- •H.H. Богданова,e.Ji. Семенова
- •Учебник немецкого языка
- •Для технических университетов и вузов
- •(С интерактивными упражнениями и тестами на компакт-диске)
- •2009, С изменениями © мгту им. Н.Э. Баумана, 2006, 2009,
- •Text 1a die moskauer staatliche technische bauman-universität
- •Text ic ein rundgang durch die universität
- •Im theater: was gibt's im theater neues?
- •Text 4а
- •Berlin - deutsche hauptstadt und europäische kulturmetropole
- •I1).35 Uhr neunzehn Uhr fünfunddreißig fünf nach halb acht
- •Ine entscheidende Rolle spielen играть решающую роль
- •Im Schatten sah ich Ein Blümchen stehn, Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön.
- •Ich grub's mit allen Den Würzlein aus. . , Zum Garten trug ich's Am hübschen Haus.
- •§ 1. Порядок слов в простом предложении
- •§ 2. Отрицание
- •§ 3. Глагол
- •3.3. Образование временных форм глаголов в действительном залоге изъявительного наклонения
- •3.3.1. Настоящее время
- •3.3.1.1. Спряжение сильных и слабых глаголов в настоя-
- •3.3.1.2. Спряжение неправильных глаголов sein, haben, werdenв настоящем времени (Präsens der Verben sein, haben, werden):
- •3.3.3. Сложное прошедшее время
- •§ 4. Имя существительное V
- •7.3. Чтение некоторых математических действий
- •§ 8. Имя прилагательное. Наречие
- •§ 9. Причастие
- •§ 10. Инфинитивные группы '
- •§ 13. Сложноподчиненное предложение
- •13.1. Дополнительные придаточные предложения
- •13.2. Определительные придаточные предложения
- •Главное предложение - Придаточное предложение
- •I 13.8. Уступительные придаточные ! • предложения
- •13.9. Ограничительные придаточные предложения
- •§ 14. Употребление указательных местоимений для замены существительных
- •§ 14. Употребление указательных местоимений • sul I'.V для замены существительных (Substantivischer
p GEFUNDEN
Johann
Wolfgang von Goethe
Ich
ging im Walde
So
für mich hin, 1
Und
nichts zu suchen.
Das
war mein Sinn. ' >
Ich
wollt es brechen,
Da sagt es fein:
So!) ich
zum
Welken
Gebrochen sein?
Und
pflanzt es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und
blüht so fort. SPRUCH,
WIDERSPRUCH
Ihr
müsst mich nicht durch Widerspruch verwirren!
Sobald man
spricht, beginnt man schon zu irren.
f241 WEIMAR
- KULTURSTADT EUROPAS
„Dieser
junge 27
jährige
feurige Herr Doktor brachte eine wun« derbare Revolution in diesem
Ort hervor, der bisher ziemlich philisterhaft gewesen war und
plötzlich genialisiert wurde. Man kann sich keinen schöneren Mann
vorstellen ...
die
seltene Vereinigung geistiger und körperlicher Vollkommenheit..."
Diesen
Satz sprach einst der Arzt Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836).
Der
Leser fragt sich, welchen Ort er wohl gemeint hat und welche Person?
Nun, die Stadt ist zwar nach der politischen Wende in Deutschland
nicht die Landeshauptstadt des Bundeslandes und Freistaates
Thüringen geworden. Dennoch ist Weimar für ein Jahr eine Art
Hauptstadt, nämlich „Kulturstadt Europas". Und diese
Tatsache hängt eben auch zusammen mit dem Mann, von dem jener Arzt
gesprochen hat und der kein geringerer war als Johann Wolfgang
von Goethe, der deutsche Dichterfürst. Er kam 1776
nach
Weimar, wo er bis zu seinem Tod am 22.3.1832
lebte
und Weltliteratur schuf und wie kein anderer seiner Zeit das Denken
und Handeln in vielen Lebensbereichen beeinflußte.
Über
ihn haben wir in einer früheren Ausgabe des „Weges"
ausführlich berichtet. Um ihn soll es hier nun also nicht gehen,
sondern um die Stadt, die durch ihn „genialisiert" wurde.
Stadt in der „grünen Mitte". Diese Stadt ist Weimar. Sie
liegt in der „grünen Mitte" Deutschlands und etwa in der
Mitte des Thüringer Beckens auf ca. 240
m
N.N.1
Sie wird durchflössen von dem kleinen Flüsschen Ilm, das aus
dem Thüringer Wald kommend später in die Saale mündet. Ungefähr
60000
Einwohner
leben in dieser mehr als uralten Siedlung. Die meisten der heutigen
Einwohner sind evangelisch, wenn sie nach mehr als 40
jähriger
sozialistischer Herrschaft der damaligen DDR denn überhaupt noch
einer Kirche angehören.
Als
Stadt wurde Weimar 1254
zum
ersten Mal urkundlich erwähnt. Im Laufe der Geschichte war sie
schon mehrfach auch Residenz von Fürsten und Herzögen. Zuletzt war
Weimar bis 1918
die
Hauptstadt des Großherzogtums Sachsen-Eisenach. In moderner Zeit
hat sie allerdings, wie schon erwähnt, den Wettbewerb um die
Hauptstadt des neuen Bundeslandes gegen die Nachbarstadt Erfurt
verloren. Wenngleich das Umland von Weimar land- und
forstwirtschaftlich geprägt ist, kann die Stadt doch auch
Industrien auf
f242Im Schatten sah ich Ein Blümchen stehn, Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön.
Ich grub's mit allen Den Würzlein aus. . , Zum Garten trug ich's Am hübschen Haus.
weisen,
z.B. Landmaschinenbau, Kabel- und Apparatebau, Herstellung
feinmechanischer Geräte u.s.w. Goethe- und Schillerstadt Weimar ist
Kreisstadt (Kfz-Kennzeichen WE) und verfügt über zwei bekannte
Hochschulen für Architektur und Bauwesen bzw. für Musik.
Zu
seinen bekanntesten Museen zählen natürlich das Goethe-
Nationalmuseum und das Schillerhaus. Auch Friedrich von Schiller
(1759-1805) wirkte die letzten 18 Jahre seines Lebens in Weimar, wo
er in vielen Dingen, vor allem im Bereich der Literatur und des
Theaters, eng mit Goethe zusammenarbeitete. Deshalb hat man den
beiden Großen vor dem Nationaltheater auch ein Denkmal gesetzt.
Manche Leute sagen, ganz Weimar sei mit seinem Schloss aus dem 16.
Jahrhundert und seiner Altstadt ein Museum, das leider durch einen
Bombenangriff im Februar 1945 stark gelitten hat. Inzwischen sind
jedoch die meisten Schäden behoben und die Stadt erstrahlt in neuem
Glanz seiner alten historischen Architektur.
Demokratie
und Faschismus. Zwei wichtige Ereignisse aus der jüngeren
Geschichte müssen noch erwähnt werden, die Weimar auch bekannt
gemacht haben: Nach dem Ende des 1. Weltkrieges versammelte
sich die verfassunggebende „Deutsche Nationalversammlung"
in dem klassizistischen Bau des Nationaltheaters, um die
parlamentarisch-demokratische „Weimarer Republik" zu
gründen. Diese Republik hatte Bestand bis zur Gründung des
sogenannten 3. Reiches unter Adolf Hitler im Jahre 1933. Diese Zeit
freilich gab der Stadt Weimar dann eine traurige Berühmtheit. Die
Hitlerdiktatur errichtete nämlich auf dem nahegelegenen
Ettersberg das berüchtigte Konzentrationslager „Buchenwald".
Tausende von Juden und Gegnern des Nationalsozialismus kamen in
diesem Lager ums Leben. Heute erinnert eine Gedenkstätte an diese
bösen Zeiten.
Bedeutsame
Ereignisse zuletzt: dass die Stadt Weimar nun für 1999 zur
„Kulturstadt Europas" ernannt worden ist, verdankt sie dem
Zusammentreffen verschiedener bedeutsamer Ereignisse: Am 28.8.1999
feierte die kulturelle Welt die 250. Wiederkehr des Geburtstags von
Johann Wolfgang von Goethe; zum 80. Mal jährte sich die
Unterzeichnung der „Weimarer Verfassung"; die zehnjährige
Wiederkehr des Mauerfalls in Berlin und der Öffnung der Westgrenzen
der DDR, also auch der Grenzen Thüringens zu Bayern, Hessen und
Niedersachsen gilt es zu feiern; außerdem liegt
f243
es
genau 1100
Jahre
zurück, dass Weimar als Ort in einer Urkunde erwähnt ist. Genug
Gründe, der Stadt die besondere Ehre zuteil werden zu lassen.
Die besondere Ehre ist aber auch eine besondere Verpflichtung:
dass die Ernennung Weimars zur „Kulturstadt Europas" gefeiert
wird mit einer Fülle von Veranstaltungen in der Stadt selbst und in
ihrer Umgebung, das versteht sich natürlich. Für die relativ
kleine Stadt bedeutet das einerseits hohe Investitionen vor allem
finanzieller Art und andererseits einen großen Aufschwung ihrer
Entwicklung in allen Bereichen ihres politischen, wirtschaftlichen
und kulturellen Lebens. Es wird sich lohnen, dieses besondere Jahr
für die bisher kleinste der „Kulturstädte Europas" auf
irgendeine Weise mitzuerleben über das Fernsehen, das Radio, die
Presse oder, wenn möglich, durch einen persönlichen Besuch. 1
Texterläuterungen
1:
N.N.
(nach'Norden) -
на север ' ALEXANDER
VON HUMBOLDT
Friedrich
Wilhelm Heinrich Alexander Freiherr von Humboldt wurde am 14.
September 1769 in Berlin, in der Jägerstraße 22 als Sohn eines
Offiziers geboren. Alexander wuchs gemeinsam mit seinem Bruder
Wilhelm im Schloss Tegel, dem Familienbesitz der Humboldts auf.
In den Jahren von 1777-1789 unterrichteten Privatlehrer ihn und
seinen Bruder Wilhelm, den Elementarunterricht erteilte unter
anderem Joachim Heinrich Campe1
(1746-1818). 1779 stirbt der Vater. 1787 immatrikulieren die Brüder
Alexander und Wilhelm von Humboldt an der Universität in
Frankfurt/Oder, wechseln jedoch schon ein Jahr später an die
Universität nach Göttingen.
Ab
1790 trennen sich die Wege der beiden Brüder. Alexander studierte
Kamerai- und Altertumswissenschaften, Theologie, Medizin,
Physik, Mathematik und wechselte 1791 an die Handelsakademie in
Hamburg und später an die Bergakademie in Freiberg. Nach seinem
Studium trat Alexander von Humboldt in den preußischen
Staatsdienst ein und wurde 1792 in Berlin zum Assessor im
f244
preußischen
Bergdepartement ernannt. Bis 1797 wirkte er hier als Hergassessor
und -meister und war zuständig für den Bergbau im I rankenwald und
im Fichtelgebirge.
Während
dieser Zeit unternimmt er mehrere Studienreisen und wird auf
diplomatische Missionen geschickt. Wegen seiner hervorragenden
Leistungen wollte sein Arbeitgeber ihn mit noch bedeutenderen
Aufgaben betrauen. Er aber lehnte ab und trat nach dem Tode seiner
Mutter 1796, nicht zuletzt wegen seines naturwissenschaftlichen
Interesses, aus dem Staatsdienst aus. In den Jahren von 1796 bis
1798 widmet sich Alexander von Humboldt nun ausschließlich
naturwissenschaftlichen Studien, die ihn auf ausgedehnte Reisen in
mehrere Länder führen. Während dieser Zeit besucht Alexander von
Humboldt unter anderem Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich
von Schiller und bereitet sich auf eine Forschungsreise nach La-
(cinamerika vor.
In
Paris lernt Alexander von Humboldt den Botaniker Aimé
Bon-
pland kennen, mit dem er 1799 zu einer Reise nach Südamerika
aufbricht und bis 1804 im Gebiet der heutigen Staaten
Venezuela, Kuba, Kolumbien, Ecuador, Peru und Mexiko forscht.
Anschließend kehrte Alexander von Humboldt über Kuba und die USA,
wo er in Washington Thomas Jefferson kennenlernte, nach Europa
zurück.
Nach
seiner Rückkehr promoviert2
Alexander von Humboldt 1805 an der Universität in Frankfurt/Oder
und siedelt wenig später nach Berlin über. Alexander v. H. wird
Mitglied der Akademie der Wissenschaften und erhält seine Ernennung
zum Kammerherrn des preußischen Königs. Er hält Vorlesungen,
schreibt wissenschaftliche Abhandlungen und verfasst 1807
Vorschläge zur Reorganisation der Berliner Akademie.
Von
1907 bis 1827 lebte Humboldt meist in Paris, wo er an seinem
30-bändigen Werk „Voyage
aux régions équinoxales du Nouveau Continent"3
arbeitet.
1808 erscheint das Werk „Ansichten der Natur" und in
darauffolgendem Jahr das Werk „Versuch über den politischen
Zustand des Königreichs Neu-Spanien", und 1817 veröffentlicht
Humboldt eine Zeichnung der ersten Isothermenkarte4.
1827
kehrte Humboldt nach Berlin zurück und wurde Berater des
preußischen Königs. An der Berliner Universität hält Humboldt
1827 und 1829 Vorlesungen über physikalische Erdbeschreibung. 1829
unternimmt Humboldt eine sibirische Forschungsreise, die ihn über
das Baltikum und Moskau in den Ural und bis zur chinesischen Grenze
führte.
f245
Alexander
von Humboldt war der einflussreichste Mäzen seinci Zeit und
investierte sein Erbe nicht nur in seine eigenen Untersu chungen,
sondern förderte selbstlos auch andere junge Wissen schaftler und
Künstler, unter andrem Justus von Liebig, Fclii
Mendelssohn-Bartholdy, Heinrich Heine, Ludwig Tieck und Klaus Groth.
Zu seinen Bekannten und engsten Freunden zählten Matthiiis
Claudius, Jacob und Wilhelm Grimm, August Wilhelm Schlegel sowie
Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich von Schiller nebst ihren
Familien. Charles Darwin bezeichnete ihn als „den größten
Wissenschaftsreisenden, der jemals gelebt hat". Nach seiner
Rückkehr wird Humboldt 1837
die
„Copley-Medaille"5
für die Steigerung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse
verliehen, und 1842
wird
er mit einem Orden von König Friedrich Wilhelm IV. ausgezeichnet.
In
den Jahren von 1845
bis
1862
arbeitet
Humboldt an dem fünf- bändigen Werk „Kosmos", der Entwurf
einer physischen Weltbeschreibung. 1848
greift
er in vermittelnder Weise in die revolutionären Ereignisse des
März ein und erweist den Gefallenen der Kämpe im Trauerzug die
letzte Ehre. Humboldt nimmt Einfluss auf Wissenschaft und Kunst
in Berlin und engagiert sich 1857
für
die Abschaffung6
der zweiten Leibeigenschaft7
in Preußen und konnte in Deutschland durchsetzen, dass das
Gesetz „jeder Sklave, der Preußen betritt, ist frei"
erlassen wurde. Alexander von Humboldt starb am 6.
