Frage 16
Ursachen und Triebkräfte der Veränderungsprozesse im Wortschatz
Der Wortschatz einer Sprache → Mittel der Gesellschaftlichen Kommunikation. Er wird durch die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft bestimmt.
1. Neue Wörter werden gebildet→ Ausfüllung der Lücken im Wortschatz, Veränderung anderer Wörter.
2. Wörter veralten , rücken an die Peripherie, sterben aus → Archaismen, Historismen.
3. Wörter werden entlehnt.
4.Wörter verändern ihre Gebrauchssphäre erscheinen in neuen Kontexten, neuen Distributionen, ihre Bedeutungen verändern sich dabei .
Ursachen der Veränderungen:
Das polare Verhältnis der Stabilität und Variabilität
Kommunikative Anforderung und sprachliche Norm
Dynamik des praktischen Lebens und relative Stabilität der Formative.
W. von Humboldt : die innere Dialektik sprachlicher Entwicklung sei Ensemble sprachspezifischer Widersprüche.→
Widersprechende Tendenzen der Veränderungsprozesse im Wortschatz:
Sprachökonomie ↔ Verdeutlichende Ausführlichkeit: z.B Wiwi –Wirtschaftswissenschaft
Aufnahme des Fremden↔ Betonung des Systemeigenen: z.B Fremdwörter( Niveau, thermonuklear) ↔ Lehnübersetzung: z.B Lehnüberziehung aus engl. Nonsense)
Größere Toleranz ↔ stärkere Verbindlichkeit; Wechselbeziehungen von Terminologisierung Entterminologisierung
Wortbildung
3 Etappen:
Individuelle Bedeutung
Steht auf die Probe
anerkannt
Bedeutungswandel
Bedeutungsveränderung der Wörter , die sich im Laufe der Zeit bei diesen sprachlichen Zeichen einstellt, bedingt durch Wesen und Charackter der Sprache als gesellschaftlichen Phänomen .
Extralinguistische Ursachen:
Bedarf an Erstbenennung für neue Objekte
Denotatsveränderung und Beibehaltung der Benennung → sprachlicher Konservatismus: z.B Fensterscheibe.
Veränderte Erkenntnisinteresse
Sprachliche Tätigkeit, Normen kommunikativen Handels → das Streben nach Euphemismus/Ausdrucksschwächung und nach Affekt/Ausdrucksstärkung ( emotionelle Färbung)
Innersprachliche Gründe:
Benutzung der Ellipse anstatt der Wortverbindung, der Wortzusammenzug. z.B Trinkt er ( Alkohol)?
Gebrauch des Wortes in einer neuen Funktion, z.B sich furchtbar blamieren.
Zerstörung der semantischen Zusammenhänge zwischen den Wörtern einer semantischen Gruppe durch Eingliederung neuer Wörter; Z.B Kollege, Kamerad, Kumpan → spezialisierte Bedeutung „Gesinnungsgenosse“ bei „ Genosse“
Die Klassifikation des Bedeutungswandels.
Logische Klassifikation ( Ende des 19. Jh.)
Bedetungserweiterung /Generalisierung der Bedeutung → Erweiterung des Bedeutungsumfangs und des damit verbundenen Anwendungsbereiches eines Wortes in seiner historischen Entwicklung: z.B mhd. Geverte „einer der mitreist“ → Spiel-, Reiese-, Lebens-Schicksalgefährte mit der Komponente „ Gemeinsamkeit“
Bedeutungsveränderung/Spezialisierung der Bedeutung → Einschränkung des Bedeutungsumfangs und des damit verbundenen Anwendungsbereichen eines Wortes; z.B Verlust der Grundbedeutung : billig → „ wirksam“→recht, angemessen→ dem Wert angemessen→ preisgünstik
Bedeutungsverschlechterung, Bedeutungsverbesserung → psychologische Klassifikation ( soziale , aber nicht sprachliche Wertung)
Bedeutungsübertragung, Bezeichnungsübertragung →neue Sachverhalte werden mit bestehenden Lexemen auf Grund einer Ähnlichkeit , Assoziation benannt.
Metonymie entsteht auf Grund logischer Beziehungen vielfältiger Art:
Räumlicher
Zeitlicher
Ursächlicher ( kausaler)
Metapher- Namensübertragung von einem Sinnesbereich auf einen anderen: harte Aussprache mit süßerstimme. Euphemismus – eine verhüllende, beschünigende, mildernde Umschreibungfür einanstüßigesoder unangenehmesWort ( und entsprechende Begriffe)
Psychologische Klassifikation
Werterhöherung und Wertsenkung der Wörter .
