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буд 5 часть нем.doc
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Verbindungen, und da die Jahreszeit vorgeschritten war, da man zum

großen Teile sich anschickte, an die See zu gehen, nahm der Konsul

Abstand von einer Einführung Herrn Permaneders in die Gesellschaft. Er

selbst widmete sich dem Gaste lebhaft und angelegentlich. Trotz allen

geschäftlichen und städtischen Pflichten nahm er sich Zeit, ihn in der

Stadt umherzuführen, ihm alle mittelalterlichen Sehenswürdigkeiten, die

Kirchen, die Tore, die Brunnen, den Markt, das Rathaus, die

»Schiffergesellschaft«, zu zeigen, ihn in all und jeder Weise zu

unterhalten, ihn immerhin auch an der Börse mit seinen nächsten Freunden

bekannt zu machen ... und als die Konsulin, seine Mutter, Gelegenheit

nahm, ihm für seine Opferwilligkeit Dank zu sagen, bemerkte er trocken:

»Tja, Mutter, was tut man nicht alles ...«

Dieses Wort ließ die Konsulin so unbeantwortet, daß sie nicht einmal

lächelte, nicht einmal die Lider bewegte, sondern ihre hellen Augen

still beiseitegleiten ließ und irgendeine Frage in anderer Beziehung

tat ...

Sie war von gleichmäßig herzlicher Freundlichkeit gegen Herrn

Permaneder, was so unbedingt von ihrer Tochter nicht gesagt werden

konnte. Zwei »Kindertagen« hatte der Hopfenhändler schon angewohnt --

denn, obgleich er bereits am dritten oder vierten Tage nach seiner

Ankunft beiläufig zu erkennen gegeben hatte, daß sein Geschäft mit der

hiesigen Brauerei erledigt sei, waren allgemach anderthalb Wochen

seitdem verflossen -- und an jedem dieser Donnerstagabende hatte Frau

Grünlich mehrmals, wenn Herr Permaneder sprach und agierte, hurtige und

scheue Blicke auf den Familienkreis, auf Onkel Justus, die Cousinen

Buddenbrook oder Thomas geworfen, war errötet, hatte sich während

längerer Minuten steif und stumm verhalten oder sogar das Zimmer

Verlassen ...

* * * * *

Die grünen Stores in Frau Grünlichs Schlafzimmer im zweiten Stockwerk

wurden sacht von dem lauen Atem einer klaren Juninacht bewegt, denn die

beiden Fenster standen offen. Auf dem Nachttischchen zur Seite des

Himmelbettes brannten in einem Glase auf einer Ölschicht, die ihrerseits

auf dem Wasser schwamm, mit dem das Glas zur Hälfte gefüllt war, mehrere

kleine Dochte und gaben dem großen Zimmer mit seinen gradlinigen

Armstühlen, deren Polster zum Schutze mit grauer Leinwand bezogen waren,

ein stilles, ebenmäßiges und schwaches Licht. Frau Grünlich ruhte im

Bette. Ihr hübscher Kopf war weich in die von breiten Spitzenborten

umgebenen Kissen gesunken, und ihre Hände lagen gefaltet auf der

Steppdecke. Aber ihre Augen, zu nachdenklich, um sich zu schließen,

folgten langsam den Bewegungen eines großen Insektes mit langem Leibe,

das standhaft mit Millionen lautloser Flügelschwingungen das helle Glas

umkreiste ... Neben dem Bett an der Wand, zwischen zwei alten

Kupferstichen, Ansichten der Stadt aus dem Mittelalter, war eingerahmt

der Spruch zu lesen: »Befiehl dem Herrn deine Wege ...« aber ist das ein

Trost, wenn man um Mitternacht mit offenen Augen liegt und sich

entschließen, sich entscheiden, ganz allein und ohne Rat mit Ja oder

Nein über sein Leben und nicht nur darüber entscheiden soll?

Es war sehr still. Nur die Wanduhr tickte, und dann und wann erklang im

Nebenzimmer, das von Tonys Schlafzimmer nur durch Portieren getrennt

war, das Räuspern Mamsell Jungmanns. Dort war noch helles Licht. Die

treue Preußin saß noch aufrecht am Ausziehtische unter der Hängelampe

und stopfte Strümpfe für die kleine Erika, deren tiefe und friedliche

Atemzüge man vernehmen konnte, denn Sesemi Weichbrodts Zöglinge hatten

nun Sommerferien, und das Kind wohnte in der Mengstraße.

Frau Grünlich richtete sich mit einem Seufzer ein wenig empor und

stützte den Kopf in die Hand.

»Ida?« fragte sie mit verhaltener Stimme, »sitzest du noch da und

stopfst?«

»Ja, ja, Tonychen, mein Kindchen«, ließ sich Idas Stimme hören ...

