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(Deutung) als existenziale Modi des alltäglichen Seins des Da analysiert: Das Gerede (§ 35), die Neugier (§ 36), die Zweideutigkeit (§ 37). An diesen Phänomenen wird eine Grundart des Seins des Da sichtbar, die wir als Verfallen interpretieren, welches »Fallen« eine existenzial eigene Weise der Bewegtheit zeigt (§ 38).

A. Die existenziale Konstitution des Da

§ 29. Das Da-sein als Befindlichkeit

Was wir ontologisch mit dem Titel Befindlichkeit anzeigen, ist ontiscb das Bekannteste und Alltäglichste: die Stimmung, das Gestimmtsein. Vor aller Psychologie der Stimmungen, die zudem noch völlig brach liegt, gilt es, dieses Phänomen als fundamentales Existenzial zu sehen und in seiner Struktur zu umreißen.

Der ungestörte Gleichmut ebenso wie der gehemmte Mißmut des alltäglichen Besorgens, das Übergleiten von jenem in diesen und umgekehrt, das Ausgleiten in Verstimmungen sind ontologisch nicht nichts, mögen diese Phänomene als das vermeintlich Gleichgültigste und Flüchtigste im Dasein unbeachtet bleiben. Daß Stimmungen verdorben werden und umschlagen können, sagt nur, daß das Dasein je schon immer gestimmt ist. Die oft anhaltende, ebenmäßige und fahle Ungestimmtheit, die nicht mit Verstimmung verwechselt werden darf, ist so wenig nichts, daß gerade in ihr das Dasein ihm selbst überdrüssig wird. Das Sein ist als Last offenbar geworden. Warum, weiß man nicht. Und das Dasein kann dergleichen nicht wissen, weil die Erschließungsmöglichkeiten des Erkennens viel zu kurz tragen gegenüber dem ursprünglichen Erschließen der Stimmungen, in denen das Dasein vor sein Sein als Da gebracht ist. Und wiederum kann die gehobene Stimmung der offenbaren Last des Seins entheben; auch diese Stimmungsmöglichkeit erschließt, wenngleich enthebend, den Lastcharakter des Daseins. Die Stimmung macht offenbar, »wie einem ist und wird«. In diesem »wie einem ist« bringt das Gestimmtsein das Sein in sein »Da«.

In der Gestimmtheit ist immer schon stimmungsmäßig das Dasein als das Seiende erschlossen, dem das Dasein in seinem Sein überantwortet wurde als dem Sein, das es existierend zu sein hat. Erschlossen besagt nicht, als solches erkannt. Und gerade in der gleichgültigsten und harmlosesten Alltäglichkeit kann das Sein des Daseins als nacktes »Daß es ist und zu sein hat« aufbrechen. Das pure »daß es ist« zeigt sich, das Woher und Wohin bleiben im Dunkel. Daß das Dasein ebenso alltäglich dergleichen Stimmungen nicht »nachgibt«,

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das heißt ihrem Erschließen nicht nachgeht und sich nicht vor das Erschlossene bringen läßt, ist kein Beweis gegen den phänomenalen Tatbestand der stimmungsmäßigen Erschlossenheit des Seins des Da in seinem Daß, sondern ein Beleg dafür. Das Dasein weicht zumeist ontisch-existenziell dem in der Stimmung erschlossenen Sein aus; das besagt ontologisch-existenzial: in dem, woran solche Stimmung sich nicht kehrt, ist das Dasein in seinem Überantwortetsein an das Da enthüllt. Im Ausweichen selbst ist das Da erschlossenes.

