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Text 8. Tempus, Modus, Aktionsart (Aspekt)

(Karl-Dieter Bünting)

Tempus ist das lateinische Wort für Zeit. Die grammatische Kategorie des Tempus gibt in grammatisch-systematischer Weise in Äußerungen eine Zeitreferenz, die entweder durch Zeitadverbien (gestern, später), durch entsprechende Syntagmen (am vergangenen Tag, nächstes Jahr) oder in der Verbalkonjugation oder durch beides realisiert wird; meistens denkt man beim Terminus ,Tempus‘ an die Konjugation. Traditionellerweise setzt man drei generelle Zeitabschnitte auf einer Zeitachse an: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft; dabei werden Vergangenheit und Zukunft noch einmal gegliedert in Vorvergangenheit und in eine Zukunft, die als abgeschlossen vorausgesehen wird. Diese saubere Einteilung in sechs Tempusstufen ist mehr an der lateinischen Grammatik mit ihren Flexionsformen und einem davon hergeleiteten deutschen Tempussystem orientiert als an den Sprachgegebenheiten des Deutschen und der tatsächlichen Zeitreferenz. Die Zeit wird in anderen Sprachen auf andere Weise kategorisiert als in den drei Kontrasten Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft. Man findet Dichotomien Gegenwart und Nicht-Gegenwart (ohne Angabe einer „Richtung“), Vergangenheit und Nicht-Vergangenheit (inklusive Zukunft), oder aber Gegenwart, zeitlich nahe zur Gegenwart und zeitlich weit entfernt von der Gegenwart usw. Die Aufzählung mag als Demonstration genügen, dass die scheinbar so natürliche Unterscheidung Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft nicht die einzig mögliche Aufteilung der Zeitachse darstellt. Wie sieht es nun im Deutschen aus? Die 6 Tempora – jetzt mit lateinischen Namen – Plusquamperfekt, Perfekt, Präteritum (Imperfekt), Präsens, Futur I, Futur II sind im Flexionssystem festzustellen; Präsens und Präteritum sind als reine Verbalformen vorhanden, die anderen werden durch Syntagmen ausgedrückt, die aus Hilfsverb mit Tempusangabe plus Infinitiv, welcher Zeitlosigkeit angibt, oder Partizip Perfekt, welches abgelaufene Zeit angibt, bestehen. Eine der Tempusformen sei exemplarisch genauer betrachtet: die Präsensform. Sie verweist keineswegs immer auf die Gegenwart der Redesituation; Präsensformen werden benutzt, wenn zeitlose Aussagen gemacht werden: Alle Menschen reden. Außerdem werden Präsensformen benutzt, wenn auf Zukünftiges verwiesen wird, wobei die Zeitreferenz durch Adverbien oder Adverbialsyntagmen ausgedrückt wird: Nächste Woche besuche ich Tante Elise. Morgen demonstrieren die Studenten. Auch Vergangenes kann durch adverbielle Bestimmung in Verbindung mit der Präsensform des Verbums ausgedrückt werden: Da fahre ich gestern ahnungslos in die Stadt und treffe doch ausgerechnet Tante Elise in der Straßenbahn. Traditionelle Grammatiken versuchen, ihre Konzeption zu retten, und sprechen in solchen Fällen vom „historischen Präsens“ oder Ähnlichem. Den Beispielen zufolge scheint es eher so zu sein, dass die sogenannte Präsensform in der Zeitreferenz unmarkiert ist. Erst die Redesituation oder der Kontext geben die zeitliche Einordnung. Dagegen sind die Präteritumformen eindeutig markiert; sie verweisen immer auf Vergangenes. Beim Perfekt und seiner Differenzierung, dem Plusquamperfekt, kommt zur Aussage über den vorgegenwärtigen Zeitpunkt des Geschehens noch eine Aussage über die Abgeschlossenheit hinzu, die diese für alle Verben verwendbare Tempusangabe in die Nähe einer Kategorie rückt, die gewöhnlich Aktionsart genannt wird. Nach der Aktionsart, auch Aspekt oder auf Deutsch Verlaufsform genannt, wird unterschieden, ob eine im Verb angesprochene Handlung bzw. ein Geschehen beginnt (ingressive, inchoative, auch inkohative A.), andauert (durative A.) oder abgeschlossen ist (perfektive A.). Im Deutschen werden Aktionsarten eigentlich nicht – höchstens in hyperkorrekten, am Lateinischen orientierten Schulgrammatiken – durch Flexionsformen angegeben, wie das z. B. im Englischen der Fall ist. Dort steht der durativen Reihe I am/was reading the book; I will/would be reading the book die perfektive Reihe I have/had read the book; I will/would have read the book gegenüber. Statt dessen werden im Deutschen Aktionsmerkmale durch Wortbildungspräfixe realisiert; man vergleiche duratives blühen, inchoatives erblühen und perfektives verblühen. Außerdem wird inchoativer Aspekt durch Syntagmen wie z. B. anfangen zu …, beginnen zu … ausgedrückt. Durativer Aspekt wird häufig, besonders in mündlicher Rede (Umgangssprache) durch Syntagmen wie Heiner ist am Spielen ausgedrückt. Dass gerade diese letzte Wendung so häufig in mündlicher Rede erscheint, deutet darauf hin, dass die Aktionsarten als Kategorien des Sprachsystems auch im Deutschen voll funktionieren, wenn sie auch in der Morphologie nicht in dem Maße eindeutig realisiert sind wie in anderen Sprachen.

Nun zum Modus. Unter dem Begriff Modus versteht man zunächst allgemein eine Angabe über den Wirklichkeitsgehalt des dargestellten Sachverhalts. Nach der Morphologie und dem Flexionssystem des Deutschen zu urteilen, gibt es als modale Kategorien nur die einfachen Aussagen von Tatsachen im Indikativ, die Aussage über die Möglichkeit des Ausgesagten im Konjunktiv und als drittes mit direktem Bezug auf die Kommunikationssituation und mit Appellfunktion die Aufforderung im Imperativ. Es gibt jedoch eine ganze Reihe weiterer Modi, die im Deutschen nicht in der Konjugation sondern durch syntaktische Konstruktionen mit den Modalverben (können, dürfen, müssen, mögen, möchten, sollen, wollen) realisiert werden, und die in anderen Sprachen z. T. im Flexionssystem erscheinen, so wie ja auch der deutsche Konjunktiv z. B. im Englischen „umschrieben“ werden muss durch ein Syntagma mit einem Modalverb. Sicherlich ist auch das Fragen ein Modus, wenn er auch im Deutschen durch Fragepronomen bzw. Wortstellung und, in mündlicher Rede, durch Intonation (Heben der Stimme am Ende der Äußerung) verkörpert wird.

Die Diskussion der grammatischen Kategorien, so wenig ausführlich sie war, hat weit über das hinausgeführt, was man gewöhnlich unter Flexion und Flexionsmorphologie versteht. Aber eine Einschränkung auf die üblichen Flexionsparadigmata, welche Wortmorphologien in den Mittelpunkt stellen und nur beim Tempus „Umschreibungen mit Hilfsverben“ als Syntagmen einbeziehen, schien von einem generellen Standpunkt aus nicht statthaft. Bereits bei der Flexion zeigt sich deutlich, wie vielfältig die grammatischen und deiktischen Ordnungs-und Orientierungskoordinaten des Sprachsystems in den Sprachelementen und deren Kombinationen verkörpert sind, und welch scheinbar zufällige Größen die Wörter sind.

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