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Стилистика немецкого языка учебник.doc
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4.4.2. Stilwerte des Artikels

Der Artikel ist das Hauptzeichen der Kategorie der Bestimmtheit / Unbestimmtheit. Der bestimmte Artikel besitzt in allen Kasus- und Numerusformen deutliche Merkmale, der unbestimmte Artikel hat nur Singularformen, die in vielen Kasus zusammenfallen. [Schendels: 168] Der Nullartikel darf nicht dem Fehlen des Artikels gleichgesetzt werden, meinen E. Riesel und E. Schendels [Riesel, Schendels: 118] Man lässt den Artikel aus unterschiedlichen Gründen aus, darunter auch aus stilistischen, der Nullartikel dagegen ist eine gesetzmäßige Entsprechung des unbestimmten Artikels im Plural.

Die stilgestaltende Rolle des Artikels äußert sich darin, dass jeder einzelne funktionale Stil Besonderheiten des Artikelgebrauchs aufweist. Eine auffalende Besonderheit in der Verwendung des Artikels kann zu einer Stilnorm werden.

Den Stil der Alltagsrede erkennt man an den gekürzten Artikelformen (‘nen, ‘ne) und am häufigen Gebrauch des bestimmten Artikels vor dem Personennamen. Nach der normativen Grammatik und Stilistik ist es nicht korrekt, vor einen Personennamen den bestimmten Artikel zu setzen: der Hans, die Irene; der (Hans) Moser, die (Elisabeth) Bergner. Aber bei der Verwendung von Namen in der dritten Person kann man, vor allem in Gesprächen, immer wieder Verstöße gegen die Normvorschrift beobachten: Das wird der Hans (Schubert) erledigen. Kann ich die Inge (Neumann) mal sprechen?

Der Artikel steht auch regelmäßig, sobald ein Attribut zum Personennamen hinzutritt: der junge Goethe, der Adenauer der fünfziger Jahre, der Meier von nebenan. Auch wenn Personennamen als nachgestellte Attribute auftreten, wird gewöhnlich der Artikel davongesetzt: Die Rollle des Götz /der Julia/ der Minna von Barnhelm spielte …; und der bestimmte Artikel ist außerdem austauschbar gegen andere Wörter in gleicher syntaktischer Funktion: Der Hans liebt die Grete. Bei Vornamen scheint der bestimmte Artikel allgemein üblich und stilistisch neutral zu sein. Bei Familiennamen dagegen gilt diese Redeweise als unhöflich, herablassend, als salopp. [Seibicke: 62]: Haben Sie den Schulze noch nicht gesehen?

Der Stil der öffentlichen Rede neigt als offiziell-direktive Sachprosa oft zum Weglassen des Artikels. Das betrifft vor allem die Abfassung von Kanzlei- und Gerichtsdokumenten, die Militär- und Sportkommandos, Anzeigen, Bekanntmachungen – kurzum, alle Fälle, wo die Aussage möglichst knapp, sachlich und emotionslos geprägt werden muss: Bahnsteig gesperrt. Eintritt verboten. Sprechstunden täglich von 10 bis 12 Uhr außer Sonntag. Personalleiter gesucht.

Auffalend ist die Artikellosigkeit im Stil der Publizistik und zwar in den Überschriften und Schlagzeiten einer Zeitung: das, was in einem anderen Stil unzulässig wäre, gilt hier als Stilnorm: Weltrekord Nummer 4. Gemeinsamer Gang zum Weltrekord. Pfund-Krise treibt Preise in die Höhe.

Die hohe Gebrauchsfrequenz des bestimmten Artikels ist allerdings keine stilistische, sondern eine sprachliche Besonderheit, weil im Deutschen überhaupt der bestimmte Artikel viel häufiger als der unbestimmte erscheint. [Riesel, Schendels: 120]

Der Erkenntnisweg führt meist vom Unbekannten (unbestimmten, Neuen) zum Bekannten (Bestimmten, Alten), was man kommunikative Rhema-Thema- Gliederung nennt. Dieser Weg wird sprachlich durch den Wechsel von dem unbestimmten zu dem bestimmten gekennzeichnet: Am Feuer saß ein Mann … Der Mann am Feuer stand auf. Während der bestimmte Artikel den Eindruck erwecken kann, als sei dem Empfänger das Unbekannte bekannt, ruft der unbestimmte Artikel eine umgekehrte Wirkung hervor: er stellt die bekannten Dinge so dar, als offenbarten sie sich von einer neuen Seite, in einer anderen Bedeutung. Dieselbe Stilwirkung hat der unbestimmte Artikel bei den Personennamen: er bezeichnet das veränderte Wesen einer gut bekannten und mehrmals erwähnten Person: Ein verstörter Bienkopp stampft durch die Feldmark. [Strittmatter 1] Die stilistische Leistung des Artikels ist von seiner semantischen Leistung schwer zu trennen. Der Artikel allein besitzt keinen Wert, er bedarf der sprachlichen und außersprachlichen Unterstützung.