»Schlaf nur, wirst morgen früh aufstehen müssen, wirst nicht

ausgeschlafen haben.«

»Schon gut, Ida ... Du weckst mich also morgen um sechs?«

»Halb sieben ist früh genug, mein Kindchen. Der Wagen ist auf acht

bestellt. Schlaf nun weiter, daß du wirst hübsch frisch sein ...«

»Ach, ich habe noch gar nicht geschlafen!«

»Ei, ei, Tonychen, das ist nicht recht; wirst doch in Schwartau nicht

marode sein wollen? Trink sieben Schluck Wasser, leg' dich rechts und

zähl' bis tausend ...«

»Ach, Ida, bitte, komm doch noch ein bißchen herüber! Ich kann nicht

schlafen, will ich dir sagen, ich muß so viel denken, daß der Kopf mir

weh tut ... sieh mal, ich glaube, ich habe Fieber, und dann ist es

wieder der Magen; oder es ist Bleichsucht, denn die Adern an meinen

Schläfen sind ganz geschwollen und pulsieren, daß es weh tut, so voll

sind sie, was ja nicht ausschließt, daß trotzdem zu wenig Blut im Kopfe

ist ...«

Ein Stuhl ward gerückt, und Ida Jungmanns knochige, rüstige Gestalt in

ihrem schlichten und unmodernen braunen Kleid erschien zwischen den

Portieren.

»Ei, ei, Tonychen, Fieber? Laß mal fühlen, mein Kindchen ... Woll'n mal

ein Kompreßchen machen ...«

Und mit ihren ein wenig männlich langen und festen Schritten ging sie

zur Kommode und holte ein Taschentuch, tauchte es in die Waschschüssel,

trat wieder ans Bett und legte es behutsam auf Tonys Stirn, worauf sie

es noch ein paarmal mit beiden Händen glatt strich.

»Danke, Ida, das tut gut ... Ach, setz' dich noch ein bißchen zu mir,

gute alte Ida, hier, auf den Bettrand. Sieh mal, ich muß beständig an

morgen denken ... Was soll ich bloß tun? Bei mir dreht sich alles im

Kopfe herum.«

Ida hatte sich zu ihr gesetzt, hatte ihre Nadel und den über die

Stopfkugel gezogenen Strumpf wieder zur Hand genommen, und während sie

den glatten grauen Scheitel neigte und mit ihren unermüdlich blanken

braunen Augen die Stiche verfolgte, sagte sie: »Meinst du, daß er wird

fragen, morgen?«

»Sicher, Ida! Da ist gar kein Zweifel. Die Gelegenheit wird er nicht

verpassen. Wie war's mit Klara? Auch auf solcher Partie ... Ich könnte

es ja vermeiden, siehst du. Ich könnte mich ja zu den anderen halten und

ihn nicht herankommen lassen ... Aber damit ist es dann auch vorbei! Er

reist übermorgen, das hat er gesagt, und er kann auch unmöglich länger

bleiben, wenn morgen nichts daraus wird ... Es =muß= sich morgen

entscheiden ... Aber was soll ich nur sagen, Ida, wenn er fragt?! Du

bist noch nie verheiratet gewesen und kennst daher das Leben eigentlich

nicht, aber du bist ein ehrliches Weib und hast deinen Verstand und bist

zweiundvierzig Jahre alt. Kannst du mir nicht raten? Ich hab' es so

nötig ...«

Ida Jungmann ließ den Strumpf in den Schoß sinken.

»Ja, ja, Tonychen, hab' auch schon viel drüber nachjedacht. Aber was ich

finde, das ist, daß da gar nichts mehr zu raten ist, mein Kindchen. Er

kann gar nicht mehr weg« -- Ida sagte, »weck« -- »ohne mit dir und

deiner Mama zu sprechen, und wenn du nicht wirst wollen, ja, da hätt'st

ihn müssen früher weckschicken ...«

»Da hast du recht, Ida; aber das konnte ich doch nicht, denn es soll ja

schließlich doch sein! Ich muß nur immer denken: Noch kann ich zurück,

noch ist es nicht zu spät! Und da liege ich nun und quäle mich ...«

»Magst ihn leiden, Tonychen? Sag' mal ehrlich!«

»Ja, Ida. Da müßte ich lügen, wenn ich das leugnen wollte. Er ist nicht

schön, aber darauf kommt es nicht an in diesem Leben, und er ist ein

grundguter Mann und keiner Bosheit fähig, das glaube mir. Wenn ich an

Grünlich denke ... o Gott! er sagte beständig, daß er rege und findig

sei, und bemäntelte in tückischer Weise seine Filouhaftigkeit ... So ist

Permaneder nicht, siehst du. Er ist, möchte ich sagen, zu bequem dazu,

und nimmt das Leben zu gemütlich dazu, was übrigens andererseits auch

wieder ein Vorwurf ist, denn Millionär wird er sicher nicht werden und

neigt, glaube ich, ein bißchen dazu, sich gehen zu lassen und so

weiterzuwursteln, wie sie da unten sagen ... Denn sie sind alle so dort

unten, und das ist es, was ich sagen wollte, Ida, das ist die Sache.

Nämlich in München, wo er unter seinesgleichen war, unter Leuten, die so

sprachen und so waren wie er, da liebte ich ihn geradezu, so nett fand

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