Mai
1859
in
seiner Wohnung in der Oranienburger Straße 67
in
Berlin und wurde im Park des Schlosses Tegel beigesetzt. Texterläuterungen
Joachim
Heinrich Campe -
Кампе Йоахим Генрих, немецкий
педагог, издатель, писатель, один из
основоположников литературы для
детей и юношества
promovieren
-
получить ученую степень доктора наук
„Voyage
aux régions équinoxales du Nouveau Continent" -
„Путешествие в равноденственные
области Нового света"
die
Isothermenkarte -
изотермическая карта
„Copley-Medaille"
-
медаль Копли, вручаемая Королевским
научным обществом Великобритании за
экспериментальные исследования
die
Abschaffung -
отмена, ликвидация, устранение 1>
die
Leibeigenschaft -
крепостное право л:<
;
f246
!
WILHELM VON HUMBOLDT
Friedrich
Wilhelm Christian Karl Ferdinand Freiherr von Humboldt wurde am
22. Juni 1767 in Potsdam als Sohn eines Offiziers geboren. Wilhelm
wuchs gemeinsam mit seinem Bruder Alexander Im Schloss Tegel, dem
Familienbesitz der Humboldts auf. In den .fuhren von 1777-1789
unterrichteten Privatlehrer ihn und seinen Minder Alexander, den
Elementarunterricht erteilte unter anderem Joachim Heinrich Campe1
(1746-1818). 1779 stirbt der Vater. 1787 immatrikulieren die Brüder
Wilhelm und Alexander von Humboldt im der Universität in
Frankfurt/Oder.
Wilhelm
von Humboldt wechselt jedoch schon nach einem Semester an die
Universität Göttingen, wo er drei Semester klassische
Philologie und Naturwissenschaften studierte, unter anderem bei
Georg Christoph Lichtenberg2.
Während dieser Zeit setzte sich Wilhelm von Humboldt mit den
Schriften Immanuel Kants auseinander und schloss Freundschaft
mit August Wilhelm Schlegel und Friedrich Heinrich Jacobi. Nach dem
Studium der Naturwissenschaften und der griechischen,
lateinischen und französischen Sprache erhielt er eine
Einführung in die Staatswissenschaften und die Philosophie und las
die Hauptschriften von Leibniz.
Im
August 1789 besuchte Humboldt gemeinsam mit Campe das revolutionäre
Paris, das Rheinland und die Schweiz. Im Januar 1790 trat Wilhelm
von Humboldt in Berlin in den preußischen Staatsdienst ein.
Bereits im Mai 1791 verließ Humboldt auf eigenen Ent- schluss
wieder den Staatsdienst. Im Juni 1791 heiratet Wilhelm von Humboldt
Caroline von Dacheröden, die Tochter eines preußischen
Kammergerichtsrates, die er während seiner Besuche im Salon von
Markus und Henriette Herz kennen gelernt hatte. Die folgenden Jahre
verbrachte Humboldt auf den Familiengütern seiner Frau in
Thüringen. Im Juni 1794 siedelte Humboldt nach Jena über, wo er
als kritischer Berater und Mitarbeiter Friedrich von Schillers und
später auch Johann Wolfgang von Goethes wirkte. Seine kreative
Kritik begleitete und förderte die Entstehung unter anderem
Schillers „ästhetischer Schriften" und der
„Gedankenlyrik" sowie Goethes „Hermann und Dorothea".
Humboldt verfasste für Schillers Zeitschrift „Hören" zwei
Beiträge und arbeitet an den „Ideen zu einem Versuch, die Grenzen
der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen". Gemeinsam mit
seinem Bruder Alexander v.H. und Goethe besucht Humboldt Vorlesungen
über vergleichende Anatomie. Im November 1797 zog
f247
Humboldt
mit seiner Familie nach Paris, um seine Studien fortzufiih ren, aber
auch um die gesellschaftliche Entwicklung in Frankreich zu
verfolgen, denn Humboldt unterhielt auch Kontakte zu den führenden
französischen Politikern und Intellektuellen.
Von
November 1799 bis April 1800 unternahm Humboldt eine längere Reise
nach Spanien, und im Frühjahr 1801 reist er ins Baskenland.
Während seiner letzteren Reise entdeckt und studiert er das
Baskische, dass für ihn einen Durchbruch zu einer eigenen
Sprachauffassung und Sprachwissenschaft markiert. 1803 kehrt
Humboldt in den Staatsdienst zurück und vertritt bis Ende 1808
Preußen als preußischer Ministerresident am Heiligen Stuhl in Rom.
Während dieser Zeit beschäftigte er sich neben dem Baskischen auch
mit den amerikanischen Indianersprachen und mit Übersetzungen aus
dem Griechischen. Seine Residenz in der Villa Gregoriana war
Sammelpunkt der Künstler- und Gelehrtenkolonie. Nach dem
Zusammenbruch Preußens kehrte Wilhelm von Humboldt nach
Deutschland zurück und wurde im Februar 1809 Direktor der Sektion
für Kultur und Unterricht im preußischen Innenministerium. Während
seiner Amtszeit leitete er die grundlegenden Reformen, durch die ein
allgemeines und durchgehendes Erziehungssystem von der
Elementarschule über das Neuhumanistisches Gymnasium bis hin
zur Universität errichtet wurde und allen Schichten mehr
Chancen des Bildungserwerbs sichern sollte. 1811 wurde er als
Gesandter nach Wien geschickt und bewirkte maßgeblich den Beitritt
Österreichs zur Koalition gegen Napoleon. An den Verhandlungen zum
ersten und zweiten Pariser Friedensvertrag und auf dem Wiener
Kongress nahm er als zweiter Bevollmächtigter Preußens teil. Auf
letzterem setzte sich Wilhelm v. Humboldt erfolgreich für die
jüdischen Bürgerrechte ein, erfolglos hingegen blieben seine
Bemühungen für eine liberale Verfassung für den Deutschen Bund.
Von
1815 bis 1819 war Wilhelm v. Humboldt erst preußischer
Bevollmächtigter auf dem Bundestag in Frankfurt/Main, wenig später
wurde er Vorsitzender einer Steuerreform-Kommission und letztlich
preußischer Gesandter in London. 1819 kehrte Wilhelm v. Humboldt
als Minister für ständische Angelegenheiten nach Berlin zurück.
Nach einem Konflikt mit Friedrich Freiherr von Hardenberg und wegen
seines Widerstandes gegen die Karlsbader Beschlüsse sowie
seines Versuches, eine liberale Verfassung für Preußen
durchzusetzen, wurde er Ende 1819 aller Ämter enthoben. Nach
dem Ausscheiden aus dem Staatsdienst zog sich Wilhelm v.
Humboldt auf
f248
г
den
Familiensitz nach Tegel zurück, wo er, nur unterbrochen durch eine
Reise 1828
nach
Paris und London, sich sprachwissenschaftlichen Forschungen
widmete. Wilhelm vom Humboldt starb am 8.
April
1835
auf
dem Familienbesitz in Tegel. Texterläuterungen
Joachim
Heinrich Campe -
Кампе Йоахим Генрих, немецкий
педагог, издатель, писатель, один из
основоположников литературы для
детей и юношества
Georg
Christoph Lichtenberg -
Лихтенберг Георг Кристоф (1742-1799),
немецкий писатель-сатирик эпохи
Просвещения, ученый-физик OTTO
VON GUERICKE
Am
30.
November
jährt sich zum 400.
Mal
der Geburtstag des Universalgenies, der nicht nur herausragender
Naturforscher, sondern auch begnadeter1
Ingenieur, Politiker, Diplomat und Stadtplaner war. Sein
gesamtes Leben und Wirken stellte der ausgebildete Jurist Otto von
Guericke in den Dienst seiner Vaterstadt Magdeburg, in der er 1602
geboren
und 1686
begraben
wurde.
Von
1662
bis
1678
wirkte
Guericke als Mitglied des Rates der Alten Stadt Magdeburg, als
Bauherr, Ingenieur, Kämmerer2,
Schol- arch3
und Apothekenherr. Besonders hervorzuheben ist seine dreißigjährige
Amtszeit als einer der vier Bürgermeister Magdeburgs (1646
bis
1676).
Guericke
beobachtete, dass im weißen Morgenlicht der Schatten eines Fingers,
geworfen auf ein weißes Blatt Papier, im gelben Schein einer Kerze
blau aussieht. Der Erfinder der Polaroid-Kamera, Edwin Land, berief
sich ausdrücklich auf diese „Magdeburger Farbschatten",
als er in den 1970er Jahren aus der Farbumkehr im Schattenbild
gemäß den Komplementärfarben4
des Farbkreises eine Theorie des Farbsehens beim Menschen
entwickelte.
Während
des Reichstages zu Regensburg im Jahre 1654
führte
Otto von Guericke seine Vakuumexperimente erstmals öffentlich vor.
Die von ihm erfundene Methode zur Bestimmung des Luftdrucks zählt
zu den bedeutendsten physikalischen Experimenten und war Grundlage
für die Vervollkommnung der Vakuumtechnik durch spätere
Naturforscher.
f249
Otto
von Guericke inszeniert um 1656 in Magdeburg ein aufsehenerregendes
Experiment mit zwei Kupferschalen: Mit einer „umgekehrten"
Feuerspritze5
pumpt Guericke die Luft aus den lost« aneinander liegenden
Halbkugeln. Dann spannt er an jede Kupferschn le acht Pferde und
treibt sie an. Den Pferden aber gelingt es nicht diese voneinander
zu trennen. Das Gewicht der Luft auf den Halbkn geln, der Luftdruck,
ist stärker.
Das
spektakuläre Experiment mit den „Magdeburger Halbkn geln"
wiederholt Guericke 1663 mit 24 Pferden für den Kurfürsten in
Berlin. Diese Vorführung ist einer von vielen Versuchen über
Vakuum, die Otto von Guericke zwischen 1646 und 1663 anstellt Sie
zeigen auch, dass Feuer ohne Luft nicht brennen kann, dass
Weintrauben sich im Vakuum ein halbes Jahr lang halten, vor allem
aber, dass sich mit Luftdruck Arbeit verrichten lässt. Alle Experi
Der
Magdeburger-Halbkugel-Versuch:
Otto
von Guerickes als Stich6
aus seinem 1672 in Amsterdam erschienenen Buch
äst)
w
mente
basieren auf eigens konstruierten Luftpumpen, dieGuericke aus einer
„umgekehrten" Feuerspritze entwickelt. Vom
Nachweis des Vakuums ...
Gibt
es in der Welt Leere, und wenn ja, wie ist sie beschaffen7?
Diese Frage beschäftigte schon die antiken Philosophen. Der
Physiker und Politiker Otto von Guericke überzeugt 1656
mit
dem „Halbkugel-Experiment" die Öffentlichkeit von der
Existenz des Vakuums und der Kraft des Luftdrucks. Bis ins 17.
Jahrhundert
sind die meisten Gelehrten überzeugt, dass es so etwas wie „Leere"
oder „Vakuum" nicht geben könne. Die Behauptung des „Nichts"
widerspricht der Allgegenwart Gottes. Erst dem Galilei-Schüler
Evange- lista Torricelli gelingt 1644
der
experimentelle Nachweis von Vakuum. Blaise Pascal errechnet
1648
als
erster die Dichte der Luft.
Otto
von Guericke baut auf Pascals Ergebnissen auf. Er kann daraufhin die
Kraft des Luftdrucks ermitteln, die auf eine Kugel beliebigen
Durchmessers wirkt. ...
zum
Teilchenbeschleuniger
Guericke
bahnt8
mit seinen Untersuchungen zum Vakuum nicht nur den Weg zu einer
neuen Weltsicht, sondern auch zur modernen Technik und Wissenschaft.
Er gilt als einer der Wegbereiter der experimentellen Physik.
Die wissenschaftlichen Resultate Guerickes werden bald umgesetzt:
Denis Papin9
baut 1690
eine
mit Vakuum arbeitende Kraftmaschine. Sie ist der Vorläufer der
Wattschen Dampfmaschine10.
Auch die Bewegungslehre Newtons fußt auf Guerickes Überlegungen.
Aus vielen Fertigungsprozessen der heutigen Industrie, aber auch aus
der naturwissenschaftlichen Forschung, ist die Vakuumtechnik
nicht mehr wegzudenken: Ob Glühbirne, Fernsehschirm oder
Computerchip, Röntgenstrahlen und Teilchenbeschleuniger -
ohne
Vakuum wäre die moderne Welt um einiges leerer. Texterläuterungen
begnadet
-
одаренный
der
Kämmerer -
надзиратель
der
Scholarch -
основатель монастыря
,
4. Komplementärfarben
-
дополнительные цвета
die
Feuerspritze -
ствол
(пожарный),
брандспойт
der
Stich -
зд.
гравюра (
beschaffen
-
доставать, приобретать , i
и
.г-'-,
25\
den
Weg bahnen -
прокладывать путь
Denis
Papin -
Дени Папен (1647-1712), французский инженер,
в конце XVII века описал и построил
первую модель паровой машины.
10.
Wattschen
Dampfmaschine -
паровая машина
Уатта;
Джеймс Уатт (1736-1819) - английский
изобретатель, создатель универсального
теплового двигателя PROFESSOR
LIS HEIßER OFEN
Global
forschen -
lokal
feuern.
Ein chinesischer Chemiker hat an der Universität Siegen1
ein Mittel gegen den großen Smog daheim gefunden. Der hohe Besuch
beugt sich über den Bauernjungen in der hintersten Bank der
Schulklasse, direkt vor dem matt glänzenden Ofen2.
Ob ihm kalt sei, fragt er ihn. Kalt und dann wieder heiß? Der
13-Jährige schüttelt den Kopf: „Hen shufu" (zu deutsch:
„Ich fühle mich pudelwohl"). Darauf der hohe Herr -
er
ist wirklich von stattlicher Größe -
zu
dem Jungen: „Auf deinem Platz hier habe ich auch mal gesessen.
Aber ich habe damals entweder jämmerlich geschwitzt oder gefroren."
Das ist 30
Jahre
her. Als 44-Jähriger ist der Wissenschaftler Li Jinghai an diesem
Tag in sein Dorf zurückgekehrt. Es heißt Fengrong und liegt
tief in Nordchinas kohlereicher Provinz Shanxi. Vor einem Jahr wurde
der Direktor des Instituts für Chemische Metallurgie an der
Akademie der Wissenschaften vom renommierten3
chinesischen Wissenschaftsrat zum Mitglied auf Lebenszeit
ernannt.
Der
Große Gelerte ist wieder daheim.