Diesen in seinem Woher und Wohin verhüllten, aber an ihm selbst um so unverhüllter erschlossenen Seinscharakter des Daseins, dieses »Daß es ist« nennen wir die Geworfenheit dieses Seienden in sein Da, so zwar, daß es als In-der-Welt-sein das Da ist. Der Ausdruck Geworfenheit soll die Faktizität der Überantwortung andeuten. Das in der Befindlichkeit des Daseins erschlossene »Daß es ist und zu sein hat« ist nicht jenes »Daß«, das ontologisch-kategorial die der Vorhandenheit zugehörige Tatsächlichkeit ausdrückt. Diese wird nur in einem hinsehenden Feststellen zugänglich. Vielmehr muß das in der Befindlichkeit erschlossene Daß als existenziale Bestimmtheit des Seienden begriffen werden, das in der Weise des In-der-Welt-seins ist. Faktizität ist nicht die Tatsächlichkeit des factum brutum eines Vorhandenen, sondern ein in die Existenz aufgenommener, wenngleich zunächst abgedrängter Seinscharakter des Daseins. Das Daß der Faktizität wird in einem Anschauen nie vorfindlich.

Seiendes vom Charakter des Daseins ist sein Da in der Weise, daß es sich, ob ausdrücklich oder nicht, in seiner Geworfenheit befindet. In der Befindlichkeit ist das Dasein immer schon vor es selbst gebracht, es hat sich immer schon gefunden, nicht als wahrnehmendes Sich-vor-finden, sondern als gestimmtes Sichbefinden. Als Seiendes, das seinem Sein überantwortet ist, bleibt es auch dem überantwortet, daß es sich immer schon gefunden haben muß – gefunden in einem Finden, das nicht so sehr einem direkten Suchen, sondern einem Fliehen entspringt. Die Stimmung erschließt nicht in der Weise des Hinblickens auf die Geworfenheit, sondern als Anund Abkehr. Zumeist kehrt sie sich nicht an den in ihr offenbaren Lastcharakter des Daseins, am wenigsten als Enthobensein in der gehobenen Stimmung. Diese Abkehr ist, was sie ist, immer in der Weise der Befindlichkeit.

Man würde das, was Stimmung erschließt und wie sie erschließt, phänomenal völlig verkennen, wollte man mit dem Erschlossenen das zusammenstellen, was das gestimmte Dasein »zugleich« kennt, weiß

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und glaubt. Auch wenn Dasein im Glauben seines »Wohin« »sicher« ist oder um das Woher zu wissen meint in rationaler Aufklärung, so verschlägt das alles nichts gegen den phänomenalen Tatbestand, daß die Stimmung das Dasein vor das Daß seines Da bringt, als welches es ihm in unerbittlicher Rätselhaftigkeit entgegenstarrt. Existenzial-ontologisch besteht nicht das mindeste Recht, die »Evidenz« der Befindlichkeit herabzudrücken durch Messung an der apodiktischen Gewißheit eines theoretischen Erkennens von purem Vorhandenen. Um nichts geringer aber ist die Verfälschung der Phänomene, die sie in das Refugium des Irrationalen abschiebt. Der Irrationalismus – als das Gegenspiel des Rationalismus – redet nur schielend von dem, wogegen dieser blind ist.

Daß ein Dasein faktisch mit Wissen und Willen der Stimmung Herr werden kann, soll und muß, mag in gewissen Möglichkeiten des Existierens einen Vorrang von Wollen und Erkenntnis bedeuten. Nur darf das nicht dazu verleiten, ontologisch die Stimmung als ursprüngliche Seinsart des Daseins zu verleugnen, in der es ihm selbst vor allem Erkennen und Wollen und über deren Erschließungstragweite hinaus erschlossen ist. Und überdies, Herr werden wir der Stimmung nie stimmungsfrei, sondern je aus einer Gegenstimmung. Als ersten ontologischen Wesenscharakter der Befindlichkeit gewinnen wir: Die Befindlichkeit erschließt das Dasein in seiner Geworfenheit und zunächst und zumeist in der Weise der ausweichenden Abkehr.

Schon hieran wird sichtbar, daß die Befindlichkeit weit entfernt ist von so etwas wie dem Vorfinden eines seelischen Zustandes. Sie hat so wenig den Charakter eines sich erst umund rückwendenden Erfassens, daß alle immanente Reflexion nur deshalb »Erlebnisse« vorfinden kann, weil das Da in der Befindlichkeit schon erschlossen ist. Die »bloße Stimmung« erschließt das Da ursprünglicher, sie verschließt es aber auch entsprechend hartnäckiger als jedes Nicht-wahrnehmen.

