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буд 5 часть нем.doc
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Ihrem Ausstattungsfieber, sie allzu deutlich an die Zeit ihres eignen

ersten Verlöbnisses gemahnten, als daß sie sie nicht verjüngt und mit

grenzenloser Hoffnungsfreudigkeit erfüllt hätten. Viel von dem graziösen

Übermut ihrer Mädchentage kehrte in ihre Mienen und ihre Bewegungen

zurück, ja, die Stimmung eines ganzen Jerusalemsabends entweihte sie

durch eine so ausgelassene Fröhlichkeit, daß selbst Lea Gerhardt das

Buch ihres Vorfahren sinken ließ und mit den großen, unwissenden und

mißtrauischen Augen der Tauben im Saale umherblickte ...

Erika sollte sich von ihrer Mutter nicht trennen. Mit dem Einverständnis

des Direktors, ja, auf seinen Wunsch hin, war beschlossen worden, daß

Frau Antonie -- wenigstens vorderhand -- bei den Weinschenks wohnen, daß

sie der unerfahrenen Erika im Haushalte zur Seite stehen sollte ... und

dies grade war es, was in ihr die köstliche Empfindung hervorrief, als

hätte niemals ein Bendix Grünlich, niemals ein Alois Permaneder gelebt,

als zergingen alle Mißerfolge, Enttäuschungen und Leiden ihres Lebens zu

nichts, und als dürfe sie mit frischen Hoffnungen nun noch einmal von

vorne beginnen. Zwar ermahnte sie Erika zur Dankbarkeit gegen Gott, der

ihr den einzig geliebten Mann beschere, während sie selbst, die Mutter,

ihre erste und herzliche Neigung mit Pflicht und Vernunft habe ertöten

müssen; zwar war es Erikas Name, den sie zusammen mit dem des Direktors

mit vor Freude unsicherer Hand in die Familienpapiere schrieb ... aber

sie, sie selbst, Tony Buddenbrook, war die eigentliche Braut. Sie war

es, die noch einmal mit kundiger Hand Portieren und Teppiche prüfen,

noch einmal Möbel- und Ausstattungsmagazine durchstöbern, noch einmal

eine =vornehme= Wohnung besichtigen und mieten durfte! Sie war es, die

noch einmal das fromme und weitläufige Elternhaus verlassen und aufhören

sollte, bloß eine geschiedene Frau zu sein; der noch einmal die

Möglichkeit sich auftat, ihr Haupt zu erheben und ein neues Leben zu

beginnen, geeignet, die allgemeine Aufmerksamkeit zu erwecken und das

Ansehen der Familie zu fördern ... Ja, war es ein Traum? Schlafröcke

erschienen auf der Bildfläche! Zwei Schlafröcke für sie und Erika, aus

weichem, gewirktem Stoff, mit breiten Schleppen und dichten Reihen von

Sammetschleifen, vom Halsverschluß bis zum Saume hinunter!

Die Wochen aber verstrichen, und Erika Grünlichs Brautzeit neigte sich

ihrem Ende entgegen. Das junge Paar hatte in einigen wenigen Häusern

Besuche gemacht, denn der Direktor, ernster und in geselligen Dingen

unerfahrener Arbeitsmensch, wie er war, gedachte seine Mußestunden der

intimen Häuslichkeit zu widmen ... ein Verlobungsdiner hatte Thomas,

Gerda, das Brautpaar, Friederike, Henriette und Pfiffi Buddenbrook mit

der nächsten Freundschaft des Senators in dem großen Saale des

Fischergrubenhauses vereint, wobei es wiederum befremdete, daß der

Direktor nicht aufhörte, Erikas dekolletierten Hals zu klopfen ... und

die Hochzeit nahte heran.