Die Nachricht, der Große sei wieder da, er sei extra aus dem 400
Kilometer,
also zehn Bahnstunden entfernten Peking gekommen, hat sich bei den
2300
Bauern
in Windeseile herumgesprochen. Sie laufen um ihn zusammen.
„Kennst du mich noch?", fragen immer wieder alte Frauen mit
Stolz. Lis Körpergröße war sein Pech. Der Dorflehrer pflegte
seinen sichtbarsten Schüler ganz nach hinten zu setzen -
neben
den fürchterlichen Ziegelofen. Der verstopfte jedes Mal, wenn Kohle
nachgeschüttet wurde und brachte Li zum Husten. Die Hitze, die das
Monstrum entwickelte, wurde unerträglich, und aus dem Ofenrohr, das
durch die Schulbaracke lief und in ein offenes Fenster mündete,
quoll rußiger Rauch4.
Teer5
tropfte herab. Das alles hat der Junge von der letzten Bank nicht
vergessen.
252
Der
große Sprung vom Dorf an die Universität.
Über die nationale Hochschulaufnahmeprüfung gelang dem
Hochbegabten 1977 der große Sprung vom Dorf an die Universität. In
Forschungsaufenthalten in den USA und der Schweiz und als
Humboldt-Stipendiat am Institut für Energietechnik der Universität
Siegen bildete er sich zum Fachmann in Grundlagenforschung und
Wirbelschichttechnik6
weiter. Seine Forschungen führten zum Patent für eine neue
Ofentechnologie, bei der Kohle durch ein Doppelkammersystem auf
immer höhere Temperaturen erhitzt wird. So verbrennen Ruße
und Teere7,
statt in die Luft zu entweichen. Stickoxide werden erheblich
reduziert.
Eine
Armee kleiner und mittlerer Öfen belaste gerade in den
unterentwickelten Gebieten Chinas die Umwelt extrem. Li geht von
mindestens 140 Millionen Kleinöfen in den Haushalten und einer
weiteren halben Million gewerblicher Boiler aus. Kohle trug 1999
noch 76 Prozent der Energieproduktion Chinas. Und fast zwei Drittel
davon wurde in Kleinöfen (22 Prozent) und solchen Boilern (43
Prozent) verheizt. China ist der weltgrößte Kohleproduzent und
wird im Jahr 2000 trotz Stillegung von 40000 unrentablen Gruben
immer noch fast eine Milliarde Tonnen Kohle fördern und
verbrauchen. Im vorigen Jahr erzeugte die Kohleverbrennung in
Öfen aller Art 80 Prozent des chinesischen Smogs, 90 Prozent des
Schwefeldioxids und 70 Prozent der Stickoxide und des
Kohlendioxids, wie Energiedirektor Bai Rongchun von der staatlichen
Wirtschaftskommission (SETC) berichtet.
Eine
revolutionäre Idee.
Im deutschen Siegen kam Li die Idee, seinen revolutionären Ofen in
seinem Heimatdorf zu testen. Wie Recht er hat, merkt, wer auf dem
Weg in das über 1000 Meter hoch gelegene Dorf in der Bezirksregion
Jingle aus dem Zug steigt. Hier schmeckt die Luft nach Kohle. 150
Tage im Jahr muss geheizt werden. Abends, wenn es eisig wird, steigt
der Rauch nicht auf. Dann ziehen Smognebel durch die Straßen. Die
Menschen tragen Gazemasken. Der Siegener Energiewissenschaftler
Manfred Wirsum, der seit Anfang des Jahres als Humboldt-Stipendiat
an Lis Institut über Kraftwerktechnik forscht, unterstützt
dessen Projekt und hilft Li, die Wirkung alter und neuer Öfen zu
messen. „Der Neue ist warm, sauber und bequem zu bedienen",
schwärmt der Apotheker des Dorfes. Seit Anfang November steht so
ein Probeofen auch bei ihm im Laden.
An
die Ersparnis denkt noch keiner der Bauern, so hoch subventioniert8
ist die Kohle: keine zehn Mark pro Tonne. „Selbst für
Armutsgebiete", sagt Wirsum, „ist dieser Preis zu billig, um
ein An
253
reiz
zum Energiesparen zu sein". Mit rund 150
Mark
pro Ofen
unterstützt die Gesellschaft für Technische
Zusammenarbeit (GTZ)
das im Sommer begonnene und an Chinas
Verhältnisse angepassto
Pilotprojekt. 30
Prozent
der Kosten übernimmt die lokale Regierung,
Professor Li hat in
dem lokalen Erfinder und passionierten Bastler Li
Xiaoqing und
seinem 30
Kilometer
vom Dorf entfernten Handwerks-
betrieb einen pfiffigen Partner
gefunden. In seinem Kleinstbetrieb
hat er die 120
Öfen
gegen Überlassung des Patents zum Selbstko-
stenpreis für das
Dorf hergestellt. Und sein Kalkül9
geht auf. 200
weitere
Öfen hat er bis jetzt für andere Abnehmer gefertigt und daz
30
Leute
eingestellt. Und er optimiert das Produkt durch ein von
ih
ausgetüfteltes Rohrsystem10
für Warmwasserleitungen.
Während
aus den Rohren der benachbarten Häuser der sattsa
bekannte
rußige Qualm ihrer alten Öfen quillt, kräuselt nur dünne
weißer
Wasserdampf vor den Schulfenstern. Li wirkt zufrieden. „E
ist
ein Anfang gemacht." ,
,., , , Texterläuterungen
Universität
Siegen -
университет в
городе Зиген (Северный
Рейн
- Вестфалия) ' *
der
Ofen -
печка, печь ' ' ' "
renommieren
-
хвастаться "
rußiger
Rauch -
дым с сажей, копотью •
der
Teer -
деготь, смола, гудрон 1
die
Wirbelschichttechnik -
техника обжига в кипящем слое
Ruße
und Teere -
сажа и смола
<
8. subventionieren
-
субсидировать, предоставлять дотацию
1
9. der
Kalkül -
вычисление, исчисление, счет
10.
ausgetüfteltes
Rohrsystem -
тщательно продуманная систе-
ма труб
к у
,,
„ THEMA DES TAGES J
16.08.2002
' Am
Boden zerstört
t
4,2
Millionen
Menschen sind von der Katastrophe betroffen.
Zehntausende
Existenzen sind vernichtet, ganze Dörfer abbruchreif.
Es wird
Jahre dauern, bis die Infrastruktur1
in den ostdeutschen
Städten wieder repariert ist. Die Kosten
gehen in die Milliarden.
254
Welche
Dimension die Schäden am Ende erreicht haben werden, niemand
wagt dazu eine genauere Prognose. Straßen sind unterspült2,
Brücken in ihrer Standsicherheit bedroht, Schienenanlagen
unpassierbar3,
Maschinen durch Wasserschäden zerstört, Ladeneinrichtungen
weggeschwemmt4,
Akten zu Millionen aufgeweicht. Und damit nicht genug. Beinahe
unvorstellbar, welche Auswirkungen es auf Unternehmen und auch
private Haushalte hat, wenn Lieferverträge nicht eingehalten
werden, tagelang nicht produziert wird und einige Dörfer so
gut wie flächendeckend unterspült und damit dem Abriss5
preisgegeben sind. Gut 4,2 Millionen Menschen vor allem in
Ostdeutschland, aber auch in Bayern, sind von der Katastrophe
betroffen, schätzt man im Bundeskanzleramt. Wie groß die Schäden
an Verkehrseinrichtungen am Ende sein werden, ist frühestens
kommende Woche abzuschätzen. Eine halbe Milliarde Euro hat der
Sonderbeauftragte der Deutschen Bahn AG am Donnerstag dem Krisenstab
als erste vage6
Vermutung allein für sein Unternehmen angegeben. „Einzelne
Strecken werden für Wochen bis Monate ausfallen." Und
Oberbürgermeister in Dresden rechnet nur für seine Stadt mit
Schäden im Infrastrukturbereich „im dreistelligen
Millionenbereich". Allein der Schaden für die Reparatur
der Lichtanlagen und Straßen wird auf rund 15 Millionen Euro
geschätzt. Das Allerdings war am Dienstag, da hatte das Wasser
seinen Scheitelpunkt7
noch gar nicht erreicht.
Auch
der Volkswagen-Konzern muss die Produktion der Luxuskarosse
„Phaeton" in der „Gläsernen Fabrik" in Dresden
zurückfahren. Grund ist nicht eine Überschwemmung der
Produktionsstätte - die liegt trocken - sondern die unterbrochene
Materialzufuhr. 4,5 Kilometer liegen zwischen Materiallager und
Manufaktur, das Material für den Bau des „Phaeton"
wirdjust-in-time,
also punktgenau nach Bedarf, per Straßenbahn durch die Innenstadt
zur Produktionsstätte transportiert. Da die Stadt wegen
Überflutung zu großen Teilen gesperrt ist, kann die Straßenbahn
nicht fahren. Und auch die Beschäftigten haben Probleme, zur
Arbeit zu kommen. Hilfe
für die alten Meister
Gemälde
wurden gerettet - aber viele historische Gebäude sind ruiniert. Das
Hochwasser in Sachsen bedroht Denkmäler und Denkmalamt. Seit
Dienstag steht an der Brühischen Terrasse in Dresden der Dienstsitz
des sächsischen Landesamts für Denkmalpflege unter Wasser.
Die Mitarbeiter durften noch einmal ins Haus, um die
255
wichtigsten
Akten zu bergen. Nicht viel besser erging es den I
stituten
im benachbarten Schloss, der Semperoper und im Zwinge
Allein
aus den Kellerdepots der Gemäldegalerie „Alte Meister
mussten
innerhalb weniger Stunden 5000
Gemälde
in die Obe
geschosse
gebracht und provisorisch8
inmitten der Schausammlun
eingelagert
werden. Gegen
die Natur
Zehntausende
Menschen müssen mit ansehen, wie die Jahrhu
dertflut
ihre Existenz vernichtet. Städte und Dörfer stehen unt
Wasser.
Die Schäden sind horrend9.
Solche Katastrophen werde
sich
in Europa häufen, sagen die Forscher -
es
sei denn, die Gesel
Schäften
denken langfristig und verringern ihren Energieverbrauc
Wir
betrachten die Bilder der Fluten und sind entsetzt. Schlägt di
Natur
jetzt zurück, ist das ihre Rache für die Misshandlungen
un
Schädigungen unserer Umwelt während der letzten 200
Jahre
Schüttelt
die Erde den Menschen nun ab wie ein lästiges Insekt,;
nachdem
er sie lange genug attackiert hat? Texterläuterungen
Infrastruktur
-
инфраструктура (производственная
-
дороги,
аэродромы, каналы,
водохранилища, склады, транспорт,
связь;
социальная
-
образование, наука, здравоохранение)
unterspülen
-
подмывать берег
unpassierbar
-
непроходимый
wegschwemmen
-
уносить, смывать водой
der
Abriss -
снос
(дома)
vage
-
неопределенный, смутный ■■•■■■
„.
der
Scheitelpunkt -
высшая точка , ' tJ\
provisorisch
-
временно
horrend
-
громадный, ужасающий
("ä
'iil> fijM NATÜRLICHES
SCHWERES WASSER Größere
Vorkommen in den nördlichen
Eismassen vermutet
Die
Vermutung, dass es verhältnismäßige große,leicht auffind-
bare
und nutzbare Vorkommen an schwerem Wasser in arktischen
Gewässern
gibt, äußerten unlängst russische Wissenschaftler. Das
Interesse,
das diese Hypothese fand, erklärt sich einerseits aus der
256
Tatsache,
dass schweres Wasser heute auf entscheidenden Gebieten von
Wissenschaft und Technik unentbehrlich ist und andererseits in der
Natur in sehr geringer Konzentration vorkommt. 5000 1 Meerwasser
enthalten einen Liter schweres Wasser. Die Gewinnung von schwerem
Wasser aus gewöhnlichem Wasser ist heute mit beträchtlichem
Energieaufwand verbunden.
Das
auf der Erde vorkommende schwere Wasser unterscheidet sich von
normalem Wasser hinsichtlich der Struktur und Masse seiner
Wasserstoffisotope. Rein äußerlich ist kein Unterschied
festzustellen.
Untersuchte
Wasser- und Eisproben aus den Polargebieten wiesen auf bedeutende
jahreszeitabhängige Schwankungen des Gehalts an schwerem Wasser in
den nordlichen Gewässern hin, wonach die Winterwerte weit unter den
sommerlichen liegen. Das, so meinen die russischen Wissenschaftler,
sei eine Folge der physikalischen Eigenschaften von schwerem Wasser,
das eine Gefriertemperatur von 3,81 Grad Celsius hat. Es ist um 10
Prozent dichter als das normale Wasser. Da gewöhnliches Wasser
erst bei null Grad Celsius gefriert, ist leicht vorzustellen, dass
sich das schwere Wasser absondert und im nördlichen Polargebiet zu
„schwerem Eis" gefriert. In der warmen Jahreszeit taut das
„Schwereis" wieder auf, und der normale Gehalt an schwerem
Wasser in den Naturgewässern pendelte sich ein.
In
der Grönland-See, westlich der Insel Spitzbergen, befindet sich
nach den Berechnungen von Wissenschaftlern das größte
Schwerwasservorkommen der Erde: Jährlich könnten sich ihrer
Meinung nach etwa drei Millionen Kubikmeter davon anhäufen. Die
Ursachen dafür sind darin zu finden, dass fast das gesamte, mehrere
Jahre alte arktische Drifteis in die Grönland-See hinaustreibt. ANTARKTISCHE
MIKROORGANISMEN - MODELL FÜR LEBEN AUF DEM MARS
Durch
neue Forschungsergebnisse über die Entwicklung des Mars kann man
annehmen, dass es früher auf dem Mars nicht nur wärmer war ,
sondern auch Wasser an der Oberfläche gäbe. Diese Bedingungen
ähneln denen, die auf der Erde herrschten, als sich das Leben zu
entwickeln begann. Daher ist es durchaus denkbar, dass
9
— 1004
257
früher
auf dem Mars primitive Lebensformen existierten, die nach der
starken Abkühlung und dem Verlust von Luft und Wasser ausstarben.