Das zeigt die Verstimmung. In ihr wird das Dasein ihm selbst gegenüber blind, die besorgte Umwelt verschleiert sich, die Umsicht des Besorgens wird mißleitet. Die Befindlichkeit ist so wenig reflektiert, daß sie das Dasein gerade im reflexionslosen Hinund Ausgegebensein an die besorgte »Welt« überfällt. Die Stimmung überfällt. Sie kommt weder von »Außen« noch von »Innen«, sondern steigt als Weise des In-der-Welt-seins aus diesem selbst auf. Damit aber kommen wir über eine negative Abgrenzung der Befindlichkeit gegen das reflektierende Erfassen des »Innern« zu einer positiven Einsicht in

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ihren Erschließungscharakter. Die Stimmung hat je schon das In- der-Welt-sein als Ganzes erschlossen und macht ein Sichrichten auf... allererst möglich. Das Gestimmtsein bezieht sich nicht zunächst auf Seelisches, ist selbst kein Zustand drinnen, der dann auf rätselhafte Weise hinausgelangt und auf die Dinge und Personen abfärbt. Darin zeigt sich der zweite Wesenscharakter der Befindlichkeit. Sie ist eine existenziale Grundart der gleichursprünglichen Erschlossenheit von Welt, Mitdasein und Existenz, weil diese selbst wesenhaft In-der-Weltsein ist.

Neben diesen beiden explizierten Wesensbestimmungen der Befindlichkeit, dem Erschließen der Geworfenheit und dem jeweiligen Erschließen des ganzen In-der-Welt-seins ist eine dritte zu beachten, die vor allem zum eindringlicheren Verständnis der Weltlichkeit der Welt beiträgt. Früher1 wurde gesagt: Die vordem schon erschlossene Welt läßt Innerweltliches begegnen. Diese vorgängige, zum In-Sein gehörige Erschlossenheit der Welt ist durch die Befindlichkeit mitkonstituiert. Das Begegnenlassen ist primär umsichtiges, nicht lediglich noch ein Empfinden oder Anstarren. Das umsichtig besorgende Begegnenlassen hat – so können wir jetzt von der Befindlichkeit her schärfer sehen – den Charakter des Betroffenwerdens. Die Betroffenheit aber durch die Undienlichkeit, Widerständigkeit, Bedrohlichkeit des Zuhandenen wird ontologisch nur so möglich, daß das In-Sein als solches existenzial vorgängig so bestimmt ist, daß es in dieser Weise von innerweltlich Begegnendem angegangen werden kann. Diese Angänglichkeit gründet in der Befindlichkeit, als welche sie die Welt zum Beispiel auf Bedrohbarkeit hin erschlossen hat. Nur was in der Befindlichkeit des Fürchtens, bzw. der Furchtlosigkeit ist, kann umweltlich Zuhandenes als Bedrohliches entdecken. Die Gestimmtheit der Befindlichkeit konstituiert existenzial die Weltoffenheit des Daseins.

Und nur weil die »Sinne« ontologisch einem Seienden zugehören, das die Seinsart des befindlichen In-der-Welt-seins hat, können sie »gerührt« werden und »Sinn haben für«, so daß das Rührende sich in der Affektion zeigt. Dergleichen wie Affektion käme beim stärksten Druck und Widerstand nicht zustande, Widerstand bliebe wesenhaft unentdeckt, wenn nicht befindliches In- der-Welt-sein sich schon angewiesen hätte auf eine durch Stimmungen vorgezeichnete Angänglich-keit durch das innerweltlich Seiende. In der Befindlichkeit liegt existenzial eine erschließende Angewiesenheit auf Welt, aus der her An-

1 Vgl. § 18, S. 83 ff.

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gehendes begegnen kann. Wir müssen in der Tat ontologisch grundsätzlich die primäre Entdeckung der Welt der »bloßen Stimmung« überlassen. Ein reines Anschauen, und dränge es in die innersten Adern des Seins eines Vorhandenen, vermöchte nie so etwas zu entdecken wie Bedrohliches.

