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Учебное пособие 700247.doc
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Chronotope und Schlagwörter

Zu den identischen Merkmalen der Chronotope und Schlagwörter zählen folgende107:

  • das temporale Merkmal, d.h. die Verbindung mit einem konkreten Zeitabschnitt;

  • das soziale Merkmal - es geht hier um die soziale (politische, ideologische) Bedingtheit der von den Schlagwörtern bzw. Chronotopen bezeichneten Gegebenheit;

  • das pragmatische Merkmal - sowohl Schlagwörter als auch Chronotope können Gedanken, Gefühle und das Verhalten eines Menschen beeinflussen;

  • das axiologische Merkmal, d.h. sie vermitteln und prägen eine Bewertung verschiedener Gegebenheiten/Ereignisse der realen Wirklichkeit vom positiven oder negativen Standpunkt aus;

  • das Merkmal des Bekanntseins/der Popularität - unter den Vertretern einer Sprachgemeinschaft gelten sie in der Regel als bekannte (popu­läre) Wörter u.a.

Für die adäquate Wahrnehmung von Chronotopen ist es notwendig, die Kategorie der Präsupposition/Präinformation in Betracht zu ziehen. Hierbei handelt es sich darum, daß der Adressant (der Sender der Information) und der Adressat (der Empfänger der Information) über ein und denselben Informationsbereich, über einen relativ gleichen Umfang von Kenntnissen bezüglich irgendeiner in der Rede erwähnten Tatsache verfügen müssen, z.B.: "Ulbrichts Schandmauer", "Döner Kebab", "mündige Gesellschaft", "aufrechter Gang", "Glasnost' ", "Perestroika", " Mundraub", "mündiger Bürger" u.a.

Die Untersuchung der Chronotope unter dem formalen und dem inhaltlichen Aspekt hat es mir ermöglicht, folgende Merkmale festzustellen108:

a) vom formalen Standpunkt aus (d.h. der Form nach) sind Chronotope lakonisch, ausdrucksvoll, treffend;

b) vom inhaltlichen Standpunkt aus besitzen sie solche Züge, wie: Temporalität, Informationsdichte, politische Färbung, soziale Bedingtheit, Expressivität, Wertung, Assoziativität u.a. Emotions- und Wertungsmerkmale sind in der semantischen Struktur der Chronotope von besonderer Bedeutung. Dafür gibt es folgende Gründe: erstens,

  • Chronotope, wie schon erwähnt wurde, bezeichnen Fakten der objektiven Wirklichkeit vor allem aus der axiologischen Perspektive (d.h. als positive oder negative); zweitens,

  • sie explizieren mannigfaltige Emotionen eines Sprechenden; drittens,

  • Chronotope manifestieren eine wertende Einstellung des Sprechenden, z.B.:

Maueropfer - die emotiv-wertende Komponente (EWK) "Mitleid"; Verlierer - die EWK "Tadel"; Stagnationsgenosse - die EWK "Missbilligung"; Top-Mann - die EWK "Begeisterung" etc.

Die in den genannten lexikalischen Einheiten verbalisierte Emotion modifiziert ihre Bedeutung und determiniert ihren axiologischen Status (positiv oder negativ).

Bei der Schaffung von Bezeichnungen für neue historische Realitäten wird in der Regel das sprachliche Material verwendet, über welches Muttersprachler schon verfügen.

Die gebräuchlichsten Mittel zur Bildung von Chronotopen sind die nächsten:

  1. neutrale Wörter erwerben in einem bestimmten Kontext eine neue Färbung: Wende - Wendezeit, Wendesprache;

  2. der Bedeutungsinhalt eines schon bekannten Wortes wird semantisch ergänzt: Mauer - Mauerspecht, Maueropfer;

  3. Die "Rückkehr" der historisch bedingten Wörter, die wieder an aktuellem Interesse, an aktueller Bedeutung gewinnen, z.B. Unmündigkeit, Sprachlosigkeit, die Sprachlosen, Lastenausgleich, Entflechtung etc.

Das Wort "Unmündigkeit" geht auf einen Wahlspruch der Epoche der Aufklärung zurück. Immanuel Kant schrieb:

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit" Als "Unmündigkeit" bezeichnet er "das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leistung eines anderen zu bedienen" (I. Kant. In: Lothar 1990, № 6, S. 1084).

Dieses Wort wurde in der "Wendezeit" zu einem der gebräuchlichsten und populärsten Lexeme. Neue Bezeichnungen für Politiker des Ostens und Westens werden aktiv erfunden:

  • in Bezug auf H. Kohl: Herr DM, Glücksbringer etc.

  • in Bezug auf M. Gorbatschew: Gorbi, Erfinder der Perestroika, Top- Mann etc.;

  • in Bezug auf B. Jelzin: Sieger, Held der Russen, Tollkühner u.a. etc. u.a.

Die deutschen Sprachforscher analysieren Wörter, Wortverbindungen bzw. sprachliche Ausdrücke, deren Entstehung mit der Wiedervereinigung zusammenhängt, sehr intensiv (Wotjak 1991; Stötzel/Wengeler 1995; Hellmann 1997. In: Deutschunterricht, 1997, № 1, S. 17-34).