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Das 3. Studienjahr - Sprachgeschichte (Material...doc
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Das 3. Studienjahr

Geschichte der deutschen Sprache (das Lehrmaterial)

Sprachgeschichte als Gegenstand

Die Geschichte der deutschen Sprache ist ein linguistisches Fach. Es studiert den Prozess der allmählichen Entwicklung aller Komponenten der deutschen Sprache in ihrem Zusammenhang. Dieses Fach forscht innere Gesetzmäßigkeiten ihrer Entwicklung sowie die Fragen des Entstehens und der Bildung der Sprache als Sprache der Völkerschaft und Nation.

THEMA 1

ZEUGNISSE AUS DER VERGANGENHEIT DER DEUTSCHEN SPRACHE

Der Mensch hat sich die Sprache als Mittel der Verständigung geschaffen und sie seinen Bedürfnissen ständig angepasst. Daher kommt es, dass mit der Weiterent­wicklung der Menschen die Weiterentwicklung ihrer Sprachen einherging und dass sich in den Sprachen Wandlungen vollzogen haben. Sie gingen so allmählich vor sich und waren so eng mit den Veränderungen im Denken und Handeln ver­bunden, dass sie dem einzelnen kaum bewusst wurden.

Da es seit mehr als tausend Jahren schriftliche Aufzeichnungen in deutscher Sprache gibt, wissen wir, wie groß die Veränderungen sind, die sich im Laufe der Zeit herausgebildet haben. Je weiter wir die Entwicklung unserer Sprache zurück­verfolgen, desto fremder erscheint sie uns.

Die nachstehenden Ausschnitte aus literarischen Texten vergangener Zeiten zeigen das deutlich.

  1. Ausschnitt aus dem „Simplicissimus“

„Simplicissimus“ – simpel (Adj.) – einfach, einfältig; eine simple Aufgabe.

Der Roman „Der abenteuerliche Simplicissimus“ von J.Ch. Grimmelshausen entstand um 1670, also etwa zwanzig Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges.

Es eröffnet sich zu dieser unserer zeit (von welcher man glaubet, daß es die letzte sey), unter geringen Leuten eine Sucht, in deren die Patienten, wan sie daran kranck ligen, und so viel zusammen geraspelt und erschachert haben, daß sie neben ein parr Hellern im Beutel ein närrisches kleid auff die neue Mode mit täusenderley seidenen Bändern antragen können, oder sonst etwan durch Glücksfall mannhafft und bekannt werden, gleich Rittermäßige Herren und Adliche Personen von uraltem Geschlecht seyn wollen.

In diesem Text erscheint uns vor allem die Rechtschreibung fremd, während wir seine inhaltliche Aussage im wesentlichen erfassen.

Schwieriger ist es, die in den Gedichten Walthers von der Vogelweide und im Nibelungenlied verwendete Form der deutschen Sprache zu verstehen.

  1. Eingangsstrofe aus dem Nibelungenlied (um 1200)

Uns ist in alten mæren wunders vil geseit

von heleden lobebæren, von grôƷer arebeit,

von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,

von küener recken strîten muget ir nu wunder hœren sagen.

Zunächst fallen uns auch in diesem Text – stärker noch als in dem kurzen Auszug aus dem „Simplicissimus" – Unterschiede gegenüber unserer heutigen Schrei­bung auf. So entspricht das æ in mæren und lobebæren der heutigen Schreibweise von ä in Äther, das œ in hœren dem heutigen ö in hören und das öu in fröuden etwa dem heutigen eu in Freude. Hier werden also die annähernd gleichen Laute heute nur mit anderen Buchstaben gekennzeichnet als damals.

Ähnlich ist es bei ô und î in Wörtern wie hôchgezîten und strîten, wo in jener Zeit die Länge oft durch das übergesetzte Dach gekennzeichnet wurde; Kürze der Vokale wurde nicht gekenn­zeichnet; Wörter wie klagen und sagen wurden damals noch mit kurzem Vokal gesprochen. Im Gegensatz zur heutigen Aussprache wurde das ei in arebeit, weinen und geseit (= gesagt) als e + i ausgesprochen, also nicht wie heute in Arbeit und weinen.

Die oben angeführten Zeilen sehen im heutigen Deutsch so aus:

Uns wird in alten Erzählungen viel Bewundernswertes berichtet

von lobenswerten Helden, von großer Mühe,

von Freuden, Festlichkeiten, vom Weinen und vom Klagen,

vom Kampf kühner Männer sollt ihr nun Wunderbare erfahren.

(3) Die ersten Zeilen des Hildebrandliedes:

Ik gihorta đat seggen,

đat sih urhettun ænon muotin,

Hiltibrant enti Hađubrant untar heriun tuem.

sunufatarungo iro saro rihtun,

garutun se iro guđhamun, gurtun sih iro suert ana,

helidos, ubar hringa, dô sie to dero hiltiu ritun.