Untersuchungen
in extremen Klimagebieten der Erde führten zu der Hypothese, dass
in den Spalten und Ritzen der Mars-Felsen fossile Spuren frühen
Lebens gefunden werden können, falls sie je existierten. Wie die
amerikanischen Gelehrten meinen, könnten die Gebirge der Antarktis
ein Modell däfur sein. Mikroben sind in der Lage, extreme
Umweltbedingungen in winzigen Spalten porösen Gesteins zu
überleben. Sie fanden vor 30 Jahren gesteinsbewohnende
Mikroorganismen in heißen, trockenen Wüsten und später auch in
der Antarktis. Die neuesten Untersuchungen erbrachten, dass solche
Mikroorganismen Eisen aus Sandstein freisetzen können. Dadurch
ensteht eine weiße Zone auf braunem Gestein. Dieser Wechsel in der
Eisenkonzentration bleibt sichtbar, wenn die das verursachenden
Mikroorganismen bereits ausgestorben sind. Da solche
Konzentrationswechsel durch chemische oder physikalische
Prozesse nicht entstehen können, hoffen die Wissenschaftler, dass
anhand ihrer Befunde mögliche frühe Lebensspuren im
Marsgestein nachgewiesen werden können, sobald einmal Roboter von
der Mars Oberfläche Gestein gewinnen und zur Erde bringen. a
WASSERSTOFF - EIN UMWELTFREUNDLICHER TREIBSTOFF
-
In der Raketentechnik wird Wasserstoff schon lange als Treibstoff
eingesetzt, und auch der Automobilkonzern Mercedes-Benz
experimentiert schon seit einiger Zeit mit wasserstoffangetriebenen
Fahrzeugen vom Typ Mercedes 230. Um reinen Wasserstoff aus Wasser zu
gewinnen, muß man die beiden Wasserstoffatome vom Sauerstoffatom
spalten. Beim Verbrennungsvorgang wird dem Wasserstoff wieder
Sauerstoff zugeführt, wodurch als Abfallprodukt lediglich
ungiftiges Wasser entsteht. Eine sehr umweltfreundliche Verbrennung
also.
Die
Abspaltung1
des Wasserstoffes gelingt allerdings auch wieder nur unter
Eisatz von elektrischem Strom, wird Wasser in Wasserstoff und
Sauerstoff zerlegt, wobei der Sauerstoff an die Umgebung abgegeben
wird. Das alles ist nicht neu. Neu dagegen ist die Mög
258
lichkeit,
den notwendigen Strom auf fotovoltaischem Wege direkt aus der
Sonneneinstrahlung zu gewinnen.
Nun
ist Wasserstoff zwar ein sehr umweltfreunlicher Treibstoff, doch um
Autos damit zum Fahren zu bringen, benötigt man riesige Gastanks,
denn mit 3,5 Kubikmetern würde ein Autofahrer nur etwa zehn
Kilometer weit kommen. Verwendet man hingegen Flüssigwasserstoff,
muss er ständig unter - 250 °C abgekühlt werden. Das funktioniert
nur mit doppelwandig evakuierten2
Spezialtanks. So bewältigt z. B. einVersuchs - BMW 518 mit
einem 120-Liter-Wasserstofftank eine Fahrstrecke von 400 bis
500 Kilometern. Doch auch bei diesem Wagen ist die Tiefkühlung des
Treibstoffes noch ein Problem. Den Wissenschaftlern des
Max-Planck-Instituts für Kohleforschung in Mühlheim an der
Ruhr ist nun eine Entdeckung gelungen, die die Verwirklichung
des Traums von der Nutzung des umweltfreundlichen und im Überfluß
vorhandenen Treibstoffes in wirtschaftlichem Rahmen ermöglicht.
Unter Leitung von Professor Boris Bogdanovich entwickelten sie ein
Material zur chemischen Speicherung von Wasserstoff, das alle
bislang bekannten Methoden in den Schatten stellt. Es handelt sich
um die Verbindung von Magnesium und Wasserstoff zu Magnesiumhydrid,
die mit Hilfe eines chemischen Tricks unter normalen Druck- und
Temperaturbedingungen gelang.Bisher ließ sich das relativ
häufig vorkommende Magnesium nur bei hohem Druck und hohen
Temperaturen und dann auch nur sehr langsam mit Wassertstoff
verbinden. Auch der umgekehrte Vorgang vollzog sich so langsam,
dass an einen Einsatz als Wasserstoffspeicher nicht zu denken war.
Die Mühlheimer Forscher machten nun das Metall Magnesium durch
Vereinigung mit dem im Steinkohlenteer vorkommenden
Kohlenwasserstoff
Anhracen (Antrateid)
hochreaktiv, so dass es sich mit Chrom oder Titan als Katalysator
mühelos mit Wasserstoff verbindet. Ein solcher Magnesiumspeicher
lässt sich schon bei Normaldruck innerhalb weniger Stunden mit
Wasserstoff aufladen. Bei leicht erhöhtem Druck ist das sogar
innerhalb von Minuten möglich. Der Speicher kann beliebig oft be-
und entladen werden.
Auch
bei der Mercedes-Benz AG erkannte man schnell die Bedeutung der
Neuentwicklung und baute sie in einen Mercedes ein. Ergebnis: Mit
einem 200 kg schweren Magnesiumhydridtank kann ein Fahrzeug genauso
weit fahren wie mit einem 50 kg schweren
9
259
Benzintank.
Eine herkömmliche Batterie als elektrischer Antrieb musste für die
gleiche Reichweite immerhin sechs Tonnen wiegen.
Mercedes-Benz-Experten rechnen damit, dass sich in zehn bis 20
Jahren
jedermann seinen Wasserstoff mit Hilfe eines Elektro lysegerätes
selber herstellen kann, wobei das Gerät hauptsächlicli der Heizung
des Hauses dienen wird und der Wasserstoff zum Ко
chen
und Autofahren sozusagen nebenbei entsteht. Doch die
Energiewirtschaft auf Wasserstoffbasis wird erst dann rentabel,
wenn als primäre Energie die Sonne anzapft3. Texterläuterungen
die
Abspaltung -
отщепление, откалывание, отделение
evakuieren
-
тех.
откачивать (воздух)
anzapfen
-
тех.
отобрать, отвести
{пар) KERAMIK,
DER NEUE WERKSTOFF IM MOTORENBAU
Durch
die Verwendung neuartiger keramischer Werkstoffe sollen die
Automotoren der Zukunft den Kraftstoff effektiver verbrennen.
Das Prinzip ist einfach. Energie kann, wenn sie bei höheren
Temperaturen verbrannt wird, entschieden besser genutzt werden. Ein
Benzinmotor setzt nur rund ein Drittel der Kraftstoffenergie in
Antriebsbewegung um. Ein Drittel geht über die Kühlung und ein
weiteres Drittel durch den Auspuff1
verloren. Höhere Temperaturen zur besseren Energienutzung sind
bisher nur durch Verwendung teurer Metall-Legierungen möglich.
Heute bieten sich dafür neuartige keramische Werkstoffe an.
Bei einigen Automobilfirmen laufen dazu schon Versuche. Über
die Möglichkeiten ist man sich einig: Die Keramik erlaubt höhere
Temperaturen im Brennraum der Motoren. Damit wird der
Wirkungsgrad verbessert und der Energieverbrauch gesenkt.
Gleichzeitig lassen sich die Schadstoffe im Abgas senken. Doch nicht
nur hohe Temperaturfestigkeit und die gute Wärmeisolierung der
keramischen Werkstoffe bieten Vorteile, außerdem ergibt sich eine
Gewichtseinsparung. Das Material ist nämlich leichter als Metall
und unanfällig2
gegenüber der Korrosion durch heiße Verbrennungsgase. Anstelle von
relativ schwerem Grauguß wird jetzt Aluminium mit keramischer
Auskleidung verwendet. Die
260
Werkstoff-Forschung
bietet der Automobilindustrie zwei keramische Materialen an:
nichtoxidische Karbide und Nitride mit Silizium sowie Oxide mit
Aluminium, Titan oder
Yttrium.
Im Gegensatz zu früheren Keramiken überstehen diese Stoffe auch
machanische Belastungen. Manche übertreffen sogar Stahl.
Hinzu
kommen weitere Eigenschaften wie große Verschleißfestigkeit3,
sehr gute Gleiteigenschaften und eine Formgenauigkeit, die bei der
Massenproduktion von Bedeutung werden kann. Sie lassen sich feucht
pressen und bei Temperaturen über 1700
Grad
zusammensintern. Bei Luftabschluß, hohem Druck und hohen
Temperaturen ergeben sich Bauteile von so großer Präzision,
dass eine Nachbearbeitung entfallen kann. Dabei stellte es sich
heraus, dass sich mit dieser Technik porenfreie Werkstoffe schaffen
und auch sonst nicht zu verbindende Stoffe sintern4
lassen.
Obwohl
die Hauptbestandeile Silizium und Aluminium überall in der Welt in
ausreichendem Masse vorhanden sind, ist die Herstellung so teuer,
dass die technische Keramik bereits, wie früher das Porzellan,
das „weiße Gold" gennant wird. Die Preise übertreffen
teilweise die Goldpreise beträchtlich. Viele führende Firmen
Deutschlands unterstützen finanziell Forschungen, damit die
Aktivitäten zur Nutzung dieser Werksstoffe konsequent vorangehen
können. Texterläuterungen
der
Auspuff -
выхлопная труба, выхлоп <
unanfallig
sein -
быть невосприимчивым, неподвержейг
ным (помехам)
die
Verschleißfestigkeit -
прочность на износ г
zusammensintern
-
спекать (о
металлах) ÖSTERREICH
Österreich
liegt im südlichen Mitteleuropa und hat sowohl Anteil an den
Ostalpen -
beinahe
zwei Drittel des Staatsgebietes werden von ihnen eingenommen -
als
auch am Donauraum. Die Bodenfläche beträgt 83858
km2.
Durch seine Lage bedingt ist das Land seit jeher Kreuzungspunkt der
Verkehrsrouten zwischen den großen europäischen Wirtschafts-
und Kulturräumen. Mit acht Staaten hat Österreich gemeinsame
Grenzen: mit Deutschland, Tschechien, der Slo-
261
Parlament
in Wien
wakei,
Ungarn, Slowenien, Italien, der Schweiz und Liechtenstein. Wegen des
Schengener Übereinkommens existieren inzwischen keine
Grenzkontrollen mehr zwischen Österreich, Deutschland und Italien;
als EU Außengrenzen gelten bislang noch die Grenzen zu den anderen
Nachbarn. Für die Einreise nach Slowenien, Ungarn, die Schweiz und
Liechtenstein genügt jedoch ein gültiger Personal-
262
iiusweis.
In diesem Kernland Europas überschneiden sich vielfältige I
andschafts-, Klima- und Vegetationsformen.
Die
österreichische Landschaft umfasst Hoch- und Mittelgebirgs- i
cgionen ebenso wie Hügelland und Ebene. Das Alpen- und Karpaten-
vorland1,
das Wiener Becken und der österreichische Anteil am Pan- nonischen
Tiefland im Osten sind die wichtigsten Siedlungs- und
Wirtschaftsräume. Der höchste Berg ist der Großglockner (3797
m),
der bedeutendste Fluss -
die
Donau, die das Land auf einer Länge von rund 350
km
durchfließt.
Österreich
liegt innerhalb der gemäßigten Zone. Sein Klima weist
Übergangscharakter vom gemäßigten, atlantisch beeinflussten
Westen bzw. Nordwesten zum kontinental geprägten Osten auf. Die
Niederschlagsmenge zeigt ein deutliches West-Ost-Gefälle sowie
steigende Werte bei zunehmender Höhe. Die Vielfalt des Reliefs und
des Klimas bewirkt eine artenreiche Flora und Fauna. Österreich ist
eines der waldreichsten Länder Europas (46
% der
Gesamtfläche).
Österreich
ist ein aus den neun selbständigen Ländern -
Burgenland,
Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark,
Tirol, Vorarlberg und Wien -
gebildeter
Bundesstaat. Österreich hatte 1998
laut
Bevölkerungsfortschreibung 8,1
Millionen
Einwohner, die zu rund 98
% deutschsprachig
sind. Im Süden und Osten des Bundesgebiets leben Angehörige der
sechs in Österreich anerkannten Volksgruppen (Burgenländische
Kroaten2,
Roma3,
Slowaken4,
Slowenen ,
Tschechen
und Ungarn). 1998
betrug
die mittlere Lebenserwartung eines männlichen Neugeborenen
74,3
Jahre,
die eines weiblichen -
80,7 Jahre.
Der Konfession6
nach sind 78
% der
Österreicher römisch-katholisch, weitere 5
% - Protestanten
(überwiegend Augsburger Bekenntnis). 4,5
% der
Bevölkerung haben ein anderes Religionsbekenntnis, 9
% sind
konfessionslos und 3,5
% haben
keine näheren Angaben gemacht. .,
, ...
*' Texterläuterungen v
<! l?
iL
das
Alpen- und Karpatenvorland -
предгорье Альп и Карпат
der
Kroate -
хорват
у
3. Roma
-
романцы (население,
говорящее на одном из роман- ещо: языков)
>
4. der
Slowake -
словак ■ t,
,
:-!
5. der
Slowene -
словенец <>
. ■ -- .,!
6.
die
Konfession -
вероисповедание ' •
263
WERNER
VON SIEMENS: EIN GROßER ERFINDER
Alles,
was zum ersten Mal in Europa erfunden, entdeckt, entwickelt,
gebaut und hergestellt worden ist, kann man im Deutschen Museum in
München sehen und erleben. Den Namen und den Plan zu dieser
Dauerausstellung, die nicht nur die Geschichte der Technik, sondern
auch deren neuesten Stand zeigt, hielt schon 1877 ein Mann bereit,
der einer der großen Erfinder unserer Zeit war: Werner von Siemens.
Er schuf nicht nur den Begriff „Elektrotechnik"; er
bestimmte auch entscheidend das, was man unter diesem Wort bald
verstand. Dem Original seiner Dynamomaschine, die er 1866 entwarf
und zusammensetzte, sieht man im Museum die ungeheure Bedeutung
nicht an. Mit Hilfe von Drahtwindungen und weichem Eisen war es hier
Siemens gelungen, Kraft - zum Beispiel menschliche Arbeitskraft
oder Wasserkraft - in elektrischen Strom umzuwandeln und umgekehrt
elektrischen Strom in Arbeitsleistung umzusetzen. Damit hatte er die
moderne Starkstromtechnik begründet. Erfinder
als Nebenberuf
Werner
wurde 1816 in der Nähe von Hannover als das viertälteste von
vierzehn Kindern geboren. Nachdem er ein Gymnasium in Lübeck
besucht hatte, wollte er Ingenieur werden. Da die Eltern eine
Ausbildung nicht bezahlen konnten, bewarb Werner sich um Aufnahme
in die Armee als Offiziersanwärter. Nach einer gut bestandenen
Prüfung wurde er Soldat. Wie glücklich war er, als er für eine
dreijährige Ausbildung in die Artillerie- und Ingenieurschule nach
Berlin kommandiert wurde! Jede verfügbare Freizeit verwendete der
junge Soldat, um sich auch außerhalb des Dienstes mit Physik,
Chemie und Technik zu beschäftigen. Nach Ablauf der drei Jahre
erhielt er den ersten Heimaturlaub. Aber da sah er Vater und Mutter
zum letzten Mal, sie starben bald darauf. Werner hatte versprochen,
für die jüngeren Geschwister zu sorgen. Um die Geschwister zu
versorgen, wurde er im Nebenberuf Erfinder. Auf ganz praktische
Dinge richtete er seine Gedanken, denn es musste ja Geld
beschafft werden. So entstanden eine Kunststeinpresse, ein
Dampfmaschinenregler und ein neues Druckverfahren. Als er eine
Methode für galvanische Vergoldung und Versilberung erfand,
verkaufte sein Bruder Wilhelm sie nach England. . ,
264
Neue
Möglichkeiten in Berlin
Während
dann Wilhelm für immer nach England ging, gelang es Werner Siemens,
aus Magdeburg heraus und endgültig nach Berlin zu kommen. Hier gab
es schon mehrere Maschinenfabriken, an ihrer Spitze das
Lokomotivbauunternehmen von August Borsig. Dessen Maschinen hatten
sich bei Vergleichsfahrten sogar als besser erwiesen als die
englischen. Auch gab es eine Gewerbeschule, einen Polytechnischen
Verein und eine Physikalische Gesellschaft, und der große
Naturforscher Alexander von Humboldt hielt seine berühmten
Vorträge. Die ganze Stadt interessierte sich für
Naturwissenschaft und Technik.
