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Koch_Mathematik fur das Ingenieurstudium.pdf
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9.7 Anwendungen

381

Bézier-Kurven sind für die Verwendung mit Computerprogrammen bestens geeignet. Beispielsweise lassen sich Kurvenpunkte mit dem Algorithmus von de Casteljau e zient und stabil berechnen. Dieser Algorithmus basiert auf der Rekursionsformel für BernsteinPolynome. Die grundlegende Idee besteht dabei in der gewichteten Mittelung zweier benachbarter Kontrollpunkte. Zur Berechnung des Kurvenpunktes für den Parameterwert t0 wird die Kante des Kontrollpolygons zwischen den Kontrollpunkten bk und bk+1 im Verhältnis t0 zu 1−t0 geteilt. Der einfachste Fall ergibt sich für t0 = 12 . Dann sind benachbarte Kontrollpunkte im Verhältnis 1 1 zu mitteln, siehe Beispiel 9.14.

Beispiel 9.14 (De Casteljau-Algorithmus)

Durch die vier Kontrollpunkte

b0

5

, b1

1

, b2

3

, b3

7

1

3

5

3

wird eine Bézier-Kurve c(t) vom Grad 3 definiert. Den Kurvenpunkt zum Parameterwert t = 12 kann man konstruktiv ermitteln. Dazu bestimmt man die Mittelpunkte der Kanten des Kontrollpolygons b01, b12 und b23. Bei den beiden Verbindungskanten dieser Mittelpunkte bestimmt man wieder die Mittelpunkte b012 und b123. Der Mittelpunkt zwischen den Punkten b012 und b123 ist der Kurvenpunkt c( 12 ).

y

 

b2

 

 

 

 

 

 

 

b123

 

b23

 

4

b12

 

 

c ¡

21 ¢

 

 

b3

3

b1

b012

 

 

2

 

 

b01

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1

 

 

 

 

 

b0

 

 

1

2

3

4

5

6

x

Ì

9.7 Anwendungen

Kurven sind in der Anwendung sehr vielseitig. Im Grunde ist bei allen Dingen, die nicht ausschließlich geradlinig sind, in irgendeiner Form die Kurventheorie mit im Spiel. Ein klassisches Beispiel ist etwa die Bahnkurve eines Roboters. Die Kurve kann so festgelegt werden, dass sie zeitoptimal, energieoptimal oder weglängenoptimal ist. Wir greifen hier exemplarisch ein paar Anwendungen aus der Mechanik und dem Straßenbau heraus.

9.7.1 Mechanik

In der klassischen Mechanik treten Kurven häufig auf. Insbesondere lassen sich Bahnkurven von bewegten Objekten sehr gut mit Kurven beschreiben. Diese Kurven verlaufen sowohl in Ebenen als auch dreidimensional im Raum.

Beispiel 9.15 (Wurfparabel)

Ein Körper wird aus der Höhe h über dem Boden gemessen unter dem Winkel α geworfen. Die Geschwindigkeit hat den Betrag v0. Der Winkel α wird gegen die Horizontale gemessen. Wir bestimmen die Flugbahn in Abhängigkeit der Zeit. Dazu wählen wir das Koordinatensystem so, dass der Abwurfpunkt den x-Wert 0 und den y-Wert h hat. Wir erhalten für t [0, t1] die Parameterdarstellung

382

9 Kurven

c

t

 

x t

 

t v0

cos α

 

21 g t2

 

h

 

.

) = Œ

y(t)

‘ = Œ

t v0

sin α

+

 

(

( )

 

 

 

 

 

Dabei bezeichnet die Konstante g ≈ 9.81 sm2 die Erdbeschleunigung. Der Parameterwert t1 bezeichnet die Flugdauer, er berechnet sich aus der Gleichung

t1 v0 sin α 1 g t21 + h = 0.

2

y

v0

c(t)

hα

x

 

0

x

 

1

x

Mithilfe der Parameterelimination lässt sich die Kurve auch in Form einer Parabel darstellen:

 

t

 

 

x

y

 

h

tan α

 

x

 

g

 

x

2

.

Ì

 

v0

cos α

 

 

 

 

2v02 cos2

α

 

 

=

 

 

Ô

 

=

 

+ (

)

 

 

 

 

 

 

 

Beispiel

9.16 (Zykloide)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf einer Kreisscheibe mit Radius r befindet sich im Abstand a vom Mittelpunkt ein exzentrischer Punkt P . Welche Bahnkurve beschreibt P , wenn wir die Scheibe horizontal abrollen lassen? Als Parameter der Bahnkurve wählen wir den Drehwinkel α:

c

α

 

x α

 

r α

a sin α

 

.