Daß auf dem Grunde der primär erschließenden Befindlichkeit die alltägliche Umsicht sich versieht, weitgehend der Täuschung unterliegt, ist, an der Idee einer absoluten »Welt«-erkenntnis gemessen, ein m¾ Ôn. Aber die existenziale Positivität der Täuschbarkeit wird durch solche ontologisch unberechtigten Wertungen völlig verkannt. Gerade im unsteten, stimmungsmäßig flackernden Sehen der »Welt« zeigt sich das Zuhandene in seiner spezifischen Weltlichkeit, die an keinem Tag dieselbe ist. Theoretisches Hinsehen hat immer schon die Welt auf die Einförmigkeit des puren Vorhandenen abgeblendet, innerhalb welcher Einförmigkeit freilich ein neuer Reichtum des im reinen Bestimmen Entdeckbaren beschlossen liegt. Aber auch die reinste qewra hat nicht alle Stimmung hinter sich gelassen; auch ihrem Hinsehen zeigt sich das nur noch Vorhandene in seinem puren Aussehen lediglich dann, wenn sie es im ruhigen Verweilen bei... in der ˛vstónh und ˛diagnwgˇ auf sich zukommen lassen kann1. – Man wird die Aufweisung der existenzial-ontologischen Konstitution des erkennenden Bestimmens in der Befindlichkeit des In-der- Welt-seins nicht verwechseln wollen mit einem Versuch, Wissenschaft ontisch dem »Gefühl« auszuliefern.

Innerhalb der Problematik dieser Untersuchung können die verschiedenen Modi der Befindlichkeit und ihre Fundierungszusammenhänge nicht interpretiert werden. Unter dem Titel der Affekte und Gefühle sind die Phänomene ontisch längst bekannt und in der Philosophie immer schon betrachtet worden. Es ist kein Zufall, daß die erste überlieferte, systematisch ausgeführte Interpretation der Affekte nicht im Rahmen der »Psychologie« abgehandelt ist. Aristoteles untersucht die p£qh im zweiten Buch seiner »Rhetorik«. Diese muß – entgegen der traditionellen Orientierung des Begriffes der Rhetorik an so etwas wie einem »Lehrfach« – als die erste systematische Hermeneutik der Alltäglichkeit des Miteinanderseins aufgefaßt werden. Die Öffentlichkeit als die Seinsart des Man (vgl. § 27) hat nicht nur überhaupt ihre Gestimmtheit, sie braucht Stimmung und »macht« sie für sich. In sie hinein und aus ihr heraus spricht der Redner. Er be-

1 Vgl. Aristoteles, Met. A 2, 982 b 22 sqq.

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darf des Verständnisses der Möglichkeiten der Stimmung, um sie in der rechten Weise zu wecken und zu lenken.

Die Weiterführung der Interpretation der Affekte in der Stoa, imgleichen die Überlieferung derselben durch die patristische und scholastische Theologie an die Neuzeit sind bekannt. Unbeachtet bleibt, daß die grundsätzliche ontologische Interpretation des Affektiven überhaupt seit Aristoteles kaum einen nennenswerten Schritt vorwärts hat tun können. Im Gegenteil: die Affekte und Gefühle geraten thematisch unter die psychischen Phänomene, als deren dritte Klasse sie meist neben Vorstellen und Wollen fungieren. Sie sinken zu Begleitphänomenen herab.

Es ist ein Verdienst der phänomenologischen Forschung, wieder eine freiere Sicht auf diese Phänomene geschaffen zu haben. Nicht nur das; Scheler hat vor allem unter Aufnahme von Anstößen Augustins und Pascals1 die Problematik auf die Fundierungszusammenhänge zwischen den »vorstellenden« und »interessenehmenden« Akten gelenkt. Freilich bleiben auch hier noch die existenzial-ontologischen Fundamente des Aktphänomens überhaupt im Dunkel.

