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Sowinski-Deutsche_Stilistik.doc
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Die Gruppen des besonderen Wortschatzes im Deutschen

Das »Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache«110 unterscheidet neben der normalsprachlichen und der gehobenen umgangssprachlichen Schicht

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des Wortschatzes weitere Schichten, die über oder unter diesen genannten Bereichen einzureihen sind.

Über dem normalsprachlichen Wortschatz wird hiernach die gehobene Schicht angesiedelt. Mit dieser Bewertung werden Wörter oder Redewendungen »als Ausdruck einer gepflegten Sprache« gekennzeichnet, die sich bewußt über Rede und Schrift der Normallage erhebt und u.a. bei feierlichen Gelegenheiten des öffentlichen Lebens verwendet wird (z.B. ableben, empfangen, bekommen, entschlafen). Zu dieser gehobenen Schicht werden auch die »dichterischen« Wörter und Wendungen gezählt, die nur noch in poetischen Texten vorkommen (z.B. Aar, Fittich, Odem).111

Im einzelnen lassen sich diese Gruppen allerdings noch weiter differenzieren nach bestimmten Stilfärbungen, nach der Häufigkeit oder Seltenheit ihres Vorkommens, nach der Bildungsweise u.dgl. Insbesondere die »Dichtersprache«, vor allem in der Lyrik, ist hier genauer zu untersuchen.112

Unter der normalsprachlichen Schicht ordnet das »Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache« zwei andere Stilschichten an: die salopp-umgangssprachliche Schicht und die Schicht vulgärer Wörter und Redewendungen.

Als salopp-umgangssprachlich wird hier der Wortgebrauch bezeichnet, der durch eine gewisse Nachlässigkeit gekennzeichnet ist, wie er im alltäglichen Verkehr der Menschen untereinander sehr verbreitet sei.113 »Die Wörter und Redewendungen dieser Stilschicht sind mehr oder weniger gefühlsbetont (z.B. Abreibung fürSchelte, Prügel, Affe für Rausch).« Den Redewendungen hingen ist oft eine bestimmte volkstümliche Bildhaftigkeit eigen (z.B. Das ist ein Abwasch. Das kannst du dir an den fünf Fingern abzählen!). Wörter dieses Bereichs besitzen den Stilwert des Volkstümlich-Ungezwungenen, oft auch den des Unverblümt-Vertraulichen.114

Die vulgären Wörter und Wendungen werden vom Standpunkt der anderen Stilschichten aus als ausgesprochen grob empfunden und in der Regel vermieden. In literarischen Texten erscheinen sie gelegentlich zur Charakterisierung bestimmter Personen und ihrer Ausdrucksweise. Am häufigsten begegnen Wörter dieser Stilschicht jedoch in expressiver mündlicher Rede, z.B. bei Beschimpfungen, Zornesausbrüchen o.ä. Bevorzugt werden dabei Zusammensetzungen mit Wortelementen des bäuerlichen oder fäkalen Bereiches (Schweine-, Mist-, Sau-, Drecks-, Scheiß- u.dgl.). Mitunter begegnen diese Wörter aber auch ohne groben Stilwert (z.B. Mistwetter = schlechtes Wetter). Manchmal sind bestimmte Gruppensprachen von asozialen oder gesellschaftsfernen Gruppen durch die Dominanz von Wörtern dieser Stilschicht gekennzeichnet (Slangwörter oder Argotismen115). Einzelne Wörter dieser Stilschicht entstammen dem Rotwelsch, der früheren Gauner- oder Kunden-(Vagabunden-)sprache, in die sie aus dem Hebräischen oder dem Jiddischen gelangt sind (vgl. S. 206).

Die Grenzen zwischen den verschiedenen Stilschichten sind nicht immer klar festlegbar und oft von der individuellen Einschätzung des Sprechers oder Hörers abhängig. Insbesondere die Übergange zwischen normalsprachlichem und gehobenem bzw. umgangssprachlichem Wortschatz sind zumeist

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fließend. Die stilistische Zuordnung zu den extremen Schichten fällt dagegen leichter. Zu beachten ist dabei auch, daß das gleiche Wort in verschiedenem Kontext zuweilen einen unterschiedlichen Stilwert ausweisen und unterschiedlichen Stilschichten angehören kann. Das »Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache« nennt z.B. bei »aufbauen» mehrere normalsprachliche Verwendungsweisen und Bedeutungen (z.B. ein Haus bauen, etwas wiederaufbauen, Teile zusammenfügen, bestimmte chemische. Umwandlungen, sich auf Gesichertes stützen), daneben den gehobenen Ausdruck (für auftürmen, zusammenziehen: z.B. Wolkenberge) und die metaphorisch-saloppe Ersatzform für sich aufstellen. Ähnliches ist bei vielen anderen Wörtern zu beobachten.

Solche stilistischen Unterschiede sind zuweilen das Ergebnis von Umnormungsprozessen116, die zu Wandlungen in der Wortverwendung wie im Stilwert führen. Das Wort Weib z.B. galt früher als normalsprachliche Bezeichnung für Frau, verlor jedoch mit der Durchsetzung des Wortes Frau (ursprünglich: adlige Dame) seinen Rang und rutschte in die salopp-umgangssprachliche, ja sogar in die vulgärsprachliche Stischicht ab. Die Bedeutungsverschlechterung führte zur stilistischen Umnormung.

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