) = Œ

y(α)

‘ = Œ

r

a cos α

(

 

( )

 

 

y

 

c(α)

 

r

 

P

 

πr

2πr x

Man kann die Gesamtbewegung des exzentrischen Punktes in die Bewegung des Mittelpunktes der Scheibe und die Bewegung des exzentrischen Punktes relativ zum Mittelpunkt zerlegen. Die beiden Koordinatenfunktionen x(α) und y(α) enthalten also eine translatorische und eine rotatorische Komponente. Ist a = r, liegt der exzentrische Punkt P also auf dem Rand der Kreisscheibe, so heißt die Zykloide gewöhnlich. Ist a < r, so nennt man die Zykloide gestreckt, ist a > r, so nennt man die Zykloide verschlungen. Eine gewöhnliche Zykloide hat wegen

x(2π n) = r r = 0, y(2π n) = 0, n N0

an den Stellen α = 2πn einen singulären Punkt, genauer einen Umkehrpunkt. An diesen Stellen hat die Kurve eine senkrechte Tangente, denn für die Steigung gilt

 

lim

m α

 

 

lim

y

α

 

lim

 

 

a sin α

 

 

lim

cos α

 

.

 

 

) =

 

( )

=

 

=

 

 

= ±∞

 

 

2πn

(

 

 

2πn r

 

2πn sin α

 

Ì

α

 

 

 

α

 

2πn x

(α)

 

α

 

a cos α

α

 

 

 

9.7.2 Straßenbau

Keine Straße verläuft ewig geradeaus. So spielen Kurven bei der Trassierung von Straßen eine wichtige Rolle. Früher hat man bei der Straßenplanung viele Kurvenlineale mit unterschiedlichen Krümmungen für die Zeichnung der Pläne eingesetzt. Diese Utensilien sind heutzutage nicht mehr notwendig. Mit dem Computer lassen sich für den Anwender auf einfache Weise verschiedene Fahrbahnsegmente zusammensetzen. Hinter den Benutzeroberflächen verbirgt sich jedoch jede Menge interessante Mathematik.

9.7 Anwendungen

383

Straßen werden, soweit es die baulichen Gegebenheiten erlauben, so angelegt, dass sie möglichst sicher und komfortabel befahren werden können. Dazu fordert man insbesondere, dass der Lenkwinkel nicht sprunghaft geändert werden muss, um dem Straßenverlauf zu folgen. Dies hat auch einen Komfortaspekt, denn der Lenkwinkel und die Querbeschleunigung sind fahrdynamisch näherungsweise proportional. Man möchte also Unstetigkeiten in der Querbeschleunigung vermeiden.

Beispiel 9.17 (Klothoide)

Zwei Geradenstücke im 90-Winkel sollen miteinander verbunden werden. Eine Lösung mit einem Kreisbogen mit Radius r hat den Nachteil, dass die Kurve an den Nahtstellen zwischen Geraden und Kreisbogen einen Sprung in der Krümmung besitzt. Besser ist der Ansatz mit einer Klothoide:

 

 

 

a

 

 

t

 

π2

2

 

 

c t

x t

 

π

0

cos

 

 

 

dτ .

 

 

 

 

 

S t

 

τ

 

 

 

 

y t

 

 

 

π τ2

 

( ) = Œ

( )

a

 

π

0

sin

 

 

 

 

dτ

 

 

 

 

 

 

( )

 

S

 

2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

y

 

r

 

 

c(t)

Kreis

 

Klothoide

r

x

Die Klothoide ist prinzipiell für alle t R definiert. Dabei ist a ein Parameter, der die Stärke der Krümmungsänderung beschreibt. Die Integranden besitzen zwar Stammfunktionen, diese sind aber nicht elementar darstellbar, siehe Abschnitt 7.3. Setzt man für die Klothoide die Formel für die Krümmung aus Definition 9.11 und die Formel für die Bogenlänge aus Definition 9.13 an, so erhält man nach einigen Rechenschritten

 

=

 

 

=

 

 

Ô

 

=

 

 

κ

π t, s

κ

s.

 

 

 

 

 

a π t

 

12

 

 

a

 

 

 

 

 

 

a

 

Die Krümmung κ ist proportional zur Bogenlänge s. Die Klothoide besitzt also die richtige Eigenschaft für eine gleichmäßige Krümmungsänderung. Durchfährt man eine Klothoide mit konstanter Geschwindigkeit, so muss man den Lenkwinkel proportional zur Zeit ändern. Für das gesuchte Verbindungsstück zwischen den Geraden setzen wir also zwei Klothoidenbögen ein. Diese beiden Bögen sind symmetrisch zur Geraden r x. Wir betrachten nun nur den einen Bogen, der am Anfang eine waagrechte Tangente hat. Für diesen Klothoidenbogen ist noch die Frage o en, wie der Parameterendwert t1 und der Kurvenparameter a gewählt werden müssen, damit die Kurve insgesamt ansatzfrei ist. Dazu bilden wir mithilfe des Hauptsatzes der Di erenzialund Integralrechnung, siehe Satz 7.1, den Tangentenvektor

c

t

x

t

 

( ) = Œ

y

(t)

 

 

 

( )

a

 

cos

πt2

π

 

 

‘ = –

2

 

 

 

 

 

 

2

 

a

π

sin πt2

 

 

 

und fordern, dass dieser am Endpunkt t1 den Winkel 45besitzt. Dazu muss der Sinuswert mit

dem Kosinuswert übereinstimmen. Wir erhalten t1 = 12 2. Weiterhin besteht die Bedingung, dass am Endpunkt des Kurvenbogens die Summe aus x-Wert und y-Wert gerade r ergeben muss:

r a(x(t1) + y(t1)) = r Ô a = .

x(t1) + y(t1)

Damit sind also sowohl t1 als auch a bestimmt.

Ì

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