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Sowinski-Deutsche_Stilistik.doc
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Stilwerte des landschaftlich gebundenen Wortschatzes

Neben dem besonderen Wortschatz der sozialen Gruppen und der Fachsprachen ist der landschaftlich gebundene (regionale) Wortschatz von stilistischer Bedeutung, und zwar in doppelter Hinsicht: einmal, well mit Hilfe landschaftlich gebundener Wörter ein bestimmtes Lokalkolorit in den Sprachgebrauch gelangt und somit bessere stilistische Charakterisierungen oder Stilisierungen möglich sind, zum anderen, weil aus dem regionalen Wortschatz neue Wörter in die Hochsprache gelangen und so eine stärkere Variation des Wortgebrauchs erlauben.

Dabei sind zwei Erscheinungsweisen des regionalen Wortschatzes zu berücksichtigen: 1. der lokale Mundartschatz eines bestimmten Mundartgebietes, 2. der regionale Wortschatz einer Umgangssprache. Während sich Mundarten – trotz der Rückgangstendenzen aufgrund von Verstädterung, Presse und Fernsehen – in manchen Gegenden oft noch von Ort zu Ort unterscheiden, läßt die landschaftliche Umgangssprache das grob Mundartliche, die sogenannten primären Mundartmerkmale, weg, behält jedoch die sekundären Mundartmerkmale (Sprachmelodie, Aussprache, regional gebundene Wörter u.ä.) bei. Mundart wie Umgangssprache nähern sich zwar immer mehr der in Rundfunk, Fernsehen und Theater gesprochenen »Hochsprache«, deren schriftliche Form längst für alle Deutschsprachigen verbindlich ist. Im Wortschatz und einigen grammatischen Besonderheiten aber dringt manches landschaftlich Gebundene in die Literatur und Presse ein. Die Hoch- und Schriftsprache hat im Laufe der Jahrhunderte viele Wörter aus den verschiedenen Landschaften aufgenommen.133 Häufig hat sich hier – sprachgeschichtlich bedingt – der mitteldeutsche Wort- und Formenschatz, ergänzt durch niederdeutsche Wörter, durchgesetzt. Die Mundarten und Umgangssprachen Süddeutschlands, Österreichs und der Schweiz bewahren demgegenüber stärker einen Eigenwortschatz. Ein Beispiel dafür bietet Thomas Mann in den »Buddenbrooks«:

Und wenn ich ›Frikadellen‹ sage, so begreift sie es nicht, denn es heißt hier ›Pflanzerln‹; und wenn sie ›Karfiol‹ sagt, so findet sich wohl nicht so leicht ein Christenmensch, der darauf verfallt, daß sie Blumenkohl meint; und wenn ich sage: ›Bratkartoffeln‹, so schreit sie so lange ›Wahs!‹ bis ich ›Geröhste Kartoffeln‹ sage ...

Stilistisch bleibt der Mundartwortschatz vor allem der Verständigung im lokal begrenzten Bereich vorbehalten, zu der auch Texte der Mundartliteratur gehören. Gelegentlich erscheinen einzelne Partien anderer Texte oder ganze Texte für ein überregionales Publikum in einer bestimmten Mundart; man denke etwa an Gerhart Hauptmanns »Die Weber«. In anderen Texten, vor allem in wörtlichen Reden, dient die Mundart oder mundartlich gefärbte Umgangssprache der Charakterisierung von Situationen oder Personen.

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Tonerl, mir war’s gnua. Mehr brauchen mer nimmer. I hab' mi allweil g'schunden, und jetzt will i mei Ruh ...

... und am Abend hab’i’s Hofbräuhaus. I bin ka Prozen net und mag net allweil a Göld z'ammenscharn –, i mag mei G'müatlichkeit! Von morgen ab mach i Schluß und werd Privatier! (Th. Mann, »Buddenbrooks«)

Häufiger als solche »Sprachporträts« finden sich einzelne landschaftlich gebundene Wörter bei einzelnen Autoren, besonders bei den Realisten des 19. Jahrhunderts oder in der zeitgenössischer Literatur, beispielsweise westpreußische Wörter bei Günter Grass (z.B. diffteln. Stert, Dootendetz, Puscheln), berlinische bei Wolfdietrich Schnurre (Hopse; spinnete Fatzken, Scharteke) oder in Alfred Döblins »Berlin Alexanderplatz«, kölnische bei Jürgen Becker und Heinrich Böll (Büdchen, Klüngel), gelegentlich schweizerische bei Max Frisch jassen = Karten spielen).

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