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01_-_Harry_Potter_und_der_Stein_der_Weisen

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»Ich würde gern deine Mum und deinen Dad sehen«, sagte Ron begeistert.

»Und ich will deine Familie sehen, alle Weasleys, du kannst mir deine anderen Brüder zeigen und überhaupt alle.«

»Die kannst du jederzeit sehen«, sagte Ron. »Komm mich einfach diesen Sommer besuchen. Außerdem zeigt er vielleicht nur die Toten. Schade jedenfalls, dass du nichts über Flamel herausgefunden hast. Nimm doch von dem Schinken, warum isst du eigentlich nichts?«

Harry konnte nichts essen. Er hatte seine Eltern gesehen und würde sie heute Nacht wieder sehen. Flamel hatte er fast vergessen. Das schien ihm nicht mehr besonders wichtig. Wen kümmerte es, was, der dreiköpfige Hund bewachte? War es im

Grunde nicht gleichgültig, wenn Snape es stahl?

»Geht's dir gut?«, fragte Ron. »Du guckst so komisch.«

Wovor Harry wirklich am meisten Angst hatte, war, den Raum mit dem Spiegel nicht mehr zu finden. Weil Ron in dieser Nacht auch noch unter dem Umhang steckte, mussten sie langsamer gehen. Sie versuchten Harrys Weg von der Bibliothek aus wieder zu finden und zogen fast eine Stunde lang durch die dunklen

Korridore.

»Mir ist kalt«, sagte Ron. »Vergessen wir's und gehen wieder ins Bett.«

»Nein!«, zischte Harry. »Ich weiß, dass er irgendwo hier ist.«

Sie kamen am Geist einer großen Hexe vorbei, die in die andere Richtung unterwegs war, doch sonst sahen sie niemanden. Gerade als Ron anfing zu klagen, ihm sei eiskalt an den Füßen, entdeckte Harry die Rüstung.

»Es ist hier, genau hier, ja!«

Sie stießen die Tür auf Harry ließ den Umhang von den Schultern gleiten und rannte zum Spiegel.

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Da waren sie. Mutter und Vater strahlten ihn an. »Siehst du?«, flüsterte Harry.

»Ich seh gar nichts.«

»Sieh doch mal! Schau sie dir an ... da sind so viele ...«

»Ich seh nur dich.«

»Du musst richtig hinsehen, komm her, stell dich neben mich.«

Harry trat einen Schritt zur Seite, doch zusammen mit Ron vor dem Spiegel konnte er seine Familie nicht mehr sehen, nur noch Ron in seinem Schlafanzug.

Ron jedoch blickte wie gebannt auf sein Spiegelbild. »Schau doch mal!«, sagte er.

»Kannst du deine ganze Familie um dich herum sehen?«

»Nein, ich bin allein, aber ich sehe anders aus, älter, und ich bin Schulsprecher«

»Was?«

»Ich bin ... ich trage ein Abzeichen wie früher Bill, und ich halte den Hauspokal und den Quidditch-Pokal in den Händen, und ich bin auch noch Mannschaftskapitän!«

Ron konnte kaum den Blick von dieser phantastischen Aussicht lassen.

»Glaubst du, dass dieser Spiegel die Zukunft zeigt?«

»Wie sollte er? Meine ganze Familie ist tot, lass mich noch mal sehen -«

»Du hast ihn gestern Nacht für dich alleine gehabt, lass mir ein wenig mehr Zeit.«

»Du hältst doch bloß den Quidditch-Pokal, was soll daran interessant sein? Ich will meine Eltern sehen.«

»Hör auf, mich zu schubsen!«

Ein plötzliches Geräusch draußen im Gang setzte ihrer Streiterei ein Ende. Sie hatten nicht bemerkt, wie laut sie sprachen.

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»Schnell!«

Ron warf den Umhang über sie beide und in diesem Augenblick huschten die leuchtenden Augen von Mrs. Norris durch die Tür. Ron und Harry standen mucksmäuschenstill und beide stellten sich dieselbe Frage - wirkte der Umhang auch bei Katzen? Es schien eine Ewigkeit zu dauern, doch dann wandte sie sich um und verschwand.

»Wir sind hier nicht mehr sicher, vielleicht ist sie zu Filch gelaufen, ich wette, sie hat uns gehört. Los, komm.«

Und Ron zog Harry hinaus.