Siemens
nutzte alle Möglichkeiten der Weiterbildung. Als er selbst in der
Physikalischen Gesellschaft einen Vortrag über elektrische
Telegrafen hielt, wurde der Universitätsmechaniker Halske auf ihn
aufmerksam. Er war ein Künstler in seinem Fach und so begeistert
von den von Werner Siemens entworfenen Zeigertelegrafen, dass er
beschloß, mit dem begabten Leutnant zusammenzuarbeiten. Dieser
entwickelte nun alle Einzelteile, die für eine brauchbare
Nachrichtentechnik nötig sind: Blitzsicherungen,
Porzellanisolatoren und mit Guttapercha, einem gummiartigen
Pflanzensaft, nahtlos isolierte unterirdische Leitungen. Am
1.10.1847 wurde dann die „Telegraphenbau-Anstalt von Siemens
und Halske" gegründet, dabei blieb Siemens im Hauptberuf noch
Offizier. Die
erste Telegrafenleitung Europas
Bald
kamen die ersten Aufträge für die Firma: Sie legte die
Telegrafenleitung Berlin - Frankfurt. Als hier die
Nationalversammlung den preußischen König zum deutschen Erbkaiser
wählte, war das in derselben Stunde noch in Berlin bekannt. Die
Leute staunten, und Werner Siemens war der Held des Tages mit dieser
ersten Telegrafenleitung Europas. Es regnete jetzt Aufträge,
zuerst in Deutschland, dann in Russland. Dorthin war der jüngere
Bruder Carl gegangen. Werner Siemens ließ sich nun nach 15 Jahren
militärischer Dienstzeit beurlauben und widmete sich ganz den
Aufträgen und immer neuen Verbesserungen und Erfindungen. Sie
waren, ebenso wie die gediegene und dauerhafte Arbeit seiner
Werkstatt, eine überzeugendere Reklame als Worte. Außerdem
wollte Siemens nicht mit der
265
Herstellung
guter, aber gleichbleibender Waren sein Geld verdienen, sondern nach
besten Kräften die von ihm entwickelte Elektrotechnik weiter
vorantreiben. Darin sah er seine Aufgabe zum Nutzen aller, Auf der
ersten Weltindustrieausstellung 1851 in London erhielt er für seine
bewährten Telegrafen neben Alfred Krupp und nur wenigen anderen die
höchste Preismedaille. Das gab seinem Unternehmen einen großartigen
Schwung. Aus der Werkstatt zogen er und Halske in eine Fabrik um, Abenteuerliche
Aufgaben
In
den nächsten zwei Jahren bauten die Brüder Carl und Werner Siemens
Telegrafenlinien von Petersburg über Moskau und Kiew nach Odessa
und von Petersburg nach Warschau und Schlesien, nach Finnland und
Kronstadt. Dabei musste ein Kabel durch die Ostsee gelegt werden.
Zusammen mit Wilhelm und Carl als „Siemens Brothers"
bewältigte der unermüdliche Erfinder später die Riesenstrecke
London-Kalkutta in Indien. Für diese Indo-Europäische Linie von
fast 11000 km Länge entwickelte er neue, noch verbesserte
Schreibtelegrafen. Über Kontinente und Meere, Gebirge und Steppen
arbeiteten sich die Bautrupps vor, wurden die eisernen
Leitungsmasten befördert. Auch der Ozean war kein
unüberwindbares Hindernis. Von Irland nach New York wurde ein
Transatlantikkabel gelegt. Dazu ließ Siemens ein eigenes
Kabelschiff „Faraday" bauen. Durch Störversuche feindlich
gesinnter Firmen und dadurch, dass das Kabel auf hoher See riss und
in 5000 m Tiefe verschwand, wurde die Expedition zu einem
aufregenden Abenteuer. Fünf weniger aufreibende folgten. Der Name
Siemens wurde weltbekannt. Große
Erfindungen
Für
die Stahlgewinnung erfanden die Brüder das Siemens-Mar-
tin-Verfahren. Für den Bergbau gedacht wurde eine elektrische
Eisenbahn konstruiert und auf der Berliner Gewerbeausstellung
vorgeführt. Fröhlich unternahmen 10000 Besucher eine Fahrt
damit. Auch die von ihm entwickelten Lichtmaschinen wurden bald das
große Geschäft. Glühlampen eroberten mit ihrem hellen Licht die
Städte und wurden auch bald im Bergbau eingesetzt. In Berlin gab es
bald elektrische Straßenbeleuchtung und Straßenbahnen. Seit 1877
wurden in Berlin die ersten Fernsprecher aufgestellt, die Siemens
266
produzierte,
und zuerst als technische Spielerei abgetan. Aber Siemens hatte, wie
schon beim Telegrafen, das enorme Informa- i lonsbedürfnis der Zeit
vorausgesehen. Auch
an andere denken ic
Bereits
1885 beschäftigte das Unternehmen 1100 Arbeiter in Herlin. Bald
trug ein ganzer Stadtteil den Namen „Siemensstadt". Deshalb
hielt er sich auch seinen Mithelfern, den Arbeitern des Werkes,
gegenüber verpflichtet. Er schuf, viel früher als der Staat, für
Krankheit, Unfälle und den Lebensabend eine Pensionskasse, denn
„mir würde das verdiente Geld wie glühendes Eisen in der Hand
brennen, wenn ich treuen Gehilfen nicht den erwarteten Anteil gäbe",
so sagte Werner Siemens.
Auf
der Weltausstellung der Elektrotechnik 1881 in Paris erhielt das
Haus Siemens das Ehrendiplom. Werner Siemens erhielt unzählige
Ehrungen. Er bekam ein Ehrendoktor-Diplom und wurde zum Mitglied der
Akademie der Wissenschaften ernannt. 1888 bekam er den
Adelstitel. Seither hieß er Werner von Siemens. Er starb am 6.
Dezember 1892 in Berlin.
>
< f' 1 ' . i *
,
> * LEONARDO
DA VINCI
«•
[ t , i ■
Fast
jeder Deutsche hat sie in seiner Brieftasche - die berühmte
Zeichnung „Proportionsstudie nach Vitruv" von Leonardo da
Vinci. Ein muskulöser Lockenkopf steht da mit ausgestreckten Armen
sowohl in einem Quadrat als auch in einem Kreis. Bisher dachte man,
das Bild solle den ideal gebauten Menschen symbolisieren. Deshalb
prangt es als Logo für Gesundheit und Harmonie auf jeder
Krankenversicherungskarte. Seit Generationen lernen
Kunststudenten am Beispiel des berühmten Werkes, was ein „Goldener
Schnitt" ist.
Mathematik-Künstler
Klaus Schröer aus Münster behauptet nun, der eigentliche Gehalt
dieser über 500 Jahre alten Zeichnung sei ein anderer. Das 1492
entstandene Werk soll ein Lösungsvorschlag für das wohl
berühmteste geometrische Problem der Antike und der frühen Neuzeit
darstellen: die Quadratur des Kreises. Dieses Rätsel, das über
Jahrhunderte den Scharfsinn der Mathematiker herausforderte,
besteht in der Aufgabe, nur mit einem Zirkel und einem nicht
skalierten Lineal einen Kreis in ein flächengleiches Quadrat zu
verwandeln.
267
In
der Proportionsstudie des italienischen Malers und Naturwis*
senschaftlers Leonardo da Vinci (1452-1519) sind die Flächen des
Kreises und des Quadrats nur auf den ersten Blick verschieden groß,
erklärt Schröer: „Wenn man den Kreis nicht an die schräg,
sondern an die waagerecht ausgestreckten Arme anlegt, kommt die
Kreisfläche der Quadratfläche extrem nahe." Diese
Beobachtung animierte den 31 jährigen zu einer intensiven
geometrischen Vermessung der Linien und Proportionen in dem Bild.
Die kunsthistorische Begleitforschung übernahm ein Experte der
italienischen Malerei des 16. Jahrhunderts Klaus Irle aus Kassel.
Ihr
Ergebnis: Leonardo wollte nicht nur ein ästhetisch, sondern auch
ein mathematisch perfektes Kunstwerk schaffen. Schröer und Irle
sind sich allerdings nicht sicher, ob sich der Italiener für den
Entdecker oder nur für den Wiederentdecker der Kreisquadratur
hielt. Denn der Text, der die Zeichnung rahmt, zitiert den antiken
Architekten und Cäsar-Gefolgsmann Vitruv, der im ersten
vorchristlichen Jahrhundert Schriften über den ideal konstruierten
Menschen verfaßt hatte (außerdem in zehn Büchern über
Architektur das technische Wissen der griechisch-römischen Antike
überlieferte). „Leonardo hält sich zwar an Vitruvs Vorgaben,
spitzt ihn aber entscheiden zu", sagt Schröer.
Beifall
für ihre These erhalten die beiden Forscher allerdings mehr aus
mathematischen als aus kunsthistorischen Fachkreisen: „Eine
interessante, überzeugende Interpretation", meint etwa der
Heidelberger Mathematikhistoriker Klaus Volkert.
Fest
steht in jedem Fall, dass die Mathematik Leonardos Glaube an die
Lösung des alten Problems längst als Irrglauben entlarvt hat. Denn
vor rund 100 Jahren wurde bewiesen, dass die Quadratur des Kreises
in endlich vielen Schritten nicht zu leisten ist. Das italienische
Multi-Talent (Mona Lisa, Schwimmflossen) ermittelte nur einen
Näherungswert, keineswegs die exakte Lösung. „Leonardos
Verfahren ist aber so genau, dass die minimale Abweichung äußerlich
nicht sichtbar ist", betont Schröer. „Das muß ihm erst mal
jemand nachmachen."
Nicht
nur das Lächeln der Mona Lisa, auch Leonardo da Vincis berühmte
anatomisch-geometrische Zeichnung von dem lockenköpfigen Mann
im Inneren eines Kreises und eines Quadrats gibt nach über 500
Jahren noch Rätsel auf. Ein Mathematiker meldete sich nun mit
einer neuen Theorie: Die Studie soll eine Quadratur des Kreises
ermöglichen.
268
Interessiert
sich jemand für die Entwicklungsgeschichte der
Technik,
so hat er sich an die Erfindung des Telegrafen zu erinnern.
Den
ersten Telegrafen schuf 1809 der Münchener Arzt Samuel
Thomas
von Soemmering. Er nutzte die damals schon entdeckte
clektrolytische
Zersetzung von Wasser durch Gleichstrom aus und
baute einen
chemischen oder elektrolytischen Telegrafen, mit dem
35 Ziffern
und Buchstaben übertragen werden konnten.
Es
gab mehrere Versuche, neue Telegrafenarten zu erfinden, sie
alle,
sei es ein chemischer oder elektromagnetischer Telegraf,
hatten
einen großen Nachteil: Die übermittelten Zeichen konnten
nur vi-
suell aufgenommen werden. Dabei waren Fehler schwer zu
kont-
rollieren.
Vom
Münchener Mathematikprofessor August Steinheil stammt
die Idee,
die empfangenen Zeichen auf einen Papierstreifen zu
drucken, um
sie zu beliebigen Zeitpunkten lesen zu können. 1837
wurden durch
ihn die ersten Schreibtelegrafen an der Münchener
Universität
aufgebaut.
Von
entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung
des
Schreibtelegrafen waren die Arbeiten von Samuel Morse. Von
Beruf
Maler, machte der Amerikaner in Europa mit dem Telegrafen
Be-
kanntschaft. Zwei Jahre danach befaßte er sich mit seiner
Idee, ehe
sein „Morse Telegraf Praxisreife hatte. Mörses
besonderes Ver-
dienst war spezielles „Telegrafenalphabet".
Jedem Zeichen entspra-
chen darin bestimmte Kombinationen von
Strichen und Punkten, die
durch kurze und lange Stromimpulse
übermittelt wurden. Infolge
technischer Weiterentwicklungen
erhielten die häufigsten Buch-
staben die kürzesten Zeichen -
das E z.B. einen Punkt. Die Funker
nehmen die Zeichen akustisch
auf, und die Geschwindigkeit der
Aufnahme erreicht über 100
Zeichen je Minute in Klartext.
Mörses
Alphabet, das laufend vervollkommnet wurde, findet
noch heute in
der ganzen Welt Verwendung. '
.f. TELESKOP
MIT 15-m-SPIEGEL
Ein
Teleskop, dessen Spiegel aus flüssigem Quecksilber besteht
und
dessen Durchmesser 15 m aufweist, wird gegenwärtig in Kanada DER
MORSE-TELEGRAF
269
gebaut.
Quecksilberspiegel sind billiger und verschleißfester als
Glasspiegel. Zudem sinkt die Reflektivität eines Glasspiegels im
Laufe der Zeite ab. Quecksilber hingegen kann täglich gefiltert
werden und behält dadurch seine guten Eigenschaften
unverändert bei. Außerdem stieße ein 15-m-Glasspiegel schon von
seinem Gewicht her auf größere technische Probleme als ein
Quecksilberspiegel von gleichem Ausmaß. Bisher wurden bereits
Quecksilberspiegel mit einem Durchmesser von 1; 1,65 und 5 Meter
getestet.
Der
jetzt in Arbeit befindliche kanadische 15-m-Spiegel besteht aus
einer kreisförmigen flachen Wanne, die in Rotation versetzt wird.
Bei einer extrem konstant gehaltenen Drehgeschwindigkeit bildet sich
eine parabolische Symmetriefläche aus, wobei sich die Fokuslänge
je nach Drehgeschwindigkeit verändern lässt.
Auch
die Reaktion der Spiegeloberfläche auf starke Winde lässt sich
ausschalten, wenn das Teleskop unter windgeschützter Kuppel
untergebracht ist. Als Nachteil wird die feste Ausrichtung des
Teleskops angegeben. Es können damit nur Objekte beobachtet
werden, die sich genau in der durch die Erddrehung im Laufe der
Nacht über den Himmel wandernden Spiegelachse befinden.
