen. Lediglich textliche Verkürzungen und Anpassungen an den Individualstil des Nacherzählers heben die Nacherzählung vom Original ab.

Die literarische Geschehensschilderung kann stärker auktorial, d.h. durch Hinweise oder Wertungen der Erzählers, oder stärker personal, d.h. erzählerneutral, abgefaßt sein.

Die Typologie der schildernden Geschehniserzählungen ist recht umfangreich. Hier können kurze berichtartige Erzählungen in der Art der Tierfabel oder der Anekdote ebenso einzureihen wie die Großform der Novelle oder des Romans, die allerdings häufig Kombinationen aus unterschiedlichen Stilformen bilden. Die Charakterisierung dieser Textsorten ist Aufgabe der literaturwissenschaftlichen Gattungsforschung. Neben den gemeinsamen erzählerischen Stilmitteln treten hier oft die stilistischen Eigenheiten der verschiedenen Textsorten hervor, die durch den Individualstil, den Gattungsstil oder den Epochenstil bedingt sind und Typologisierungen erschweren. Selbst fast normative Stilmittel des Erzählens, wie z.B. das Präteritum als Erzähltempus, können im einzelnen zugunsten anderer Stilmittel (z.B. des Präsens) aufgegeben werden. Grundsätzlich gemeinsam ist allerdings allen Erzählformen die Bindung an ein Geschehen, das in seinem Ablauf oder seinen Ergebnissen mehr oder weniger detailliert dargestellt wird.

Naturschilderung und Gegenstandsschilderung: Sucht die Geschehniserzählung eine Abfolge von Ereignissen lebendig darzustellen, so bemühen sich andere Schilderungen, einzelne Phänomene der Wirklichkeit in ihrer Eindruckskraft erzählerisch zu fassen. Gegenstand solcher Einzelschilderungen können Bilder, Landschaften, Situationen oder Einzeldinge sein, die nicht mehr in distanzierter Sicht beschrieben, sondern aufgrund ihrer Wirkung auf den von ihnen »betroffenen« Autor als Erlebnis erzählt werden.30 Die Wiedergabe kann sowohl in der 1. Person (als Aurorerlebnis) als auch in der 3. Person (als Personenerlebnis) erfolgen; ebenso kann sie im erzählenden Präsens oder im mehr erinnernden Präteritum stehen. Die Darstellung orientiert hier weniger über die Beschaffenheit (Form, Aussehen, Qualität) der Einzeldinge als über die persönliche Einschätzung dieser Phänomene durch den Betrachter. Dabei wahrt die Schilderung die Stilmittel der Erzählung, verzichtet jedoch auf Elemente der Spannungssteigerung (temporale Adverbien, Wechsel ins szenische Präsens).

Mit der Schilderung werden mitunter Reflexionen (Vermutungen, Erinnerungen) verbunden, die von den geschilderten Erscheinungen ausgelöst wurden und besondere Stilmittel verlangen (rhetorische Fragen, Futur, Plusquamperfekt). Nicht alle Phänomene zeitigen eine solche Wirkung; meistens handelt es sich um besonders alte oder charakteristische Gegenstände.

Die Kunsterziehungsbewegung der ersten Jahrzehnte unseres Jhs. hatte in ihren Bemühungen um die Förderung musischer Impulse in den Schülern

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solche Schilderungen als Textformen bevorzugt, z.B. das thematisierte Stimmungsbild (wie »Sommerabend am Fluß«).31 Nicht selten führten jedoch derartige Themenstellungen, die eine besondere Sensibilität und Ausdruckskraft voraussetzen, zur Überforderung der Schüler.32

Wesentliches Kennzeichen dieser Art der Schilderung ist die Wiedergabe des einheitlichen Stimmungseindrucks. Hierzu tragen charakteristische Adjektive, Vergleiche, Bilder sowie treffende Verben im Präsens (bei Erzählungen u.ä. im Präteritum) bei.

Reportage: Gegenüber der gefühlvollen Stimmungs- und Eindrucksschilderung bleibt die journalistische Gebrauchsform der Reportage als persönliche Schilderung gleichzeitig ablaufender Geschehnisse objektiver, da sie weniger Empfindungen als vielmehr von allen erlebbare Vorgänge sprachlich darstellen soll. Besonders in der Form der Rundfunkreportage hat diese Textform Bedeutung gewonnen, bildet doch hier das Wort die einzige Möglichkeit der Wirklichkeitserfassung durch den Hörer. Charakteristische Stilmittel zur Erreichung der Unmittelbarkeit des Ausdrucks sind das schildernde Präsens, häufige »Zeigewörter« (Adverbien, Pronomina), kollektivierende Personalpronomina (»wir«, »unser«), kurze Sätze, oft nur einzelne nominale Wendungen.

Eine Sonderform dieser Schilderungen stellt die Sportreportage dar, insofern hier (vor allem in der Fußballreportage) besondere metaphorische Redewendungen und Fachwörter üblich sind.33

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