Am nächsten Morgen war der Schnee noch nicht geschmolzen »Hast du Lust auf Schach, Harry?«, fragte Ron.

»Nein.«

»Wie wär's, wenn wir runtergehen und Hagrid besuchen »Nein ... du kannst ja gehen ...«

»Ich weiß, was dir im Kopf rumgeht, Harry, dieser Spiegel. Bleib heute Nacht lieber hier.«

»Warum?«

»Ich weiß nicht, ich hab nur ein schlechtes Gefühl dabei - und außerdem bist du jetzt schon zu oft nur um Haaresbreite entkommen. Filch, Snape und Mrs. Norris streifen im Schloss umher. Sie können dich zwar nicht sehen, aber was ist, wenn sie einfach in dich reinlaufen? Was, wenn du etwas umstößt?«

»Du hörst dich an wie Hermine.«

»Mir ist es ernst, Harry, geh nicht.«

Doch Harry hatte nur einen Gedanken im Kopf, nämlich zum

Spiegel zurückzukehren. Und Ron würde ihn nicht aufhalten.

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In dieser dritten Nacht fand er den Weg schneller als zuvor. Er rannte und wusste, dass er unvorsichtig laut war, doch er begegnete niemandem.

Und da waren seine Mutter und sein Vater wieder. Sie lächelten ihn an und einer seiner Großväter nickte glücklich mit dem Kopf, Harry sank vor dem Spiegel auf den Boden. Nichts würde ihn davon abhalten, die ganze Nacht über bei seiner Familie zu bleiben - nichts in der Welt.

Außer -

»Nun, wieder da, Harry?«

Harry kam sich vor, als ob sein Inneres zu Eis erstarrt wäre. Er wandte sich um. Auf einem der Tische an der Wand saß niemand anderer als Albus Dumbledore. Harry musste einfach an ihm vorbeigelaufen sein, so begierig, zum Spiegel zu gelangen, dass er ihn nicht bemerkt hatte.

»Ich - ich hab Sie nicht gesehen, Sir«

»Merkwürdig, wie kurzsichtig man werden kann, wenn man unsichtbar ist«, sagte Dumbledore, und Harry war erleichtert, als er ihn lächeln sah.

»Nun«, sagte Dumbledore und glitt vom Tisch herunter, um sich neben Harry auf den Boden zu setzen, »wie hunderte

Menschen vor dir hast du die Freuden des Spiegels Nerhegeb entdeckt.«

»Ich wusste nicht, dass er so heißt, Sir.«

»Aber ich denke, du hast inzwischen erkannt, was er tut?«

»Er - naja - er zeigt mir meine Familie -«

»Und er hat deinen Freund Ron als Schulsprecher gezeigt.«

»Woher wissen Sie -?«

»Ich brauche keinen Umhang, um unsichtbar zu werden«, sagte Dumbledore sanft. »Nun, kannst du dir denken, was der Spiegel Nerhegeb uns allen zeigt?«

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Harry schüttelte den Kopf.

»Dann lass es mich erklären. Der glücklichste Mensch auf der Erde könnte den Spiegel Nerhegeb wie einen ganz normalen

Spiegel verwenden, das heißt, er würde in den Spiegel schauen und sich genau so sehen, wie er ist. Hilft dir das weiter?«

Harry dachte nach. Dann sagte er langsam: »Er zeigt uns, was wir wollen ... was immer wir wollen ...«

»Ja und nein«, sagte Dumbledore leise. »Er zeigt uns nicht mehr und nicht weniger als unseren tiefsten, verzweifeltsten Herzenswunsch. Du, der du deine Familie nie kennen gelernt hast, siehst sie hier alle um dich versammelt. Ronald Weasley, der immer im Schatten seiner Brüder gestanden hat, sieht sich ganz alleine, als bester von allen. Allerdings gibt uns dieser

Spiegel weder Wissen noch Wahrheit. Es gab Menschen, die vor dem Spiegel dahingeschmolzen sind, verzückt von dem, was sie sahen, und andere sind wahnsinnig, geworden, weil sie nicht wussten, ob ihnen der Spiegel etwas Wirkliches oder auch nur etwas Mögliches zeigte.