Bedeutungsverbesserung – Wertsteigerung , semantische Meliaration, z.B Marschall ( eigentlich Stallknecht)
Bedeutungsverschlechterung-Wertminderung, semantische Pejoration; z.B gemein (früher zusammengehörig, jetzt – schlecht, niederträchtig)
Frage 17
Wortbildung
NEUE KOMPLEXE WÖRTER werden analog zu bestehenden Lexemen nach Modellen mit vorhandenen morphematischen Mitteln und lexischem Material gebildet: Zwischenzahnraumbürste, berenten, Telefonwarteschleife
Das Wortbildungssystem einer Sprache besteht:
1)aus Wortbildungsmitteln ? wortbildenden Affixen, die neben den primären Stämmen ausgesondert werden: über- in übersatt, Übergewicht, übergießenhaft in fehlerhaft, eisberghaft, krankhaft
Merkmale der Wortbildungsmittel:
? Reihenbildung nach einem semantisch bestimmten Modell: entgiften, ~kernen, ~stielen ... = von Gift, Kernen, Stielen befreien _ Formales Modell: ent- + Substantiv _ Verb; Bedeutung des Modells:‘davon befreien, was die Basis benennt‘;
? Ausprägung einer Wortbildungsbedeutung;
? Gebundenheit des Morphems: Falls das Affix als ein selbständiges Wort auftritt und dabei seine semantische Verwandschaft noch nicht verloren gegangen ist, geht es um Halbaffixe: Dach~, Wurzel~, Hebewerk; Sauwirtschaft, ~kälte, ~wetter, ~geld
2)aus Wortbildungsmodellen: Wortbildungsmodell ist morphologisch und lexikalisch-semantisch bestimmtes Strukturschema, nach dem Reihen gleichstrukturierter Wörter gebildet werden können.
3) Wortbildungsarten: Wortbildungsart ist die Zusammenfassung allgemeiner Struktureigenschaften von Wortbildungsprodukten und Wortbildungsmodellen nach der Beschaffenheit und Verknüpfungsweise der unmittelbaren Komponenten (UK) bzw. dem Fehlen einer UK-Struktur.
Wortbildungsart → Hauptverfahren der Bildung neuer Wörter durch die Kombination von sprachlicher „Substanz“ =Ausgangselemente,UK.
Wortbildungsprodukte (WBP) haben eine in der Regel binäre UK-Struktur.
Das Entstehen der WBP mit oder ohne UK-Struktur hängt von der Wortbildungsart
Abgrenzungskriterien:
Das etymologische Kriterium:
Unter diachronem Aspekt sind homonyme Wörter, die bei phonetischer Identität sich auf etymologisch verschiedenen Wurzeln zurückführen lassen (kosten →lat. Costare - Preis haben)
Unter synchronem Aspekt können die Wörter trotz gemeinsamen Ursprung als getrennte, eigenständige Einheiten empfunden werden ( Schloss – Gebäude, Verschluss)
Das semantische Kriterium
Homonyme sind Wörter, die bei phonetischen Identität keine gemeinsame Bedeutungselemente aufweisen.
Homonyme gehören zu verschiedenen synonymischen Reihen ( schön – wunderbar/ sehr, recht)
Grammatische Kriterien:
Unterscheidung in Wortarten und Syntax:
Substantiv- Adverb: Morgen- morgen
Adjektiv- Substantiv: gut- das Gute
Verb- Substantiv: essen- das Essen
Unterscheidung im Genuss:
z.B der Erbe( Erbender)- das Erbe (Erbteil)
Unterscheidung in der Pluralbildung
z.B Gesicht- Gesichter)Vorderteile des menschlichen Kopfes)
Gesicht – Gesichte ( Vision)
Fragen 18 19
Wortbildungsart → Hauptverfahren der Bildung neuer Wörter durch die Kombination von sprachlicher „Substanz“ =Ausgangselemente,UK.
Wortbildungsprodukte (WBP) haben eine in der Regel binäre UK-Struktur.
Das Entstehen der WBP mit oder ohne UK-Struktur hängt von der Wortbildungsart ab.
. WBP mit UK-Struktur
1)Komposition/ Zusammensetzung:
a) Determinativkomposita: dunkelrot, Bergstock, Nierenstein, blankbohnern;
b) Kopulativkomposita: süßsauer;
2) Explizite Derivation/ Ableitung: Die UK sind Derivationsbasis ? ein freies Morphem und ein Affix.
Derivationsaffixe sind:
a) Suffixe: Ordn-ung, fröh-lich, krise-l-n, nacht-s. → Suffigierung, Suffixderivation.
b) Präfixe: Un-glück, ur-alt, ver-gipsen → Präfigierung, Präfixderivation;
c) Kombination aus Präfix und Suffix: Ge-schreib-sel, be-aufsicht-ig-en → Präfix-Suffix-Derivation, gleichzeitige Präfigierung und Suffigierung, Zirkumfigierung.
3) Zusammenbildung = Zusammensetzung + Ableitung: Als Basis treten hier immer syntaktische Fügungen auf:
a) verbale Wortgruppen: Farbe geben > Farbgebung;
b) substantivische Wortgruppen: breite Schulter > breitschultrig;
c) phraseologische Wortgruppen: in Betrieb setzen > Inbetriebsetzung
WBP ohne UK-Struktur
Konversion → Übertritt von Wörtern ohne formale Veränderung in eine andere Wortart: Film > filmen, besuchen > Besuch, Guckindieluft (Satznamen);
Implizite Derivation/ Ableitung → deverbale Derivation von Substantiven durch einen Wechsel des Stammvokals des Verbs: gehen > Gang, ausschneiden > Ausschnitt ;
Rückbildung → Derivation durch Tilgung eines Wortbildungssuffixes oder dessen Austausch mit gleichzeitiger Transposition in eine andere Wortart: Sanftmut < sanftmütig, Mürr-e < mürr-isch