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Faust I (Черная).doc
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25.09.2019
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Die Kritik der Szene „Ein Schüler tritt auf” und ihre Bedeutung im Drama.

Der erste Teil des Goetheschen Faust I wird oftmals als Gelehrtendrama angesehen. Im Gegensatz zum bürgerlichen Trauerspiel der Gretchenhandlung setzt sich Goethe hier mit verschiedenen Einstellungen zur Wissenschaft und verschiedenen Arten des Strebens nach Wissen auseinander. Ein Teil dieser Tragödie, sie muss wohl aufgrund der Tatsache, dass es Faust trotz der Hilfe Mephistos nicht gelingt, vollkommenes Wissen zu erlangen, als solche gesehen werden, ist die Schülerszene, deren Analyse die Aufgabe folgenden Textes sein soll.

Zunächst soll der Aufbau der Szene beleuchtet werden; Mephisto, als Faust verkleidet, führt den Schüler, der "wünscht, recht gelehrt zu werden" (V. 1989), in die Welt der Wissenschaft ein. Dabei gibt er einen Überblick über die Fakultäten, die in der damaligen Zeit Gegenstände des Studiums waren. Beginnend mit dem Collegium logicum, über Metaphysik bis hin zur Juristerei beleuchtet Mephisto die einzelnen Gebiete sehr negativ, so dass der Schüler noch keinen Entschluss fassen kann, wo er sich bei seinen Studien aufhalten soll. Nachdem er die Theologie noch relativ positiv abgehandelt hat, führt Mephisto auf Anfrage des Scholastikus einige Gedanken zur Medizin aus, die dem Schüler, der auch dem Lebensgenuss nicht abgeneigt ist, recht angenehm erscheinen müssen. Schließlich entlässt der vermeintliche Professor den Schüler mit dem berühmten Spruch der Schlange aus der alttestamentarischen Paradies-Geschichte, den er in des Schülers "Stammbuch" schreibt.

Die Szene in ihrer humoristischen Ausführung, geprägt durch die Travestie mit Mephisto in der Rolle des Faust, bildet eine Auflockerung gegenüber dem ernsten Thema der vorausgegangenen Paktszene und weist gleichzeitig auf den "Auerbachs Keller" hin, in dem ebenfalls eine humorvolle Handlung dargestellt wird. So könnte man ohne weiteres auch den Schüler unter den "fröhlichen Gesellen" wiederfinden, nur eben am Abend nach vollendeten Studien. Wenn man natürlich oberflächlich an die Szene herangeht, so könnte man sie als bloße Wissenschaftssatire begreifen, was sie sicherlich auch ist. Aber es steckt noch viel mehr dahinter:

Nicht nur die oben angesprochenen Hinweise und Kontraste zu angrenzenden Szenen, sondern auch die Vorstellung einer weiteren Art des Strebens nach Wissen innerhalb des Gelehrtendramas weisen auf eine starke Integration der Szene in den Gesamtzusammenhang hin.

Mephisto dagegen, der ganz in der Rolle des Professor Faust aufgeht, bedient sich einer Sprache, die die Ironie der Szene auf die Spitze treibt. In seiner altertümlichen Sprache wirkt er wie eben ein alter Professor, gelehrt, sich gleichzeitig auf höheren Ebenen bewegende, und vor allem am Anfang durch viel zu komplizierte Darstellung der einzelnen Fakultäten verwirrend. Er benutzt Vergleiche ("wie mit einem Webermeisterstück" V. 1923; "wie eine Krankheit" V. 1973), außerdem versucht er seine Ausführungen mit Hilfe von Metaphern ("falscher Weg", "verborgenes Gift", "sichre Pforte", "Tempel der Gewissheit" V. 1985-1992) zu verdeutlichen. Insgesamt benutzt er bis V.2000 eine relativ trockene Sprache (wie er ja auch selbst sagt: "Ich bin des trocknen Tons nun satt" V.2009), eben die eines altertümlichen Gelehrten, die durch den Knittelvers unterstützt wird.

Weiterhin stellt Goethe auch erneut die Beziehung zum historischen Faust her, wenn er Mephisto die Medizin auf genannte Art und Weise beschreiben lässt. Eine gewisse Verachtung dieser Fakultät seitens des Dichters lässt sich aus V.2011-2012 ersehen: Fast jeder konnte also, wenn er wollte, Medizin studieren.

Außerdem beschreibt Goethe das Verhältnis zwischen Professor und Student in der damaligen Zeit, denn obwohl Mephisto ja eigentlich kein echter Lehrmeister ist, lassen sich aus dem Verhalten des Schülers Rückschlüsse ziehen, dass der Schüler damals dem Professor gegenüber doch recht unterwürfig und, positiv gesagt, "ehrerbietig" gegenübertrat.

Eine weitere Aussageabsicht zielt auf Mephisto ab. Ein erneuter Beweis seiner Manipulationskünste wird angeführt, der Teufel kann also überall seine Finger im Spiel haben, ohne dass der Mensch etwas merkt. Goethe stellt also die Kraft des Bösen als eine natürliche Kraft dar, die nicht unbedingt negativ sein muss. Hiermit präzisiert er auch erneut die Aussage des Herrn, der Teufel sei als Ansporn der Menschen gedacht (-V.340). Dass Mephisto dem Schüler nun gerade zur Medizin rät, ist wohl ein kleiner Hinweis, die Medizin als diabolische Kunst zu werten, die Theologie dagegen ist für den Dichter recht sinnwidrig, wenn er doch den Teufel als ihr Lehrmeister auftreten lässt.

Kurzum, Goethe karikiert in der Schülerszene das Studentenleben in allen seinen Formen, die Ironie der Szene ist in gelungener Weise konform mit seiner Sicht des Studiums.

Als abschließenden Gedanken möchte ich anrühren, dass diese Szene, in der die Hauptfigur ja nicht einmal auftritt, in ihrer Bedeutung oft unterschätzt, wurde. In vielen Interpretationen v.a. im letzten Jahrhundert, sah man sie oft nur als unbedeutendes Intermezzo, nur als Wissenschaftssatire. Ihre Bedeutung für den Gesamtzusammenhang, die aufgrund der begrenzten Zeit in vorliegendem Text nur bruchstückhaft herausgearbeitet werden konnte, erkannte man erst relativ spät, etwa in den Zwanzigern des 20. Jahrhunderts.

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