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literatur seminar 8.doc
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6. Vergleichen Sie den folgenden Textausschnitt aus Christa Wolfs Essaysamm­lung Lesen und Schreiben (1971) mit den Zielen des sozialistischen Rea­lismus.

a. Welche Veränderungen sehen Sie in der Zielsetzung?

b. Belegen Sie Ihre Ergebnisse mit Beispielen aus der Literatur der DDR.

Die epische Prosa sollte eine Gattung sein, die es unternimmt, auf noch unge­bahnten Wegen in das Innere dieses Menschen da, des Prosalesers, einzudringen. In das innerste Innere, dorthin, wo der Kern der Persönlichkeit sich bil­det und festigt. (Schon gebraucht man, ähnlich den Atomwissenschaftlern, bild­hafte Umschreibungen, die nicht „stimmen", die aber nötig sind, um Überein­künfte mit dem Leser zu erzielen.) Diese Region kann die Stimme eines anderen Menschen, kann Prosa erreichen, kann durch die Sprache berührt und aufgeschlossen werden - nicht, um sich ihrer zu bemächtigen, sondern um seelische Kräfte freizusetzen, die an Gewalt mit den im Atom gebundenen Energien zu vergleichen sind.

Das heißt, die Prosa kann sich nur mit gedanklichen Strömungen und gesell­schaftlichen Bewegungen verbinden, die der Menschheit eine Zukunft geben, die frei sind von den jahrhundertealten und den brandneuen Zauberformeln der Manipulierung und selbst das Experiment nicht scheuen. Das heißt, ich sehe eine tiefe Übereinstimmung zwischen dieser Art zu schreiben mit der sozialistischen Gesellschaft.

7. Heiner Müller und Peter Hacks schrieben einige Stücke, die historische oder literarische Vorlagen haben.

a. Nennen Sie einige Beispiele.

b. Versuchen Sie, eine Begründung für die Adaption von historischen und literarischen Stoffen zu geben.

c. Untersuchen Sie den Prolog zu Hacks' „historischer Posse" Margarete in Aix (1967). Wie nähert er sich dem historischen Stoff?

LUDWIG XI.:

Mit langer Nase, die stark abwärts schaut,

Rötlichen Lidern in der Kreidehaut,

Unfesten Backen wie ein altes Weib

Und grob und armem Tuch am dürren Leib

Sitz ich auf Frankreichs apostolischem Thron,

Ich, der Komödie schöne Hauptperson:

Ludwig, der Elfte. Ah, Sie kennen mich.

Ganz recht, der mit den Käfigen, der bin ich.

Denn in ganz kleinen eichenen Verschlägen,

Mit Eisenwerk versehn, der Güte wegen,

Bewahr ich auf die Edelsten der Edeln.

Sie rennen dran mit den beschorften Schädeln.

Und geh zu Rat mit Henkern und Barbieren,

Weil die nach Gold, nicht nach der Krone gieren,

Und Groß wie Klein in stiller Eintracht schmäht

Der stolzen Franken schnöde Majestät.

Nun haben Sie mich gründlich angesehn.

Da kann ich auf Sie spucken und abgehn.

Nämlich ich komm, hier zeigt sich mein Humor,

In meiner eigenen Posse gar nicht vor.

Es eilt die Szene von der Isle de France

Zum Mittelmeer, nach Aix in der Provence.

8. Ulrich Plenzdorfs Stück Die neuen Leiden des jungen w. (1973) bezieht sich auf Johann Wolfgang von Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Wer­thers (1774).

Am 10. Mai.

Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenommen, gleich den süßen Frühlingsmorgen, die ich mit ganzem Herzen genieße. Ich bin allein und freue mich meines Lebens in dieser Gegend, die für solche Seelen geschaffen ist wie die meine. Ich bin so glücklich, mein Bester, so ganz in dem Gefühle von ruhigem Dasein versunken, dass meine Kunst darunter leidet. Ich könnte jetzt nicht zeichnen, nicht einen Strich, und bin nie ein größerer Maler gewesen als in diesen Augenblicken. Wenn das liebe Tal um mich dampft, und die hohe Sonne an der Oberfläche der undurchdringlichen Finsternis meines Waldes ruht, und nur einzelne Strahlen sich in das innere Heiligtum stehlen, ich dann im hohen Grase am fallenden Bache liege, und näher an der Erde tausend mannigfaltige Gräschen mir merkwürdig werden; wenn ich das Wimmeln der kleinen Welt zwischen Halmen, die unzähligen, unergründlichen Gestalten der Würmchen, der Mückchen näher an meinem Herzen fühle, und fühle die Gegenwart des Allmächtigen, der uns nach seinem Bilde schuf, das Wehen des Alliebenden, der uns in ewiger Wonne schwebend trägt und erhält; mein Freund! wenn's dann um meine Augen dämmert, und die Welt um mich her und der Himmel ganz in meiner Seele ruhn wie die Gestalt einer Geliebten -dann sehne ich mich oft und denke: Ach könntest du das wieder ausdrücken, könntest du dem Papiere das einhauchen, was so voll, so warm in dir lebt, dass es würde der Spiegel deiner Seele, wie deine Seele ist der Spiegel des unendli­chen Gottes! - Mein Freund - Aber ich gehe darüber zugrunde, ich erliege unter der Gewalt der Herrlichkeit dieser Erscheinungen.

a. Untersuchen Sie die Sprache: Welchen umgangssprachlichen Mittel benutzt

Edgar W.?

b. Erklären Sie Edgars Äußerung „Jeans sind eine Einstellung und keine Hosen".

c. Wie beurteilt Edgar Werthers Haltung?

d. Vergleichen Sie Plenzdorfs Text mit Goethes Die Leiden des jungen Werthers? Woran leiden jeweils die Hauptfiguren?

Er schmeißt das Buch in die nächste Ecke und zieht sich die Decke über den Kopf, um einzuschlafen. Dann erhebt er sich wieder und erklärt Fünf Minuten später hatte ich das Ding wieder in der Hand, und drei Stunden später hatte ich es hin­ter mir. Ich war fast gar nicht sauer, Leu­te. Dieser Kerl in dem Buch, dieser Werther, wie er hieß, macht am Schluss Selbstmord, weil er die Frau nicht krie­gen kann, die er haben will. Dabei, wenn er nicht völlig verblödet war, musste er doch sehen, dass sie nur darauf wartete, dass er was machte, diese Charlotte. Aber er sieht ruhig zu, wie sie einen anderen heiratet, und dann murkst er sich ab. Dem war nicht zu helfen. Wirklich leid tat mir bloß die Frau, jetzt saß die da mit ihrem Mann, diesem Kissenpuper. Wenigstens daran hätte Werther denken müssen! Und dann bestand dieser ganze Apparat bloß aus Briefen von diesem un­möglichen Werther an seinen Kumpel zu Hause. Das sollte wahrscheinlich unge­heuer originell wirken oder unausgedacht. Der das geschrieben hat, soll sich mal meinen Salinger durchlesen. Das ist echt, Leute!