I)
Ii :b NEUE
SUPERSCHWERE ELEMENTE
■
■ *"
i» Die Suche nach neuen Elementen, die im Periodensystem der
Elemente nach dem Uran (Ordnungszahl 92) einzuordnen sind und daher
zusammenfassend „Transurane" genannt werden, gestaltete sich
in den letzten Jahren zu einem Schwerpunkt der internationalen
Kernforschung. Dabei geht es einmal darum, neue Erkenntnisse über
den Aufbau der Atomkerne zu gewinnen und die mit Hilfe
verschiedener theoretischer Kernmodelle berechneten Ergebnisse
und Vorhersagen über die Existenz sowie die Eigenschaften
Superschwerer
Atomkerne zu überprüfen. Zum zweiten geht es aber auch darum, die
physikalischen und chemischen Eigenschaften neuer unbekannter
Elemente - eben jener Transurane - zu erforschen und Möglichkeiten
für ihre Nutzung
zu
erschließen. Nicht zuletzt liefern die Transuranelemente auch
Informationen über die kosmologische Entwicklung und insbesondere
über die Entstehungsgeschichte unseres Planetensystems.
Atomkerne
sind aus zwei Arten von Kernteilichen aufgebaut, aus positiv
geladenen Protonen und aus elektrisch neutralen Neutronen.
270
Beide
Teilchenarten werden gemeinsam als Nukleonen bezeichnet Die Zahl der
Protonen stimmt mit der Ordnungszahl des betreffenden Elements
im Periodensystem der Elemente überein. -Kf
Die
positive Ladung des Atomkerns wird in einem neutralen Atom durch die
gleiche Anzahl negativer Elektronen kompensiert. Die Anzahl der
Elektronen bestimmt das chemische Verhalten eines Elementes. Die
Gesamzahl der Nukleonen im Kern ergibt das Atomgewicht, die
relative Masse des Atoms. Enthalten zwei Atomkerne zwar die gleiche
Anzahl von Protonen, aber verschieden viele Neutronen im Kern, so
haben die Atome zwar gleiche chemische Eigenschaften, aber
verschiedene Atomgewichte. Sie sind Isotope des betreffenden
Elements.
.,..,■,
1999
feiert Opel 100 Jahre Automobilbau. 1899 entsteht das erste
Opel-Automobil. Die Adam Opel AG feierte 1999 einen ganz besonderen
Geburtstag: Vor hundert Jahren entstand das erste Opel- Automobil.
Die Basis für das heute weltweit operierende Unternehmen legte
Firmengründer Adam Opel, als er
1862
in Handarbeit seine erste Nähmaschine baute. 13 Jahre nach dem
Start der Fahrradherstellung 1886 wird 1899 das erste
Automobil, der Opel Patent- Motorwagen System Lutzmann, gefertigt.
Nach einigen Monaten Lizenzfertigung für den französischen
Automobilhersteller Darracq1
entsteht
1902 das erste eigenständige Opel-Fahrzeug, das Modell 10/12 PS.
Bis heute hat Opel rund 50 Millionen Fahrzeuge auf Opel- Basis
produziert und war zusammen mit den technisch identischen,
britischen Vauxhall-Modellen2
in Westeuropa 1997 mit über 1,56 Millionen Neuzulassungen zum
sechsten Mal in Folge Marktführer (Marktanteil 11,6 Prozent). An
dieser langen Erfolgsgeschichte haben auch die rund 6500
Vertragspartner der flächendeckenden, europäischen
Händlerorganisation großen Anteil. Sie bieten allen Opel-Fahrern
einen umfassenden Service, der bereits 1924 mit standardisierten
Wartungsarbeiten zu festen Preisen arbeitete.
Der
Beginn der Fahrzeugfertigung im Jahre 1899 - Opel ist damit das
Zweitälteste,
bestehende Automobilunternehmen in Deutschland - markiert den
entscheidenden Entwicklungsschritt in der Geschichte des
Unternehmens. Nachdem Adam Opel mit dem
I'IT
■,
r,: -/ OPEL
271
Aufbau
der Nähmaschinen- und Fahrradproduktion seinen Handwerksbetrieb
zu einem Industrieunternehmen mit rund 600
Mitarbeitern
ausgebaut hat, suchen seine fünf Söhne Carl, Wilhelm, Heinrich,
Fritz und Ludwig neue Herausforderungen. Der Motorwagen, Ende des
letzen Jahrhunderts eine ebenso revolutionäre Erfindung wie zuvor
die Nähmaschine oder das Fahrrad, erregt ihre Aufmerksamkeit.
Nach einigen Informationsreisen erwerben die Opel-Brüder am 21.
Januar
1899
die
Anhaltische Motorwagenfabrik des Dessauers Friedrich Lutzmann3
und beginnen mit dem Aufbau einer Automobilproduktion in
Rüsselsheim. Trotz enormer Anstrengungen floriert das Geschäft
mit dem jungen Fortbewegungsmittel jedoch nicht wie erwartet. 1901
folgt
die Trennung von Lutzmann. Anfang 1902
beginnt
dann die Lizenzfertigung der französischen Darracq-Modelle, die
unter dem Markennamen Opel-Darracq vertrieben werden. Doch auch
damit wollen sich die Opel-Brüder auf Dauer nicht zufrieden geben. \\>
_
...?' Texterlauterungen
Darracq
-
Даррак Александр, французский
автОйромыш- ленник,
один из пионеров массового
автомобилестроения >
Vauxhall-Modellen-
модели „Воксхолл" '
. ■,<
Motorwagenfabrik
des Dessauers Friedrich Lutzmann-н
завод двигателей Фридриха Луцмана из
Дессау "
VERZINKEN
AUF INDUSTRIELLEM NIVEAU c
Vom
handwerklichen „Tauchen" zum modernen Verfahren
Feuerverzinken
als Korrosionsschutz für Stahlteile wird von hoch spezialisierten
Dienstleistungsunternehmen durchgeführt. Der Schutz von
Stahlkonstruktionen vor Korrosion trägt dazu bei, Werte zu erhalten
und Ressourcen zu schonen. Dies ist sowohl volkswirtschaftlich
als auch ökologisch von großer Bedeutung. Zur Prozesskette
des Stahlbaus gehört das Feuerverzinken als wirksamstes Verfahren
für einen langfristigen Schutz gegen Korrosion. Bei vielen
Konstruktionen werden jedoch die besonderen Erfordernisse dieses
Prozessschritts mangels Erfahrung nur unzureichend berücksichtigt.
272
Anwender
sollten deshalb möglichst frühzeitig die sachgerechte Beratung
durch den Feuerverzinker in Anspruch nehmen.
„Korrosionsschutz
ab Werk ist heute wichtig, denn nur dort sind optimale
Voraussetzungen für eine fachgerechte und umweltgerechte
Durchführung der Korrosionsschutzarbeiten gewährleistet. Nach der
Meinung des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Verwaltung
GmbH&Co sei Feuerverzinken die wirksamste Art,
Stahlkonstruktionen für lange Zeiträume gegen
Korrosionsschäden zu sichern. Die Technologie habe sich in den
letzten Jahrzehnten vom handwerklichen „Tauchvorgang" zu
einem weitgehend automatisierten Prozess gewandelt.
Der
Begriff „schwarzes Material" steht für die noch
unbehandelten Bauteile. So dürfen sie nicht verarbeitet
werden, denn einen guten Verbund zwischen Zink und Stahl wird nur
auf sauberen Oberflächen erhalten. Die Behandlung erfolgt
weitgehend programmgesteuert, die Parameter der einzelnen
Behandlungsschritte werden für die Qualitätskontrolle
dokumentiert.
In
seinem Werk mit modernsten Techniken des Umweltschutzes werden alle
gesetzlichen Grenzwerte eingehalten. Dies gibt auch seinen Kunden
zusätzlich die Sicherheit, die richtige Entscheidung zu treffen.
Zink
- die „graue Maus" unter den Metallen ,, , ,*<
Jeder
kennt es, kaum jemand nimmt von ihm Notiz: Zink ist nützlich, aber
unscheinbar. In Deutschland wurden 1998 rund 710000 Tonnen dieses
Metalls verwendet. Hauptanwendungsgebiet ist mit 29 % der
Korrosionsschutz durch Verzinkung. Wenig spektakulär1,
aber dafür sehr effektiv leistet Zink so einen ganz erheblichen
Beitrag dazu, Stahl vor Korrosion zu schützen - und so Verluste zu
begrenzen, die von Fachleuten auf eine Größenordnung von rund 4 %
des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geschätzt werden. Fast ebensoviel
Zink (27 %) landet als Legierungsbestandteil im Messing, einem
beliebten Werkstoff für Gegenstände des täglichen Gebrauchs.
Weitere 28 % werden zu Halbzeug - meist in Form von Blechen, Rohren
und Drähten - verarbeitet. Diese werden bevorzugt in der Baubranche
für Fassadenverkleidungen, Regenrinnen und Fallrohre2
eingesetzt.
Ein weiteres Einsatzgebiet ist Zinkdruckguss, vor allem im Kfz- und
Hausgerätebereich. Die Branche repräsentiert in
273
Deutschland
rund16000
Arbeitsplätze sowie einen Umsatz von
1,5
bis
2
Mrd.
Euro. 1 ,
■ >
,-j,,
-j Texterläuterungen
(
, ,
(
(
V'1
1.
wenig
spektakulär -
малопривлекальный >■■
• 2. Regenrinnen
und Fallrohre -
дождевой желоб и водосточная
труба
III )1 RAUMFÄHRE
COLUMBIA 1.02.2003
Die
Raumfähre1
Columbia war das erste Space Shuttle, das ins All
flog. Am 12.
April
1981
hob
der Raumpendler2
von Cap Canaveral in
Florida ab und eröffnete eine neue Stufe
der weltweiten Raumfahrt.
Erstmals
flogen Menschen mit einer Technik ins All, die wieder-
verwendet
werden konnte. Im Gegensatz zu Trägerraketen, deren
Stufen im
All verglühen und von denen nur eine kleineLandekapsel
zur
Erde zurückkehrt, landen die Space Shuttles wie Flugzeuge auf
einer
Piste3.
Das
gut 37
Meter
lange Space Shuttle bildet mit den Raumfähren
Atlantis,
Discovery und Endeavour das Rückgrat4
der bemannten US-
Raumfahrt. Der Orbiter mit der offiziellen
Bezeichnung OV-102
trägt
den
Namen des amerikanischen Segelschiffs Columbia, das 1792
von
Boston
auslief, um die Mündung des Flusses Columbia zu erkunden.
Den
gleichen Namen trug eines der ersten amerikanischen Schiffe,
dem
eine Weltumsegelung gelang, und die Kommandokapsel der
Apollo 11,
mit
der Neil Armstrong und Edwin Aldrian im Juli 1969
als
erste
Menschen auf dem Mond landeten. Auch Ulf Merbold, der
erste
Westdeutsche im All, flog im November 1983
mit
der Columbia. Texterläuterungen I
vi d !
l-i' I
'
/ i"»
1'
1.
die
Raumfähre -
космический корабль . . . л
2. der
Raumpendler -
космонавт , ,. .,„; (r-l(H>t,<:
die
Piste -
взлетно-посадочная полоса j
,
das
Rückgrat -
основа (
.
<' , i,,
274
>f
RAUMFÄHRE COLUMBIA
i ÜBER
TEXAS
ABGESTÜRZT
u /
01.02.2003
Katastrophe
für die amerikanische Raumfahrt: Die US-Raumfähre Columbia
ist am Samstag (01.02.03) beim Anflug auf den NASA-Stützpunkt Cape
Canaveral abgestürzt.
Fast
genau 17 Jahre nach der Challenger-Katastrophe ist die Welt von
einem neuen Raumfahrt-Unglück erschüttert worden: Beim Landeanflug
auf den Weltraumbahnhof Cape Canaveral zerbarst das Space
Shuttle Columbia in mehrere Teile. Columbia hat sich US-Präsident
George W. Bush vom Weißen Haus aus an die Nation gewandt. „Die
Columbia ist verloren", sagte Bush in einer kurzen
Erklärung. Niemand der sieben Besatzungsmitglieder habe überlebt.
Diese Männer und Frauen hätten im Dienste der ganzen Menschheit
ein großen Risiko auf sich genommen, sagte der Präsident.
Sowohl die US-Regierung als auch das FBI betonten, dass es keine
Anzeichen für einen terroristischen Anschlag gebe. Die NASA nahm
die Suche nach Wrackteilen auf. Sie warnte die Bevölkerung
eindringlich davor, sich den
Trümmern zu
nähern.
Eine
Viertelstunde vor der geplanten Landung im US-Bundesstaat
Florida brach der Funkkontakt zu der Besatzung ab, wenig später
zerberst1
das Raumschiff. Fernsehsender zeigten Bilder des
auseinanderbrechenden Shuttles. Es zerbarst in mindestens drei
Teile, die in immenser2
Geschwindigkeit am Himmel entlang rasten. An Bord waren sechs
US-Bürger und mit dem Offizier Ilan Ramon auch der erste Israeli im
All. Seinetwegen waren im Vorfeld der geplanten Landung die
Sicherheitsvorkehrungen3
in Cape Canaveral erheblich verschärft worden. Das am 16. Januar
gestartete Shuttle hätte um 9.16 Uhr (15.16 Uhr MEZ) auf dem
Weltraumbahnhof landen sollen. Kurz vor 9 Uhr Ortszeit (15 Uhr MEZ)
brach laut NASA der Kontakt zur Columbia ab, als die Raumfähre sich
über Texas befand. Die Raumfahrtbehörde setzte sofort den
Notfallplan in Kraft. Die Explosion der Raumfähre beim
Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wurde laut Augenzeugen von
hellen Lichtblitzen und ohrenbetäubendem Lärm begleitet.
Augenzeugen im Bundesstaat Texas berichteten dem
US-Nachrichtensender CNN zudem von dichtem Rauch: „Wir wurden von
einem Donnern geweckt", erzählte
275
Lynn
Hern in Huntington, mehr als 200 Kilometer südöstlich von Dallas.
„Es war, als würde ein Zug über unser Grundstück fahren, als
wäre er direkt vor dem Haus."
Die
NASA warnte die Bewohner von Texas vor den möglicherweise
giftigen Trümmern, von denen erste in Texas bereits kurz nach dem
Unglück gefunden wurden. Sie rief dazu auf, Wrackteile zu
fotografieren und zu filmen und das Material der Raumfahrtbehörde
zur Verfügung zu stellen.
Nach
Ansicht des deutschen Raumfahrtexperten Heinz-Hermann Koelle könnte
das Unglück auf ein Versagen des Hitzeschildes zurückzuführen
sein. Der italienische Astronaut Umberto Guidoni sagte,
möglicherweise sei die Columbia im falschen Winkel in die
Erdatmosphäre eingedrungen. „Die Rückkehr in die Erdatmosphäre
ist einer der schwierigsten Momente bei der Mission der Raumfähre.