Der Spiegel kommt morgen an einen neuen Platz, Harry, und ich bitte dich, nicht mehr nach ihm zu suchen. Du kennst dich jetzt aus, falls du jemals auf ihn stoßen solltest. Es ist nicht gut, wenn wir nur unseren Träumen nachhängen und vergessen zu leben, glaub mir. Und nun, wie wär's, wenn du diesen beeindruckenden Umhang wieder anziehst und ins Bett verschwindest?«

Harry stand auf.

»Sir, Professor Dumbledore? Darf ich Sie etwas fragen?«

»Nun hast du ja eine Frage schon gestellt«, sagte Dumbledore lächelnd. »Du darfst mich aber noch etwas fragen.«

»Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen?«

»Ich? Ich sehe mich dastehen, ein Paar dicke Wollsocken in der Hand haltend.«

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Harry starrte ihn an.

»Man kann nie genug Socken haben«, sagte Dumbledore. »Wieder einmal ist ein Weihnachtsfest vergangen, ohne dass ich ein einziges Paar Socken bekommen habe. Die Leute meinen dauernd, sie müssten mir Bücher schenken.«

Erst als Harry wieder im Bett lag, kam ihm der Gedanke, dass Dumbledore vielleicht nicht ganz die Wahrheit gesagt hatte. Doch zugegeben, dachte er und schubste Krätze von seinem Kopfkissen, es war doch eine recht persönliche Frage.

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Nicolas Flamel

Dumbledore hatte Harry davon überzeugt, besser nicht mehr nach dem Spiegel Nerhegeb zu suchen, und die restlichen Tage der Weihnachtsferien blieb der Tarnumhang zusammengefaltet auf dem Boden seines großen Koffers. Harry wünschte sich, er könnte genauso leicht das, was er im Spiegel gesehen hatte, aus seinem Innern räumen, doch das gelang ihm nicht. Allmählich bekam er Alpträume. Immer und immer wieder träumte er davon, wie seine Eltern in einem Blitz grünen Lichts verschwanden, während eine hohe Stimme gackernd lachte.

»Siehst du, Dumbledore hatte Recht, dieser Spiegel könnte dich in den Wahnsinn treiben«, sagte Ron, als Harry ihm von diesen Träumen erzählte.

Hermine, die am letzten Ferientag zurückkam, sah die 1 )Inge ganz anders. Sie schwankte zwischen Entsetzen und Enttäuschung. Entsetzen bei dem Gedanken, dass Harry Drei Nächte nacheinander aus dem Bett geschlüpft war und das

Schloss durchstreift hatte (»Wenn Filch dich erwischt hätte«), und Enttäuschung darüber, dass er nicht wenigstens herausgefunden hatte, wer Nicolas Flamel war.

Sie hatten schon fast die Hoffnung aufgegeben, Flamel jemals in einem Bibliotheksband zu finden, auch wenn Harry sich immer noch sicher war, dass er den Namen irgendwo gelesen hatte. Nach dem Ende der Ferien fingen sie wieder an zu suchen und in den Zehn-Minuten-Pausen die Bücher durchzublättern.

Harry hatte sogar noch wem-

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ger Zeit als die andern, denn auch das Quidditch-Training hatte wieder begonnen.

Wood forderte die Mannschaft härter denn je. Selbst der

Dauerregen, der nach dem Schnee eingesetzt hatte, konnte seine

Begeisterung nicht dämpfen. Die Weasleys beschwerten sich, Wood sei vom Quidditch geradezu besessen, doch Harry war auf

Woods Seite. Sollten sie ihr nächstes Spiel gegen Hufflepuff gewinnen, würden sie zum ersten Mal in sieben Jahren Slytherin in der Hausmeisterschaft überholen. Abgesehen davon, dass er gewinnen wollte, stellte Harry fest, dass er weniger Alpträume hatte, wenn er nach dem Training erschöpft war.

Eines Tages, während einer besonders nassen und schlammigen Trainingsstunde, hatte Wood der Mannschaft eine schlechte Nachricht mitzuteilen. Gerade war er sehr zornig geworden wegen der Weasleys, die immerzu im Sturzflug aufeinander zurasten und so taten, als stürzten sie von ihren Besen.

»Hört jetzt endlich auf mit dem Unfug!«, rief er. »Genau wegen so was verlieren wir noch das Spiel! Diesmal macht Snape den Schiedsrichter, und dem wird jede Ausrede recht sein, um Gryffindor Punkte abzuziehen.«

George Weasley fiel bei diesen Worten wirklich vom Besen. »Snape ist Schiedsrichter?«, prustete er durch einen Mund

voll Schlamm. »Wann hat der denn jemals ein Quidditch-Spiel gepfiffen? Er wird nicht mehr fair sein, falls wir die Slytherins

überholen können.«

Die anderen Spieler landeten neben George und beschwerten sich ebenfalls.