Die Säulenhalle war, wie einst, als Frau Grünlich die Myrten trug, der

Schauplatz der Trauung. Frau Stuht aus der Glockengießerstraße,

dieselbe, die in den ersten Kreisen verkehrte, war der Braut beim

Faltenarrangement ihres weißen Atlaskleides und beim Anlegen des grünen

Schmuckes behilflich gewesen, Senator Buddenbrook war erster, und

Christians Freund, Senator Gieseke, zweiter Brautführer, zwei ehemalige

Pensionsfreundinnen Erikas fungierten als Brautjungfern, Direktor Hugo

Weinschenk sah stattlich und männlich aus und trat, auf dem Wege zum

improvisierten Altar, nur =ein=mal auf Erikas herabwallenden Schleier,

Pastor Pringsheim, die Hände unterm Kinn gefaltet, zelebrierte mit aller

verklärten Feierlichkeit, die ihm eigen, und alles verlief nach Brauch

und Würde. Als die Ringe gewechselt wurden, und das tiefe und das helle

»Ja« -- beide ein wenig heiser -- in der Stille erklangen, brach Frau

Permaneder, überwältigt von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, in

lautes Weinen aus -- es war noch immer ihr unbedenkliches und

unverhohlenes Kinderweinen -- während die Damen Buddenbrook, von denen

Pfiffi zur Feier des Tages eine goldene Kette an ihrem Pincenez trug,

wie immer bei solchen Gelegenheiten ein wenig säuerlich dareinlächelten

... Mlle. Weichbrodt jedoch, Therese Weichbrodt, die in den letzten

Jahren noch sehr viel kleiner geworden war, als früher, Sesemi, die

ovale Brosche mit dem Porträt ihrer Mutter an ihrem dünnen Hälschen,

sprach mit jener übergroßen Festigkeit, welche eine tiefe innere Rührung

verbergen soll: »Sei glöcklich, du =gutes= Kend!«

Dann folgte, im Kreise der weißen Götterfiguren, welche in

unveränderlich gelassenen Stellungen aus der blauen Tapete hervortraten,

ein ebenso solennes, wie solides Festmahl, gegen dessen Ende die

Neuvermählten verschwanden, um ihre Reise durch einige Großstädte

anzutreten ... Das war um die Mitte des April; und während der folgenden

vierzehn Tage vollbrachte Frau Permaneder, unterstützt vom Tapezierer

Jacobs, eines ihrer Meisterstücke: die vornehme Herrichtung jener

geräumigen ersten Etage, die in einem Hause der mittleren Bäckergrube

gemietet worden war, und deren mit Blumen reichlich geputzte Räume dann

das heimkehrende Paar umfingen.

Und es begann Tony Buddenbrooks dritte Ehe.

Ja, diese Bezeichnung war zutreffend, und der Senator selbst hatte eines

Donnerstags, als Weinschenks nicht zugegen waren, die Sache bei diesem

Namen genannt, was Frau Permaneder sich mit Behagen hatte gefallen

lassen. In der Tat, alle Sorgen des Hausstandes fielen auf sie, aber

auch Freude und Stolz nahm sie für sich in Anspruch, und eines Tages,

als sie unversehens mit der Konsulin Julchen Möllendorpf geb. Hagenström

auf der Straße zusammentraf, blickte sie ihr mit einem so

triumphierenden und herausfordernden Ausdruck ins Gesicht, daß Frau

Möllendorpf sich dazu verstand, zuerst zu grüßen ... Stolz und Freude

wurden in ihrer Miene und Haltung zur ernsten Feierlichkeit, wenn sie

die Verwandten, die kamen, das neue Heim zu besichtigen, darin

umherführte, während Erika Weinschenk selbst fast ebenfalls wie ein

bewundernder Gast dabei erschien.

Die Schleppe ihres Schlafrockes hinter sich herziehend, die Schultern

ein wenig emporgezogen, den Kopf zurückgelehnt und am Arme den mit

Atlasschleifen besetzten Schlüsselkorb -- sie schwärmte für

Atlasschleifen -- zeigte Frau Antonie den Besuchern die Möbel, die

Portieren, das durchsichtige Porzellan, das blitzende Silberzeug, die

großen Ölgemälde, die der Direktor angeschafft hatte: lauter Stilleben

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