Eine Abweichung um einige Grad kann eine Katastrophe wie die heutige
provozieren", sagte Guidoni, der selbst an zwei Weltraumflügen
teilnahm. Die ersten Anzeichen für Unregelmäßigkeiten beim Flug
der Raumfähre Columbia gab es, als es keine Meldungen mehr von den
Temperatursensoren im Hydrauliksystem der linken Tragfläche4
gab. Dies erklärte Ron Dittemore, der Verantwortliche für das
Raumfähren-Programm der NASA, auf einer Pressekonferenz. Sekunden
später seien weitere Probleme aufgetaucht, wie ein Druckverlust
in den Reifen und Anzeichen für übermäßige Hitze. Schon beim
Start soll sich ein Stück einer Tankisolierung gelöst und die
linke Tragfläche getroffen haben. Die Suche nach der
Absturzursache werde aber noch Tage und Wochen dauern.
Ein
US-Experte wiederum gab an, Space-Shuttles seien für hundert Flüge
ausgelegt5.
Für die Columbia sei es erst der 28. Flug gewesen. Der Absturz
könne aber trotzdem mit dem Alter des Shuttles zusammenhängen. Die
Columbia hatte ihren Jungfernflug im Jahr 1981.
An
Bord der Columbia befanden sich auch vier Tonnen wissenschaftlicher
Ausrüstung im Gesamtwert von 78 Millionen Dollar (74 Millionen
Euro). Die Astronauten hatten in der Erdumlaufbahn unter anderem
getestet, welche Auswirkungen die Schwerelosigkeit auf lebende
Organismen, die Zusammensetzung der Kristalle und das Wachstum der
Proteine hat.
276
Das
Unglück weckte auf der ganzen Welt die Erinnerung an die
Fxplosion
der Challenger am 28.
Januar
1986.
Die
Raumfahre explo-
dierte nur 73
Sekunden
nach dem Start. Alle sieben Astronauten an
Mord starben. Auch
damals handelte es sich wie jetzt um zwei Frauen
und fünf
Männer.
Ein
irakischer Regierungssprecher ließ sich zitieren, dass der
Absturz
als Rache Gottes zu verstehen sei. „Gott wollte zeigen, dass
seine
Macht weiter reicht als die der Amerikaner." Texterläuterungen .
zerbersten
-
лопаться, раскалываться " - ';+ч
immens
-
невероятный, огромный
die
Sicherkeitsvorkehrungen -
меры предосторожности
die
Tragfläche -
несущая поверхность
auslegen
-
рассчитывать GRUNDLAGEN
DES SATELLITENEMPFANGS
Noch
vor wenigen Jahren war der direkte Empfang der Fernseh- und
Rundfunksendungen das ausschließliche Privileg der
Forschungsinstitute, der Militärs und kommerzieller
Nachrichtendienste, denn nur sie konnten den technischen
Aufwand1
betreiben, den die erdumspannende2
Kommunikation via (durch) Satelliten erforderte. Der Empfang aus dem
Weltall ist aber heute zu einer Alltäglichkeit geworden.
Wollen
wir uns an etwas Historisches erinnern. Der Science- Fiction3
- Autor Arthur C. Clarke - beschrieb noch Mitte der vierziger
Jahre in einer der englischen Fachzeitschriften ein
weltumspannendes Kommukationsnetz auf der Basis von drei
Satelliten. Diese sollten sich synchron mit der Erde drehen, also
von der Erde aus gesehen an einer festen Himmelsposition stehen. Zur
Zeit bezeichnet man solche Satelliten als geostationär. Jeder
dieser Satelliten deckte ein Drittel der Erdoberfläche ab und
konnte mit jedem anderen kommunizieren.
Damals
konnte sich niemand vorstellen, wie schnell Clarkes Vision
realisierbar sein wird. Bereits am 4. Oktober 1957 brachte
277
man
den Sputnik 1,
den
ersten künstlichen Himmelskörper, in eine Erdumlaufbahn. Danach
entwickelte sich die Satellitentechnik rapide4.
Satellitenserien mit den Namen Explorer, Lunik, Discoverer und Tiros
sind heute bereits Legende.
Das
Zeitalter der transkontinentalen Übertragung von Fernseh- und
Telefonsignalen eröffnete am 10.
Juli
1962
der
amerikanische Relaissatellit Telstar 1.
Er
umrundete die Erde noch nicht auf einer geostationären Bahn. Darum
mußte dieser mit drehbaren Antennen verfolgt werden, bis er hinter
dem Horizont verschwand. Aber schon ein Jahr später, und zwar 1963,
wurde
eine Reihe erdsynchroner Kommunikationssatelliten (Syncom)
gestartet. Heute sind über dem afrikanischen Äquator Dutzende von
solchen „geparkt", ч
,
Texterläuterungen
, ,,
der
Aufwand -
затраты f
'
'•E
erdumspannend
-
охватывающий весь мир
Science-Fiction
-
научно-фантастическая литература
rapid
-
быстрый, стремительный RETTUNG
AUS DEM ORBIT
Erste
Ideen zur Rettung aus dem Orbit entstanden schon im Jahre 1975.
Nachdem
zahlreiche Experimente auf diesem Gebiet durchgeführt worden
waren, beschloßen am 12.
April
1982
Vertreter
der ehemaligen UdSSR, der USA, Frankreichs und Kanadas, gemeinsam
ein Such- und Rettungssystem zu schaffen und es zuerst in der
Nordhalbkugel zu erproben. Das auf solche Weise geschaffene System
KOSPAS/SARSAT ist für das Flugwesen sowie für Expeditionen in
Hochgebirgsregionen und Wüstengebieten vorgesehen.
Grundgedanke
von KOSPAS/SARSAT ist es, Systemnutzen mit kleinen Notrufsendern
oder speziellen Notruf-Funkbojen zu versorgen. Dabei sollen
diese möglichst billig sein. Im Katastrophenfall strahlen die
Funkbojen automatisch Notrufsignale auf den internationalen
SOS-Frequenzen aus.
Ein
System von Satelliten, in Umlaufbahn gebracht, „lauscht"
ständig nach Notrufsignalen. Alle Regionen der Erdoberfläche
werden dabei praktisch kontrolliert. Auf der Basis des Doppier-
Effektes ortet man zuerst die Unglücksstelle mit 1
bis
2
km
Genauig
278
keit.
Gleichzeitig werden Rettungsmaßnahmen begonnen. Zur Zeit sind schon
in der ganzen Welt etwa 200000 Notruf-Funkbojen im Einsatz. Man hat
aber zu erwarten, dass sich kurzfristig deren Zahl bedeutend erhöhen
wird. Schon über 1000 Menschenleben wurden dadurch gerettet.
I * ,t : „CHALLENGER"
- KATASTROPHE
Am
28. Januar 1986 ereignete sich 8 Kilometer vor der Küste Floridas
in 16 Kilometer Höhe das schwerste Unglück in der damals
25-jährigen Geschichte der bemannten Raumfahrt. Die Raumfähre
„Challenger" explodierte, und ihre siebenköpfige Besatzung -
zwei Fraunen und fünf Männer - fand dabei den Tod. Es handelte
sich um die schwerste nichtnukleare Detonation, die mit einem
Sprengstoffäquivalent von mindestens 600 Tonnen TNT
(Trinitrotoluol) der einen kleinen Atombombe gleichkam. Die
amerikanische Weltraumbehörde NASA verlor mit einem Schlag 7
Prozent ihres Astronautencorps und ein Viertel ihrer
Schuttiekapazität im Wert von anderthalb Milliarden Dollar.
40
Minuten später wurden im Kennedy-Raumflugzentrum, im
Bodenkontrollzentrum von Houston sowie in allen beteiligten
Herstellerfirmen alle Produktionsunterlagen,
Computerinformationen und Filmaufzeichnungen bis hin zu den
Bleistiftnotizen des Kontrollpersonals konfisziert1.
Alle
diese Materialien gingen an den dreizehnköpfigen
Untersuchungsausschüsse der vom damaligen USA-Präsidenten
Reagan beauftragt wurde, innerhalb von 120 Tagen einen ausführlichen
Bericht über die Ursachen der Katastrophe zu erstatten. Zum
Vorsitzenden dieses Gremius3
bestimmte das Weiße Haus den ehemaligen Außenminister William
Rogers, Mitglieder waren unter anderen der Physik-Nobelpreisträger
und Miterbauer der Atombombe Richard Feynman, der Testpilot General
Charles Jacger, der als erster die Schallmauer durchbrach, der
Astronaut Neil Armstrong, der als erster den Mond betrat, und Sally
Ride, die erste Amerikanerin im All.
Bereits
zwei Wochen nach der Katastrophe hat die Kommission die Ursachen des
Unglücks genannt. Offensichtlich führte ein mangelhafter
Dichtungsring zwischen den beiden unteren Segmenten der rechten
Feststoffrakete zum Austritt einer zwölf Meter langen
279
Stichflamme.
Diese zerstörte wie ein Schweißbrenner zunächst di
untere
Halterung zwischen der Rakete und dem großen Außentank
Die
Rakete, die als „Booster" bezeichnet wird, bohrte sich mit
seine
Spitze
in den Tank dort, wo die Behälter von Flüssigwasserstoff
un
Flüssigsauerstoff aneinander grenzten.
Zu
diesem Zeitpunkt enthielt der 47,4
m
lange Tank, der eine
Durchmesser von 8,2
m
hatte, noch etwa 470000
Liter
flüssige
Sauerstoff und 1,2
Millionen
Liter flüssigen Wasserstoff. Die beide
energiereichsten
chemischen Raketentreibstoffe entzündeten sich i
einer
gewaltigen Knallexplosion. Die beiden Feststoffraketen mi
der
Gesamtmasse von über 1000
Tonnen
rasten dabei ziellos weiter.
Am
26.
Februar
1986
kam
die Untersuchungskommission zu de
vorläufigen
Schlussfolgerung, dass die Direktion der NASA eine
schwerwiegenden
Fehler beging, als die am 28.
Januar
den Start
befehl
erteilte, 37
Tage
wurden die beiden Feststoffraketen, die
sogennanten
„Booster", auf der Rampe4
nicht mehr kontrolliert. Die
Ingenieure,
die wegen der anhaltenden Kälte gegen den Start waren
wurden
unter Druck gesetzt, weil die NASA ihren Zeitplan erfüllen
wollte.
Obwohl
die Spezialisten der NASA die Direktion seit 1981
gewarnt
hatten, wurden gefährliche Experimente unter dem Druck
von
Pentagon wietergeführt. Viele amerikanische Kritiker
des
Space-Schuttle-Programms stellten nicht ohne Grund die Frage,
ob
die
Wiederverwendung des größten „Pulverfasses der Welt" -
der
Kombination
von hochexplosiven festen und flüßigen Treibstoffen-
überhaupt
möglich ist.
Wenn
wir also die Bilanz ziehen5
wollen, so kann man behaup-
ten, dass die Ursachen für die
Katastrophe der Raumfähre „Challen-
ger", bei der sieben
USA-Austronauten ums Leben kamen, konst-
ruktive Mängel in den
Feststoffraketen waren. Auf jeden Fall war
es die schwerste
Katastrophe im Weltall, die viele Starts zum Welt-
raumerschließen
von der NASA in zwei bis drei Jahre verzögert hat. Texterläuterungen
konfiszieren-конфисковать ,,
i
,
der
Ausschuss -
комитет
s
3.
das
Gremium- англ.
комиссия, коллегия, консилиум
die
Rampe -
ракетная пусковая установка
die
Bilanz ziehen -
подвести итог • <, S
280
der
Lotse [-lo
das
Ausleben SPRÜCHE
VON MARK TWAIN
I
don 't
believe
there is anything in the whole earth that you can't
learn in
Berlin except the German language
(M ark Twain
nach
seinem
Aufenthalt in
Berlin im
Winter
1891/92).
Deutsche
Übersetzung:
Ich glaube nicht, dass es irgendetwas auf der ganzen
Welt gibt,
was man in Berlin nicht lernen könnte - außer der
deutschen
Sprache!
Versuchungen
sind wie Vagabunden: Wenn man sie freundlich
behandelt, kommen
sie wieder und bringen andere mit. MARK
TWAIN
Mark
Twain wurde als Samuel (Langhorne) Clemens am 30.11.1835 in Florida
geboren. Erwuchs am Missisippi in Hannibal auf und verlor mit 12
Jahren seinen Vater. Die Schule konnte er nicht weiter besuchen, er
begann eine Lehre als Schriftsetzer. Mit 17 Jahren ging er nach New
York, danach reiste nach Philadelphia und schrieb dort seine ersten
Reiseskizzen.
Er
arbeitete als Lotse1
auf dem Missisippi (sein selbstgewählter Name Mark Twain bedeutet:
„Zwei Faden Wassertiefe markieren "), nahm am Sezessionskrieg
teil, suchte Silber in Nevada. Er lebte in San Francisco, arbeitete
als Reporter auf Hawai und bereiste Europa und Palästina. Ab 1867 -
mit 32 Jahren - wurde er als Schriftsteller erfolgreich und
wohlhabend. Er starb am 21.4.1910 in Redding (Connecticut) im Alter
von 74 Jahren.
Mark
Twain war der erste amerikanische Schriftsteller von Weltrang aus
dem Gebiet westlich des Missisippi. Sein Werk fußt auf der
Tradition des literarischen Journalismus. Die Reise spielt in seinen
Werken eine entscheidende Rolle. Die Protagonisten bewegen sich
auf neue Schauplätze und neue Ereignisse zu. Das Abenteuer als
Ausdruck des Auslebens2
der Individualität und das Zulassen von Spontainität sind
Merkmale in den Werken von Mark Twain.
Texterläuterungen
:-]
- лоцман )W.
-
проявление во всей полноте
281
Das
Recht auf Dummheit gehört zur Garantie der freien Entfaltung
der Persönlichkeit.
Rauchen
aufhören muss besonders leicht sein. Ich kenne viele, die das schon
öfters gemacht haben.
Trenne
dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden
sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben, zu leben.
Kein
Breitengrad, der nicht dächte, er wäre Äquator geworden, wenn
alles mit rechten Dingen zugegangen wäre.
Wenn
Du wütend bist, zähl bis vier. Bist Du außer Dir vor Wut, fang an
zu fluchen.
Es
gibt nichts, was man auf ein Kompliment erwidern könnte. Ich habe
selbst schon so oft Komplimente bekommen, und immer machen sie
mich verlegen. Ich habe immer das Gefühl, es wäre nicht genug
gesagt worden.
Nachdem
wir das Ziel aus unseren Augen verloren hatten, verdoppelten
wir unsere Anstrengungen.
Wenn
du einen verhungernden Hund aufliest und ihn satt machst, dann wird
er dich nicht beißen. Das ist der Unterschied zwischen Hund und
Mensch.
Schlagfertigkeit
ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
Es
gibt nur ein Problem, das schwieriger ist als Freunde zu gewinnen.