»Ich kann doch nichts dafür«, sagte Wood. »Wir müssen einfach aufpassen, dass wir ein sauberes Spiel machen und Snape keinen Grund liefern, uns eins auszuwischen.«

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Schön und gut, dachte Harry, doch er hatte noch einen Grund, warum er Snape beim Quidditch lieber nicht in seiner Nähe haben wollte ...

Wie immer nach dem Training blieben die anderen Spieler noch eine Weile beisammen und unterhielten sich, doch Harry machte sich gleich wieder auf den Weg in den

Gemeinschaftsraum der Gryffindors, wo er Ron und Hermine beim Schachspiel fand. Schach war das Einzige, bei dem Hermine immer verlor, und Harry und Ron waren der Meinung, das könne ihr nur gut tun.

»Sei mal einen Augenblick ruhig«, sagte Ron, als Harry sich neben ihn setzte. »Ich muss mich konzen -« Dann sah er Harrys Gesicht. »Was ist denn mit dir los? Du siehst ja furchtbar aus.«

Mit leiser Stimme, damit ihn niemand im Umkreis hören konnte, berichtete Harry den beiden von Snapes plötzlichem und finsterem Wunsch, ein Quidditch-Schiedsrichter zu sein.

»Spiel nicht mit«, sagte Hermine sofort. »Sag, dass du krank bist«, meinte Ron.

»Tu so, als ob du dir das Bein gebrochen hättest«, schlug Hermine vor.

»Brich dir das Bein wirklich«, sagte Ron.

»Das geht nicht«, sagte Harry. »Wir haben keinen ReserveSucher. Wenn ich passe, kann Gryffindor überhaupt nicht spielen.«

In diesem Moment stürzte Neville kopfüber in den

Gemeinschaftsraum. Wie er es geschafft hatte, durch das Porträtloch zu klettern, war ihnen schleierhaft, denn seine Beine waren zusammengeklemmt, und sie erkannten sofort, dass es der Beinklammer-Fluch sein musste. Offenbar war er den ganzen

Weg hoch in den Gryffindor-Turm gehoppelt wie ein Hase.

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Allen war nach Lachen zumute, außer Hermine, die aufsprang und den Gegenfluch sprach. Nevilles Beine sprangen auseinander und zitternd rappelte er sich hoch.

»Was ist passiert?«, fragte ihn Hermine und schleppte ihn hinüber zu Harry und Ron, wo er sich setzte.

»Malfoy«, sagte Neville mit zitternder Stimme. »Ich hab ihn vor der Bibliothek getroffen. Er sagte, er würde nach jemandem suchen, bei dem er diesen Fluch üben könnte.«

»Geh zu Professor McGonagall!«, drängte ihn Hermine. »Sag es ihr!«

Neville schüttelte den Kopf.

»Ich will nicht noch mehr Schwierigkeiten«, murmelte er. »Du musst dich gegen ihn wehren, Neville!«, sagte Ron. »Er

ist daran gewöhnt, auf den Leuten herumzutrampeln, aber das ist noch kein Grund, sich vor ihn hinzulegen und es ihm noch leichter zu machen.«

»Du brauchst mir nicht zu sagen, dass ich nicht mutig genug bin für Gryffindor, das hat Malfoy schon getan«, schluchzte er.

Harry durchwühlte die Taschen seines Umhangs und zog einen Schokofrosch hervor, den allerletzten aus der Schachtel, die Hermine ihm zu Weihnachten geschenkt hatte. Er gab ihn

Neville, der kurz davor schien, in Tränen auszubrechen.

»Du bist ein Dutzend Malfoys wert«, sagte Harry. »Der Sprechende Hut hat dich für Gryffindor ausgewählt, oder? Und wo ist Malfoy? Im stinkigen Slytherin.«

Nevilles Lippen zuckten für ein schwaches Lächeln, als er den Frosch auspackte.

»Danke, Harry ... Ich glaub, ich geh ins Bett ... Willst du die Karte? Du sammelst die doch, oder?«

Neville ging hinaus und Harry sah sich die Sammelkarte der berühmten Zauberer an.

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