Vergleichen wir die Sprache dieses Textes mit der heutigen Sprache, so finden wir nur noch wenige Übereinstimmungen. Auffallend sind besonders die ungewöhnlichen Lautformen der Wörter, die durch die Schreibung zum Ausdruck kommen. Die damalige Sprache enthält Vokalverbindungen, die wir in deutschen Wörtern nicht mehr kennen, z. B. u + o bei muotin, i + u bei heriun (ähnlich wie im Nibelungenlied ü + e bei küener).

Manche Unterschiede gegenüber der heutigen deutschen Sprache sind aus der Schreibung nicht ohne weiteres ersichtlich, so zum Beispiel die Aussprache des h bei sih oder bei rihtun. Hier bezeichnet das h bei sih den Laut ch, wie wir ihn in dem Zahlwort acht sprechen. Das u, das in Wörtern wie urhettun, untar, sunufatarungo dem heutigen u gleichkommt, bezeichnet in Wörtern wie tuem und suert annähernd den Lautwert unseres heutigen w.

Darüber hinaus sind vor allem zwei Besonderheiten gegenüber dem heutigen Laut- und Buchstabengebrauch zu erwähnen:

  • das đ in đat, Hađubrant, guđhamun (das đ entspricht in der Aussprache annähernd dem Lautwert des englischen in that oder in weather);

  • die Schreibung gg in seggen und tt in urhettun.

Die Schreibung gg und tt kennzeichnet die für uns heute ungewöhnlich gewordene Länge der Konsonanten.

In den angeführten Textbeispielen aus verschiedenen geschichtlichen Epochen zeigen sich nicht nur Unterschiede in der Lautung und Schreibung, sondern auch in der Verwendung von Wörtern, im Ausdruck sowie im Satzbau. Wir können zusammenfassend feststellen:

Während uns der Text aus dem 17. Jahrhundert („Simplicissimus") im wesent­lichen noch verständlich ist, brauchen wir bei den Textstellen aus dem 12. Jahr­hundert („Nibelungenlied") und noch mehr aus dem 9. Jahrhundert („Hüde­brandlied") eine „Übersetzung" in heutige deutsche Sprache. Die unterschiedlichen Sprachformen sind bedingt durch die Zugehörigkeit der Texte zu unterschiedlichen Abschnitten der Entwicklung unserer Sprache. Be­sonders auffällige Veränderungen vollzogen sich dann, wenn wesentliche gesell­schaftliche Veränderungen eintraten. Der „Simplicissimus" von Grimmelshausen entstand in einer Zeit, in der sich nach langen Kriegsjahren das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben allmählich wieder stabilisierte, zugleich aber die ab­solutistischen Herrscher nach stärkerer Zentralisation der Macht strebten. „Das Nibelungenlied“ ist, historisch gesehen, jenem Zeitraum zuzuordnen, in dem die feudale Gesellschaftsordnung ihre volle Entfaltung erlebte. „Das Hildebrandlied“ wurde aufgezeichnet, als der Feudalismus im deutschen Sprachgebiet erst im Entstehen war.

THEMA 2

DIE EINTEILUNG IN SPRACHGESCHICHTLICHE ENTWICKLUNGSABSCHNITTE

Die ältesten schriftlichen Zeugnisse von der deutschen Sprache stammen aus der Mitte des 8. Jahrhunderts. Die Sprachwissenschaft hat aber auf der Grundlage weit älterer Schriftdenkmäler anderer Völker und auf der Grundlage von Sprach­vergleichen festgestellt, dass die deutsche Sprache aus einer älteren germanischen Sprache hervorgegangen ist, die wiederum mit anderen Sprachen (z. B. Indisch, Iranisch, Slawisch, Keltisch, Italisch) in einer noch früheren Sprache ihren gemeinsamen Ursprung hatte. Diese frühere Sprache bezeichnet man als Indo­europäisch oder auch Indogermanisch (nach der geographischen Verbreitung der von ihr abstammenden Sprachen).

ZU „GERMANISCH“ :

[Gerhard Wahrig Deutsches Wörterbuch. - Bertelsmann Lexikon-Verlag, Gütersloh, Berlin – München – Wien, 1975. S. 1513]:

Germane – m. 17 – Angehöriger einer indogerman. Völkergruppe seit etwa 750 v. Chr. in Skandinavien und an der Ost- und Nordseeküste (lat. Germanus; Ursprung u. Bedeutung ungeklärt); germanisch – die Germanen betreffend, zu ihnen gehörig, von ihnen stammend; germanische Sprachen – zur indogermanischen Sprachfamilie gehörende, seit 500 v. Chr. entstandene Sprachgruppe.

Germanische oder erste Lautverschiebung – gleichartige Veränderung von Lauten um 500 v. Chr., durch die sich die germanischen Sprachen von der übrigen indogermanischen Sprachen lösten.

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