Sie wieder loszuwerden.
Was
du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
Never
put off til tomorrow what you can do today. (Never put off til
tomorrow what you can do the day after tomorrow -
Mark Twain.) DIE
SCHRECKLICHE DEUTSCHE SPRACHE *
Ein
bisschen Bildung macht alle Welt verwandt. Ich ging oft ins
Heidelberger Schloss, um mir das Raritätenkabinett anzusehen, und
eines Tages überraschte ich den Leiter mit meinem Deutsch, und zwar
redete ich ausschließlich in dieser Sprache. Er zeigte großes
Interesse; und nachdem ich eine Weile geredet hatte, sagte er, mein
Deutsch sei sehr selten, möglicherweise ein „Unikat"; er
wolle es in sein Museum aufnehmen.
282
Wer
nie Deutsch geiernt hat, macht sich keinen Begriff, wie verwirrend
diese Sprache ist. Es gibt zehn Wortarten, und alle zehn machen
Ärger. Ein durchschnittlicher Satz in einer deutschen Zeitung ist
eine erhabene, eindrucksvolle Kuriosität; er nimmt ein Viertel
einer Spalte ein; er enthält sämtliche zehn Wortarten - nicht in
ordentlicher Reihenfolge, sondern durcheinander; er besteht
hauptsächlich aus zusammengesetzten Wörtern, die der Verfasser an
Ort und Stelle gebildet hat, so dass sie in keinem Wörterbuch zu
finden sind - sechs oder sieben Wörter zu einem zusammengepackt,
und zwar ohne Gelenk und Naht, das heißt: ohne Bindestriche; er
behandelt vierzehn oder fünfzehn verschiedene Themen, von
denen jedes in seine eigene Parenthese eingeschlossen ist, und
jeweils drei oder vier dieser Parenthesen werden hier und dort durch
eine zusätzliche Parenthese abermals eingeschlossen, am Ende
des majestätischen Satzes
kommt das Verb,
und man erfährt zum ersten Mal, wovon die ganze Zeit die Rede war;
und nach dem Verb hängt der Verfasser noch „haben sind gewesen,
gehabt haben, geworden sein" oder etwas dergleichen an - rein
zur Verzierung, soweit ich das ergründen konnte und das Monument
ist fertig. Ich nehme an, dieses abschließende Hurra ist so etwas
wie der Schnörkel an einer Unterschrift - nicht notwendig, aber
hübsch.
Die
Deutschen kennen noch eine weitere Form der Parenthese, die sie
herstellen, indem sie ein Verb spalten und die eine Hälfte an den
Anfang eines spannenden Kapitels setzen und die
andere Hälfte an
den Schluss. Kann man sich etwas Verwirrenderes vorstellen? Diese
Dinger heißen „trennbare Verben". Die deutsche Grammatik ist
geradezu übersät mit trennbaren Verben, und je weiter die beiden
Teile auseinandergerissen werden, desto zufriedener ist der Urheber
des Verbrechens mit seiner Leistung. Eines der beliebtesten
Exemplare ist
reiste ab.
„Als
die Koffer endlich gepackt waren, reiste er - nachdem er Mutter und
Schwester geküßt und noch einmal sein angebetetes Gretchen ans
Herz gedrückt hatte, das, in schlichtes weißes Musselin
gekleidet, eine einzige Rose in den anmutigen Wellen ihres vollen
braunen Haares, hilflos schwankend die Treppe heruntergekommen
war, noch immer bleich vor der Angst und Erregung des
vorangegangenen Abends, noch sehnsüchtigt bestrebt, ihr armes,
283
wehes
Haupt noch einmal an die Brust des von ihr über alles Geliebten zu
legen ab."
Personalpronomen
und
Adjektive
sind eine ewige Plage in dieser Sprache, und man hätte sie besser
weggelassen. Das Wort sie zum Beispiel bedeutet sowohl
you,
als auch
she,
als auch
her,
als auch
it, als
auch
they,
als auch
them.
Man stelle sich die bittere Armut einer Sprache vor, in der ein
einziges Wort die Arbeit von sechs tun muss - noch dazu ein so
armes, kleines, schwaches Ding von nur drei Buchstaben. Vor allem
aber stelle man sich die Verzweiflung vor, nie zu wissen, welche
dieser Bedeutungen der Sprecher gerade meint. Das erklärt auch,
warum ich im allgemeinen jeden, der Sie zu mir sagt, umzubringen
versuche, sofern ich ihn nicht kenne. Der Erfinder dieser Sprache
scheint sich einen Spaß daraus gemacht zu haben, sie auf jede Art,
die ihm nur in den Sinn kam, zu komplizieren.
Im
Deutschen beginnen alle
Substantive
mit einem großen Buchstaben. Das ist nun wahrhaftig mal eine
gute Idee, und eine gute Idee fällt in dieser Sprache durch ihr
Alleinstehen notwendigerweise auf. Ich halte diese Großschreibung
der Substantive darum für eine gute Idee, weil man ihr zufolge ein
Substantiv fast immer erkennen kann, sobald man es sieht. Hin und
wieder irrt man sich allerdings und nimmt den Namen einer Person
fälschlich für den einer Sache und verschwendet viel Zeit darauf,
einen Sinn aus dem Ganzen herauszulesen. Deutsche Namen
bedeuten fast immer etwas, und das fördert die Täuschung des
Lernbeflissenen. Ich übersetzte eines Tages einen Satz, in dem es
hieß, die wütende Tigerin habe sich losgerissen und „den
unglückseligen Tannenwald gänzlich aufgefressen". Schon
rüstete ich mich, dies zu bezweifeln, da fand ich heraus, dass
Tannenwald in diesem Falle der Name eines Mannes war.
Jedes
Substantiv hat sein grammatisches Geschlecht, und die Verteilung ist
ohne Sinn und Methode. Man muss daher bei jedem Substantiv das
Geschlecht eigens mitlernen. Eine andere Möglichkeit gibt es
nicht. Um das fertigzubringen, braucht man ein Gedächtnis wie
ein Terminkalender. Im Deutschen hat ein Fräulein kein Geschlecht,
eine Rübe dagegen schon. Welch eine übermäßige Hochachtung vor
der Rübe und welch eine kaltherzige Missachtung des Mädchens
verrät sich hier!
284
Um
mit den deutschen Geschlechtern fortzufahren: Ein Baum ist männlich,
seine Knospen sind weiblich, seine Blätter sächlich; Pferde sind
geschlechtslos, Hunde sind männlich, Katzen weiblich - Kater
natürlich inbegriffen; Mund, Hals, Busen, Ellenbogen, Finger,
Nägel, Füße und Rumpf eines Menschen sind männlichen
Geschlechts; was auf dem Hals sitzt, ist entweder männlich
oder sächlich, aber das richtet sich nach dem Wort, das man dafür
benutzt, und nicht etwa nach dem Geschlecht des tragenden
Individuums, denn in Deutschland haben alle Frauen entweder einen
männlichen Kopf
oder ein geschlechtsloses
Haupt.
Nase, Lippen, Schultern, Brust, Hände, Hüften und Zehen eines
Menschen sind weiblich, und sein Haar, seine Ohren, Augen, Beine,
Knie, sein Kinn, sein Herz und sein Gewissen haben gar kein
Geschlecht. Was der Erfinder der Sprache vom Gewissen wußte, wird
er wohl vom Hörensagen gewußt haben.
Eine
Frau
ist zwar im Deutschen infolge eines Versehens des Erfinders der
Sprache weiblich; ein
Weib
jedoch ist es zu seinem Pech nicht. Ein Weib hat hier kein
Geschlecht, es ist ein Neutrum; laut Grammatik ist also ein Fisch
er,
seine Schuppen
sie,
ein Fischweib aber keins von beiden. Ein Weib geschlechtslos zu
nennen darf wohl als eine hinter dem Sachverhalt zurückbleibende
Beschreibung gelten. Schlimm genug - aber übergroße Genauigkeit
ist sicherlich noch schlimmer. Ein Deutscher nennt einen Bewohner
Englands einen
Engländer.
Zur Änderung des Geschlechts fügt er ein
-in
an und bezeichnet die weibliche Einwohnerin desselben Landes als
Engländerin.
Damit scheint sie ausreichend beschrieben, aber für einen Deutschen
ist das noch nicht exakt genug, also stellt er dem Wort den Artikel
voran, der anzeigt, dass das nun folgende Geschöpf weiblich ist,
und schreibt:
die Engländerin.
Meiner Ansicht nach ist diese Person überbezeichnet.
Also!..
Falls es mir nicht gelungen ist zu beweisen, dass das Deutsche eine
schwierige Sprache ist - versucht habe ich es jedenfalls. Ich
hörte von einem amerikanischen Studenten, den jemand fragte, wie er
mit seinem Deutsch vorankomme, und der ohne Zögern antwortete:
„Überhaupt nicht. Drei volle Monate habe ich jetzt hart daran
gearbeitet, und dabei ist nichts weiter herausgekommen als eine
einzige deutsche Wendung: „Zwei Glas..." Er
285
hielt
einen Augenblick lang inne und fügte dann mit Nachdruck
hinzu:
„Aber das sitzt!"
Auf
Grund meiner philologischen Studien bin ich überzeugt,
dass ein
begabter Mensch Englisch (außer Schreibung und Aus-
sprache) in
dreißig Stunden, Französisch in dreißig Tagen und
Deutsch in
dreißig Jahren lernen kann. Es liegt daher auf der Hand,
dass
die letztgenannte Sprache zurechtgestutzt und repariert
werden
sollte. Falls sie so bleibt, wie sie ist, sollte sie sanft
und ehrerbietig
zu den toten Sprachen gestellt werden, denn nur
die Toten haben
genügend
Zeit, sie zu lernen. „;,, <
DAS ERSTE SELBSTVERDIENTE GELD
;
' Mark Twain \ n,
Ich
erinnere mich noch genau an diese Geschichte - so erzählt
MarkTwain,
- obwohl es schon sehr lange her ist.
Als
ich ein kleiner Junge war, war es in meiner Schule streng
ver-
boten, die Tische mit Taschenmessern zu bearbeiten. Wer
dabei
erwischt wurde, der musste fünf Dollar zur Strafe
bezahlen. Wenn er
aber das Geld nicht hatte, wurde er von seinen
Mitschülern ver-
prügelt.
Eines
Tages erwischte mich ein Lehrer, wie ich gerade ein na-
gelneues
Taschenmesser ausprobierte. Ich musste meinem Vater al-
les
erzählen, und ihm war die Sache sehr peinlich. „Verprügeln,
sagst
du? Das darf nicht sein. Ich möchte nicht, dass einem
Mitglied
unserer Familie so etwas passiert. Ich werde also
bezahlen. Aber das
ist natürlich nicht alles. Komm bitte mit in
mein Arbeitszimmer!"
Dort legte mich mein Vater übers Knie
und verhaute mich kräftig.
Da fühlte ich an einem meiner
Körperteile, dass es auch in unserer
Familie Gerechtigkeit geben
musste. Als ich die Treppe wieder
hinunterging, war ich
abgehärtet. Mit der einen Hand drückte ich
den schmerzenden
Körperteil, denn in der anderen hielt ich den
Fünfdollarschein.
So überlegte ich die Lage. Die eine Situation hatte
ich recht
gut überstanden. Die andere konnte doch auch nicht viel
schlimmer
sein!
Ich
beschloss deshalb, mich zur Prügelstrafe in der Schule zu
melden
und die fünf Dollar zu behalten. So habe ich mein erstes
Geld
verdient. ,
286
EIN
WEIHNACHTSGESCHENK
Jo
Hanns Rösler '':■"•
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Es
war am Nachmittag des 24. Dezember. Herr Obermeyer schmückte gerade
den Weihnachtsbaum. Der Baum war nicht sehr groß, denn die Wohnung
war ziemlich klein. Da klingelte es. Frau Obermeyer ging zur Tür,
um zu öffnen. Nach ein paar Minuten kam sie ins Wohnzimmer. Doch
sie war nicht allein. Hinter ihr stand ein älterer Mann in einem
abgetragenen Wintermantel, und neben ihr erblickte Herr Obermeyer
einen riesigen Hund. Wenn der den Kopf hob, konnte er aus dem
Fenster gucken, so groß war er.
„Guten
Tag", sagte der Mann, „ich soll Ihnen ein Weihnachtsgeschenk
bringen."
„Das
ist sehr nett, aber könnten Sie den Hund bitte draußen lassen",
sagte Herr Obermeyer, der sich Sorgen um den Weihnachtsbaum
machte, als der Hund anfing, die bunten Kugeln zu beschnüffeln.
„Das
geht leider nicht", erwiderte der Mann, „er ist ja das
Weihnachtsgeschenk."
Herr
Obermeyer schaute sprachlos auf den riesigen Hund, der jetzt freudig
mit dem Schwanz wedelte. Im letzten Moment konnte Frau Obermeyer die
Vase vom Tisch retten.
„Wer
schenkt uns denn den Hund?" wollte Herr Obermeyer wissen. „Der
Herr möchte seinen Namen nicht nennen. Er hat mir nur gesagt, ich
soll den Hund mit besten Wünschen bei Ihnen abgeben."
Herr
Obermeyer wurde ärgerlich. „Das kann doch nicht wahr sein. Ich
nehme das Geschenk nicht an. Was sollen wir denn mit einem so großen
Hund in der kleinen Wohnung anfangen?" - "Sie haben doch
sicher Kinder. Vielleicht ist der Hund für die Kinder gedacht",
sagte der Mann.
„Um
Gottes Willen", rief die Frau Obermeyer, „die Kinder werden
gleich kommen! Und wenn sie den Hund sehen, werden sie ihn nicht
mehr hergeben wollen."
Herr
Obermeyer sah, dass er jetzt schnell handeln musste.
„Bringen
Sie den Hund wieder zu dem Herrn zurück, von dem Sie ihn bekommen
haben", sagte er.
„Ich
weiß aber nicht, wo er wohnt", erwiderte der Mann, v* < !
„Dann behalten Sie ihn. Ich schenke Ihnen den Hund."
287
Herr
Obermeyer war ganz verzweifelt.
„Meine
Wohnung ist auch sehr klein", sagte der Mann. „Außerdem
kostet es viel, so ein großes Tier zu halten."
Der
Hund, der sich hingelegt hatte, stand plötzlich auf. Dabei fiel der
Tisch um. „Lieber, guter Mann!" rief jetzt Herr Obermeyer und
holte seinen Geldbeutel aus der Tasche. „Hier haben Sie 50 Mark.
Aber nehmen Sie bitte den Hund wieder mit!"
Als
der Mann den Hund wieder auf die Straße führte, sagte er „Ja,
Bello, ich weiß, das ist ein dummes Spiel, aber es ist leider die
einzige Möglichkeit, das viele Futter für dich zu bezahlen. Und
wir wollen doch noch lange zusammenbleiben."