Die Befindlichkeit erschließt nicht nur das Dasein in seiner Geworfenheit und Angewiesenheit auf die mit seinem Sein je schon erschlossene Welt, sie ist selbst die existenziale Seinsart, in der es sich ständig an die »Welt« ausliefert, sich von ihr angehen läßt derart, daß es ihm selbst in gewisser Weise ausweicht. Die existenziale Verfassung dieses Ausweichens wird am Phänomen des Verfallens deutlich werden.

Die Befindlichkeit ist eine existenziale Grundart, in der das Dasein sein Da ist. Sie charakterisiert nicht nur ontologisch das Dasein, sondern ist zugleich auf Grund ihres Erschließens für die existenziale Analytik von grundsätzlicher methodischer Bedeutung. Diese vermag, wie jede ontologische Interpretation überhaupt, nur vordem schon erschlossenes Seiendes auf sein Sein gleichsam abzuhören. Und sie wird sich an die ausgezeichneten weittragendsten Erschließungsmöglichkeiten des Daseins halten, um von ihnen den Aufschluß dieses

1 Vgl. Pensees, a. a. O. Et de là vient qu’au lieu qu’en parlant des choses humaines on dit qu’il faut les connaître avant que de les aimer, ce qui a passé en proverbe, les saints au contraire disent en parlant des choses divines qu’il faut les aimer pour les connaître, et qu’on n’entre dans la vérité que par la charité, dont ils ont fait une de leurs plus utiles sentences; vgl. dazu Augustinus, Opera (Migne P. L. tom VIII), Contra Faustum lib. 32, cap. 18: non intratur in veritatem, nisi per charitatem.

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Seienden entgegenzunehmen. Die phänomenologische Interpretation muß dem Dasein selbst die Möglichkeit des ursprünglichen Erschließens geben und es gleichsam sich selbst auslegen lassen. Sie geht in diesem Erschließen nur mit, um den phänomenalen Gehalt des Erschlossenen existenzial in den Begriff zu heben.

Mit Rücksicht auf die später folgende Interpretation einer solchen existenzial-ontologisch bedeutsamen Grundbefindlichkeit des Daseins, der Angst (vgl. § 40), soll das Phänomen der Befindlichkeit an dem bestimmten Modus der Furcht noch konkreter demonstriert werden.

§ 30. Die Furcht als ein Modus der Befindlichkeit*1

Das Phänomen der Furcht läßt sich nach drei Hinsichten betrachten; wir analysieren das Wovor der Furcht, das Fürchten und das Worum der Furcht. Diese möglichen und zusammengehörigen Hinblicke sind nicht zufällig. Mit ihnen kommt die Struktur der Befindlichkeit überhaupt zum Vorschein. Die Analyse wird vervollständigt durch den Hinweis auf die möglichen Modifikationen der Furcht, die je verschiedene Strukturmomente an ihr betreffen.

Das Wovor der Furcht, das »Furchtbare«, ist jeweils ein innerweltlich Begegnendes von der Seinsart des Zuhandenen, des Vorhandenen oder des Mitdaseins. Es soll nicht ontisch berichtet werden über das Seiende, das vielfach und zumeist »furchtbar« sein kann, sondern das Furchtbare ist in seiner Furchtbarkeit phänomenal zu bestimmen. Was gehört zum Furchtbaren als solchem, das im Fürchten begegnet? Das Wovor der Furcht hat den Charakter der Bedrohlichkeit. Hierzu gehört ein Mehrfaches: 1. das Begegnende hat die Bewandtnisart der Abträglichkeit. Es zeigt sich innerhalb eines Bewandtniszusammenhangs. 2. Diese Abträglichkeit zielt auf einen bestimmten Umkreis des von ihr Betreffbaren. Sie kommt als so bestimmte selbst aus einer bestimmten Gegend. 3. Die Gegend selbst und das aus ihr Herkommende ist als solches bekannt, mit dem es nicht »geheuer« ist. 4. Das Abträgliche ist als Drohendes noch nicht in beherrschbarer Nähe, aber es naht. In solchem Herannahen strahlt die Abträglichkeit aus und hat darin den Charakter des Drohens. 5. Dieses Herannahen ist ein solches innerhalb der Nähe. Was zwar im höchsten Grade abträglich sein kann und sogar ständig näher kommt aber in der Ferne, bleibt in seiner Furchtbarkeit verhüllt. Als Herannahendes in der Nähe aber ist das Abträgliche drohend, es kann treffen und doch nicht. Im Heran-

1 Vgl. Aristoteles, Rhetorik B 5, 1382 a 20-1383 b 11.

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nahen steigert sich dieses »es kann und am Ende doch nicht«. Es ist furchtbar, sagen wir. 6. Darin liegt: das Abträgliche als Nahendes in der Nähe trägt die enthüllte Möglichkeit des Ausbleibens und Vorbeigehens bei sich, was das Fürchten nicht mindert und auslöscht, sondern ausbildet.

Das Fürchten selbst ist das sich-angehen-lassende Freigeben des so charakterisierten Bedrohlichen. Nicht wird etwa zunächst ein zukünftiges Übel (malum futurum) festgestellt und dann gefürchtet. Aber auch das Fürchten konstatiert nicht erst das Herannahende, sondern entdeckt es zuvor in seiner Furchtbarkeit. Und fürchtend kann dann die Furcht sich, ausdrücklich hinsehend, das Furchtbare »klar machen«. Die Umsicht sieht das Furchtbare, weil sie in der Befindlichkeit der Furcht ist. Das Fürchten als schlummernde Möglichkeit des befindlichen In-der-Welt-seins, die »Furchtsamkeit«, hat die Welt schon darauf hin erschlossen, daß aus ihr so etwas wie Furchtbares nahen kann. Das Nahenkönnen selbst ist freigegeben durch die wesenhafte existenziale Räumlichkeit des In-der-Welt-seins.

Das Worum die Furcht fürchtet, ist das sich fürchtende Seiende selbst, das Dasein. Nur Seiendes, dem es in seinem Sein um dieses selbst geht, kann sich fürchten. Das Fürchten erschließt dieses Seiende in seiner Gefährdung, in der Überlassenheit an es selbst. Die Furcht enthüllt immer, wenn auch in wechselnder Ausdrücklichkeit, das Dasein im Sein seines Da. Wenn wir um Haus und Hof fürchten, dann liegt hierin keine Gegeninstanz für die obige Bestimmung des Worum der Furcht. Denn das Dasein ist als In- der-Welt-sein je besorgendes Sein bei. Zumeist und zunächst ist das Dasein aus dem her, was es besorgt. Dessen Gefährdung ist Bedrohung des Seins bei. Die Furcht erschließt das Dasein vorwiegend in privativer Weise. Sie verwirrt und macht »kopflos«. Die Furcht verschließt zugleich das gefährdete InSein, indem sie es sehen läßt, so daß das Dasein, wenn die Furcht gewichen, sich erst wieder zurechtfinden muß.

Das Fürchten um als Sichfürchten vor erschließt immer – ob privativ oder positiv – gleichursprünglich das innerweltliche Seiende in seiner Bedrohlichkeit und das In-Sein hinsichtlich seiner Bedrohtheit. Furcht ist ein Modus der Befindlichkeit.

Das Fürchten um kann aber auch andere betreffen, und wir sprechen dann von einem Fürchten für sie. Dieses Fürchten für...

nimmt dem Anderen nicht die Furcht ab. Das ist schon deshalb ausgeschlossen, weil der Andere, für den wir fürchten, seinerseits sich gar nicht zu fürchten braucht. Wir fürchten für den Anderen gerade dann am meisten, wenn er sich nicht fürchtet und tollkühn dem Drohenden

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